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Jesse Johnson stammt aus dem Actionfan, doch ein gewisser Dramaeinschlag war Filmen wie „The Honorable“ schon anzumerken und „The Butcher“ geht da einen Schritt weiter.
Merle Hench (Eric Roberts), genannt ’The Butcher’, arbeitet als Mann fürs Grobe fürs Syndikdat. Will heißen, dass er Geld eintreibt und Querköpfe zusammenschlägt. Doch der kriminelle Profi wird langsam alt, obwohl er immer noch gefürchtet wird. Sein Boss Murdoch (Robert Davi) mag es jedoch gar nicht, wenn er Rivalen nur verwarnt und nicht unter die Erde bringt. Also die alte Mär vom Profi vorm Ausstieg, doch vor dem sprichwörtlichen letzten Coup bewahrt „The Butcher“ den Zuschauer glücklicherweise.
Was nicht bedeutet, dass nicht auch Merle seinen letzten Auftrag zu erledigen hat – er weiß es nur nicht. Angeblich soll er einem der Mafia gehörenden Stripclub Schulden eintreiben, doch als er gerade bei der Arbeit ist, stürmen Murdochs Männer den Laden, rauben die Knete und wollen Merle erledigen. Der schießt sich kurzerhand den Weg frei, wobei „The Butcher“ erneut klar macht: Merle droht zwar zum alten Eisen zu gehören, hat es aber immer noch drauf.

Bei besagter Schießerei fällt Merle auch eine Tasche mit Mafiageld in die Hände, potentielle Rentenabsicherung. Doch die Besitzer wollen es zurück und auch Murdochs Leute suchen nach Merle, um ihn zu erledigen und als Drahtzieher des Coups dastehen zu lassen...
„The New Scarface“ lautet der deutsche Untertitel, vermutlich weil Merle in einer Szene zum MG greift. Doch von der Figurenzeichnung des gealterten Kriminellen ist „The Butcher“ „Carlito’s Way“ wesentlich näher als „Scarface“, mit dem Bild des einsamen Profis in der Großstadt hat es auch etwas von den Figuren eines Michael Mann. So lebt „The Butcher“ über weite Strecken einfach von seiner Hauptfigur, die man mit zunehmender Laufzeit immer mehr ergründet, über Motive und Verhaltensweisen immer mehr herausfindet. Erst gegen Ende erfährt man dann, was es mit Merles Spitznamen auf sich hat, wenn das Drama dann zu seinem konsequenten Schluss kommt, doch bis dahin ist der Weg mit Leichen gepflastert.
Dank Eric Roberts’ Darbietung kauft man „The Butcher“ das Drama auch durchweg ab, denn der gealterte B-Star ist wirklich eine Idealbesetzung für den gealterten Schlägertypen, verkörpert Merles Sehnsucht nach besseren Zeiten ausgesprochen eingängig. Herrlich schmierig ist Robert Davi als hinterhältiger Chef, aber auch die schwedische Schauspielerin Irina Björklund als Love Interest des Helden macht inmitten des Testosteron-Zirkus eine gute Figur. Weniger zum Zuge kommen da prominente Gaststars, denn Jerry Trimble, Geoffrey Lewis, Michael Ironside, Keith David und Bokeem Woodbine haben jeweils nur wenige Szenen, liefern aber tollen Support ab.

Auch im Actionbereich erkennt man die sichere Hand Johnsons, auch wenn das Geschehen hier und da etwas statisch wirkt. Geballert wird nicht viel, es gibt nur drei ausgiebigere Shoot-Outs, in denen aber wirklich die Post abgeht. Teilweise von John Woo inspiriert (vor allem das beidhändige Ballern) mäht sich Merle durch Gegnerhorden und wird seinem Spitznamen gerecht, denn hart ist das Gezeigte definitiv: Blutige Einschüsse und weggeflintete Körperteile sprechen eine deutliche Sprache, werden aber nie selbstzweckhaft lang ins Bild gerückt.
Abstriche sind hingegen beim Drehbuch und beim Budget angesagt. Letzteres schlägt sich in der begrenzten Schauplatzauswahl nieder, in einer Autoszene entpuppt sich der Hintergrund deutlich als Rückprojektion, doch Johnson holt das Maximum aus seinen begrenzten Mitteln heraus und kreiert teilweise ausgesprochen eingängige Momente, vor allem wenn Merle allein durch die Straßen cruist und die Kamera sein Gesicht fokussiert. Die Geschichte könnte sich allerdings etwas kürzer fassen und man kommt nicht umhin zu bemerken, dass man derartige Stories schon oft gesehen hat und wirklich Neues hat „The Butcher“ da nicht hinzuzufügen.

Doch trotz dieser kleinen Schwächen ist Jesse Johnson mit „The Butcher“ ein überraschend ruhiger, ziemlich reifer Actionthriller gelungen, der als Portrait eines gealterten Gangsters in den Bann zieht und mit seinen furiosen Actioneinlagen in den Bann zieht. Da kann man die etwas altbackene Geschichte und kleine Hänger gut verschmerzen.

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