Review

Uuuff, gar nicht so einfach über ein Werk wie „Cradle of Fear“ ein paar warme Worte zu verlieren. Eine Runde "in Grund und Boden verdammen" ist da schon wesentlich einfacher für diese britische Gurke, bei der ich mir immer noch nicht sicher bin, ob ich nun einen richtigen Film, einen billigen B-Schinken, eine schundige Amateurproduktion, einen visuell einfallsreiches Höllengemälde oder einen gepflegten Splatterschinken mit Eingeweidegeschmeiß galore gesehen habe.

Alex Chandon, der diese zweistündige Strapaze von einem Omnibusfilm verbrochen hat, gilt als Könner auf dem Gebiet der Mikrobudget-Direct-to-DVD-Horrorfilme und da ich schon in Werke von Alex Jones reingesehen habe, kann ich bestätigen, dass Chandon „nicht ganz unfähig“ auf diesem Gebiet ist.
Aber genauso sieht das fertige Werk auch aus: eine Kompilation aus mehreren, nicht sonderlich eng zusammen hängenden Episoden, die eine dürre Rahmenhandlung rund um einen dämonischen Serienkiller namens „Kemper“ (uhahahaha) zusammenhält. Als teuflischer Vertreter außerhalb der Klappse fungiert „Cradle of Filth“-Frontmann Dani Filth in einem erweiterten Cameo, der dann in den Episoden oder der Rahmenhandlung immer mal kurz seine Gothic-Plünnen, sein perfektes Gothic-Make-up oder sein patentiertes dämonisches Lachen zeigen darf.

Die einzelnen Episoden haben alle einen Bezug zum Plot, aber das liest man besser in der Wiki nach, da ist es nämlich schlüssig aufgegliedert. Story 1 sagt uns: egal wie rattenscharf durch in deinen schwarzen Klamotten daher kommst, ein satter Fick mit einem Gothicstar macht dir erst blaue Flecken, dann Alpträume, dann Visionen und schließlich bricht was aus deinem Unterleib hervor. Dann dürfen wir in Story 2 zwei abgekochten Uschis beim Einbruch zusehen, die erst einen alten Mann für Cash umbringen und dann sich gegenseitig meucheln. Ein echtes Moralständchen. Tales from the Crypt geben uns die Basis für Story 3, in der ein Mann nach dem Verlust seiner einen Wade samt Fuß keine sexuelle Erfüllung mehr findet. Er meuchelt also seinen Freund, klaut dessen Bein und lässt es sich annähen. Ein Schelm, wer da nicht an ein Eigenleben des Transplantats denkt.
Und weil es ja im rohen Bereich nicht anders geht, wenden wir uns dann mit Story 4 dem Snuff-Film zu, über das Web gesteuerte und bezahlte Grausamkeiten, denen ein Journalist verfällt, bis er so runtergekommen ist, dass er…naja, ihr ahnt es schon.

Das alles wird präsentiert mit reichlich visueller Dynamik, wenn man etwa gut auf punkige Inszenierung steht oder eben selbst gothic ist. Es wird übel rumgeschmoddert, manches überraschend realistisch, anderes geradezu grell überzogen, weil man die charmanten Effekte deutlich erkennt. Die Mädels sind alle heiß und ziehen blank, in der Kiste sind die Beteiligten auch aktiv, die Kamera schwankt und kippt, wählt ungewöhnliche Blickwinkel und tobt sich delirisch aus. Das hilft beim Kaschieren des billigen Videolooks, der immer dann auffällt, wenn alles mal ruhig steht, damit sich zwei unterhalten können.

Die „Darsteller“ kann man entweder gruselig finden (wenn man von Schauspielern ausgeht) oder beachtlich (wenn man von Laien ausgeht). Die Sets sind manchmal beachtlich (hing von den Wohnungen ab, in die man zwecks Dreh durfte), manchmal enorm dürftig. Der Schnitt ist manchmal apokalyptisch und manchmal fleht man um Trimmung, denn die Chose ist minimum 30 Minuten zu lang, weil man sich auf den teueren FX ja auch ordentlich ausruhen möchte.

Am besten dürfte der Film – ohne Ton – wirken, wenn er bei der Gruftieparty im Club im Hintergrund auf der Leinwand läuft, dann gibt es nämlich Gore-High-Five, aber niemand muss den Rest extra lächerlich finden, sobald sich alle durch die Dialoge quälen. Und Blut fließt nun wirklich alle fünf Minuten.

Alles in allem präsentiert sich „Cradle of Fear“ also als genreaffiner Fanservice für eine Düsterband, wirkt wie ein semiprofessioneller Amateursplatter, bei dem die Macher zumindest ungefähr wussten, was sie da machen. Der Film wird Fans genug gefunden haben und tut auch nicht extra weh, aber ab einem gewissen Reifegrad ist das einfach zu übermütiger jugendlicher Leichtsinn. (3,5/10)

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