Review

Und wieder ist es soweit: Nach dem Kassenschlager der „Herr der Ringe“-Trilogie macht sich New Line Cinema daran, ein weiteres Fantasy-Epos fulminant zu verfilmen. In diesem Falle steht nun Philip Pullmans „His Dark Materials“-Reihe auf der Speisekarte, beginnend mit dem ersten Band der Trilogie, dem „Goldenen Kompass“.

„Der Goldene Kompass“ handelt von der 12jährigen Lyra Belacqua, die in einer Parallelwelt ähnlich der unseren aufwächst, in der sich die Seele von Menschen in einer Tiergestalt befindet.
Lyra wächst elternlos im oxfordschen Jordan College auf, steht dabei jedoch unter der Obhut ihres Onkels Lord Asriel. Besagter Lord Asriel forscht wie viele andere auch nach dem mysteriösen „Staub“, der sowohl Forscher als auch das Magisterium, eine Art totalitäre Kirche, in hellen Aufruhr versetzt. Der „Staub“ ist eine Substanz, die eine Verbindung mit dem Zugang zu anderen Parallelwelten darstellt und daher das Interesse diverser ominöser Akteure weckt; allerdings spielt er bisher nur eine geringfügige Rolle.

Nun wird auch die kleine Lyra in all die seltsamen Begebenheiten verstrickt. So wird ihr Freund Roger von den seltsamen „Gobblern“ entführt – eine Art Gruppe, die laut Gerüchten Kinder für Versuche im hohen Norden benutzt. Daher beschließt sie, Roger zu finden und aus den Fängen der Gobbler zu retten.

Da kommt ihr das Angebot der geheimnisvollen Mrs. Coulter, die ihr verspricht, sie mit in den Norden zu nehmen, gerade recht, und so beginnt ihre Reise.

So weit, so gut, so viel vor allem einmal zur Haupthandlung, die der Film aufzeigt. Diverse andere Charaktere und Wirrungen hat er ebenfalls zu bieten – wie den Panzerbären Iorek Byrnison, der sich Lyra im späteren Verlauf zusammen mit dem Aeronauten Lee Scoresby anschließt, die Gypter, eine Art Zigeunervolk, die Lyra mehr als einmal aus der Patsche helfen oder die Hexenstämme, allen voran Serafina Pekkala und ihr Gefolge.

Das Buch Pullmans ist kein einfaches Kinderbuch, so sehr all jene Gestalten darauf hindeuten mögen, im Gegenteil: Es birgt viele mehr oder weniger komplexe Handlungsstränge, die letztendlich alle aufeinander treffen, den Leser jedoch auch inmitten des Buches nie völlig im Dunkeln lassen.

Genau dies ist eines der zentralen Probleme, die der Regisseur Chris Weitz nicht ganz so souverän meistern konnte, wie man es sich als Leser der Trilogie gerne gewünscht hätte. So muss man zwar bekennen, dass im Großen und Ganzen alle wichtigen Figuren wie auch Ereignisse des Buches ihren Auftritt bekamen, das Augenmerk scheint jedoch ganz auf dem Wunsch gelegen zu haben, eine hollywoodübliche Fantasy-Verfilmung zu schaffen. Jegliche Ecken, Kanten und vor allen Dingen Denkansätze, die Pullmans Buch zu bieten hatte, wurden hierbei leider auf ein Mindestmaß herabgeschliffen.

Auch wirken sämtliche Ereignisse nur wie eine aneinandergereihte Aufzählung, zuweilen vollkommen aus dem Kontext gerissen und erwecken daher mitunter den Eindruck, ziemlich willkürlich und zusammenhanglos zu geschehen, vermutlich vor allen Dingen für Leute, die die Buchvorlage nie gelesen haben. Ein fantastisches Beispiel bietet der Auftritt Lee Scoresbys. Zumindest meinerseits bekam dieser von mir nicht mehr als ein dickes „Hä?“... Ebenso verfahren wurde auch mit der Hexe Serafina, deren Existenz zumindest mir im Film ziemlich nutzlos erschien. Erstaunlich, daß die Dame es dennoch zusammen mit Lord Asriel, Mrs. Coulter, Lyra und Iorek auf die Filmplakate schaffte – aber das verdanken wir wohl nur Eva Green und deren Äußerem.

Im Klartext: 113 Minuten Spielzeit haben offensichtlich kaum ausgereicht, sämtliche Protagonisten einzubinden, geschweige denn, ihnen nötigen Handlungsspielraum oder gar Gesicht zu verpassen, denn auch daran mangelte es gewaltig. Zwar ist die Besetzung zumindest in meinen Augen äußerst gelungen – Nicole Kidman in gewohnter Manier bot eine fantastische Mrs. Coulter! - hatte jedoch kaum Zeit, ihren Figuren das nötige Charisma zu verpassen.

Aber ich will nicht unfair sein, außer der Besetzung hat der Film auch noch einen weiteren, großartigen Punkt zu bieten: Ein 180 Millionen Dollar schweres Budget. Und dies merkt man dem Film zweifellos an, denn die grafische Umsetzung ist ebenso gelungen wie eindrucksvoll. Leider, und das scheinen auch die Macher vergessen zu haben, sind ein hohes Budget und renommierte Schauspieler kein Qualitätsgarant, wenn die Story zu wünschen übrig lässt, und das ist hier leider nur allzu treffend.

Problematischster Faktor bei der Umsetzung der Geschichte scheint vor allen Dingen eins gewesen zu sein: Augenscheinlich wurde hier versucht, ein Film für alle Alterklassen zu schaffen, Kinder und Erwachsene gleichermaßen anzusprechen – aber dabei dennoch keinesfalls die Altersfreigabe von 12 Jahren zu überschreiten. Insofern ist der Film leider weder Fisch noch Fleisch, für Kinder vielleicht ein eindrucksvolles und bildgewaltiges Werk, aber schwierig zu verstehen, wohingegen Älteren die Verflachung einer komplexen Geschichte nur mäßig gefallen dürfte, mal vollkommen abgesehen davon, dass Pullmans Steamfantasy ohnehin reine Geschmackssache ist.

Verleugnen lässt sich aber nicht, dass hier storytechnisch an einigem gespart wurde. Und wie so oft leider zu Ungunsten des Films.

Abschließend lässt sich sagen: Man kann nur hoffen, dass Teil zwei besser wird, aber besondere Lust macht dieses halbherzige Werk zumindest mir leider nicht. Dass das Ende zugunsten eines kinderfreundlichen Cliffhangers weggelassen wurde, erhöht diese Hoffnung auch nicht.

Details
Ähnliche Filme