Sozialarbeiterin Emily bekommt den Auftrag sich um die junge Lilith zu kümmern. Doch es erwartet sie alles andere als ein Routinefall: Als sie das Haus der Familie aufsucht, trifft sie auf eine schweigsame Mutter und einen ebenso kooperationsunwilligen Vater, der schnell den Eindruck vermittelt, dass er der Typ Familienvater ist, der Frau und Tochter durch die Gegend prügelt. So nimmt Emily die ängstliche Reaktion von Lilith natürlich ernst, als diese ihr mitteilt, dass ihre Eltern sie hassen und sie zur Hölle schicken wollen. Ein nächtlicher Anruf seitens Lilith führt Emily eines nachts wieder in das Haus der Familie und gemeinsam mit einem befreundeten Cop schafft sie es gerade noch, die Eltern davon abzuhalten, ihre Tochter im Ofen zu verbrennen. Als die Eltern verhaftet werden, braucht Lilith ein neues Zuhause. Und das soll sie ausgerechnet bei Emily finden. Doch was hat die Eltern tatsächlich dazu veranlasst, so drastisch zu handeln? Und warum befinden sich eine Reihe von Schlössern an ihrer Schlafzimmertür? Schon bald merkt Emily, dass Lilith keineswegs so unschuldig ist, wie es den Anschein hat...
Mit dieser kurzen Inhaltsangabe habe ich nicht allzu viel gespoilert, denn dass mit Lilith so einiges nicht stimmt, wird dem Zuschauer schon nach kurzer Zeit klar. Doch welches Ausmaß dieses Rätsel letztlich annimmt, überrascht dann doch. Denn Lilith ist von einem jahrtausendealten Dämon besessen.
Mit Case 39 hat der deutsche Regisseur Christian Alvart (Antikörper) ein absolutes Meisterwerk abgeliefert, dass zwar deutlich an Das Omen erinnert, aber dennoch selbstständig genug ist, um sich seine eigene Identität zu bewahren und als einer der besten Horrorfilme des Jahres 2009 in die Geschichtsbücher einzugehen. Und das wichtigste ist: Wir haben es hier mit keinem weichgespülten Horrorfilm eines großen Studios zu tun, wie es sie zuhauf gibt. Case 39 ist böse, wirklich böse. Denn die Thematik, die er schließlich annimmt, ist alles andere als politisch korrekt. Und zur Wirkung dieser Prämisse trägt Renée Zellweger, eher bekannt für Rollen wie Bridget Jones, die hier absolut gegen den Strich besetzt wurde, maßgeblich bei.
Der Film bietet jede Menge wirklich unheimlicher Momente sowie den ein oder anderen recht blutigen Effekt. Nach der Vorführung auf dem FFF in Frankfurt beantwortete der Regisseur die Fragen des Publikums und gab dabei einen interessanten Einblick ins Filmgeschäft. So erzählte er, dass bei Paramount die Führungsetage so oft gewechselt hat, dass er bestimmte Szenen, die er im Kopf hatte (und die auch abgedreht wurden) so nicht in den Film bringen konnte. Z. B. eine Szene, in der ein Cop von Hunden in einer Tiefgarage verfolgt wird fand er sterbenslangweilig. Ihm schwebte bei dieser Todesszene eher ein Sturz von einem Hochhausdach vor, nachdem das Opfer von gesichtlosen Fratzen verfolgt wurde. Doch die Studiobosse verstanden die Szene nicht, und daher wurde sie auch gestrichen.
Zudem gab es Diskrepanzen bei der Besetzung der Hauptdarstellerin. Die 14-jährige Jodelle Ferland (Silent Hill, Tideland), die letztlich auch die Rolle bekam, war auf Anhieb die Wahl des Regisseurs, doch das Studio wollte ein anderes Mädchen. Bei der Entscheidungsfindung wurden doch tatsächlich jeweils einen ganzen Tag lang Szenen mit Zellweger und den beiden Mädchen abgedreht und dann die Reaktion der Zuschauer getestet. Dass dies Unsummen gekostet hat, war dabei wohl nicht so wichtig.
Man kann letztlich nur dankbar sein, dass Ferland die Rolle bekommen hat, denn sie spielt einfach überragend!! Sie schafft es ihrer Rolle solch diabolische Züge zu verleihen, dass selbst hartgesottenen Zuschauern ein kalter Schauer über den Rücken läuft. Und man nimmt es Zellweger wirklich ab, dass sie Angst hat, Todesangst.
Der Film setzt sich zwar aus bekannten Genreversatzstücken zusammen - bei den Morden musste ich zum Teil an Final Destinationdenken, bei der Form der Äußerung an Es (Stichwort: Angst) -, überrascht mit einzelnen Szenen aber wieder und bietet dichte und spannende - psychologische sowie graphische - Horrorunterhaltung vom Feinsten. Überragende Darsteller, eine technisch herausragende Inszenierung und die bitterböse Thematik machen Case 39 zu einer der Genreüberraschungen des Jahres. Klarer Punktsieger gegen den unsäglichen The Children.
Man kann nur hoffen, dass Alvart weiter so gute Drehbücher bekommt. Der nächste Hollywoodfilm steht schon in den Startlöchern: Pandorum mit Dennis Quaid. Alles Gute, Christian.
Filmwertung: 8,5/10