„So, wie ich es sehe, ist die Intelligenz bereits ausgerottet und es leben nur noch die Idioten!“
Nachdem US-Filmemacher George A. Romero mit seinem Low-Budget-Erfolg „Night of the Living Dead“ im Jahre 1968 den Zombiefilm revolutioniert bzw. das Subgenre erst ins Leben gerufen hatte, vergingen satte zehn Jahre, bis er mit „Dawn of the Dead“, diesmal komplett in Farbe gedreht, eine nicht minder einflussreiche Fortsetzung lieferte, die den modernen Splatterfilm nachhaltig inspirierte und zahlreiche Nachahmer auf den Plan rief.
Die menschenfressenden Zombies haben die Städte erreicht und sich übers ganze Land ausgebreitet. Mit Spezialeinheiten versucht man, ihrer Herr zu werden. Roger (Scott H. Reiniger, „Knightriders - Ritter auf heißen Öfen“) und Peter (Ken Foree, „From Beyond – Aliens des Grauens“) haben nach ihrem jüngsten Einsatz keine Lust mehr und klauen mit ihren Freunden Stephen (David Emge, „Hellmaster“) und Francine (Gaylen Ross, „Creepshow“) einen Hubschrauber der örtlichen Sendeanstalt, um abzuhauen. Sie entdecken ein riesiges Einkaufszentrum, verschaffen sich Zugang und schießen die sich im Inneren aufhaltenden Untoten über den Haufen. Nun können Sie die Vorzüge eines bis unter die Decke mit Lebensmitteln und Luxusgütern vollgestopften Einkaufszentrums genießen und wähnen sich weitestgehend in Sicherheit – bis eine bewaffnete Rockergang den Laden stürmt…
„Zerstör das Gehirn!“
Romero setzte mithilfe der Spezialeffektkünste Tom Savinis und mutmaßlich inspiriert von Filmen wie „Leichenhaus der lebenden Toten“ (Jorge Grau, Spanien/Italien 1974) die Messlatte für blutige Splatter- und Gore-Einlagen deutlich hoch, sowohl was Quantität als auch Qualität betrifft. Neben Savini versammelte Romero weitere fähige Leute um sich: Den italienischen Filmemacher Dario Argento, der den Film mitproduzierte und eine eigene Schnittfassung für den europäischen Markt entwickelte, Michael Gornick als Chef der Kameras, die Band „Goblin“ für den hämmernden, unvergesslichen Soundtrack und nicht zuletzt weniger bekannte, dafür umso talentiertere Schauspieler. Romero gelingt ein überaus rasanter Einstieg mit aufgebrachten, hysterischen Diskussionen im Fernsehstudio, die unmittelbar in SEK-Action mit zahlreichen Toten und ersten verstörenden Zombie-Auftritten übergehen. Im Einkaufszentrum angekommen, wird „Dawn of the Dead“ zu einer unschwer erkennbaren Parabel auf die Konsumgesellschaft und ihren Materialismus. Die Zombies schlurfen wie zu Lebzeiten massenweise zum Konsumtempel, während unsere vier Freunde sich den alten Kindheitstraum vom Kaufhaus ganz für sich allein erfüllen. Diese wurden längst zu Sympathieträgern und Identifikationsfiguren für den Zuschauer, der sich gerade während dieser Szenen in ihnen wiedererkennen dürfte. Interessanterweise findet aller Actionlastigkeit zum Trotz nach und nach eine relativ detaillierte Charakterisierung der Rollen statt. So bekommt die Handlung auch eine tragische Note, als Roger einen Zombiebiss erleidet und der Zuschauer bestens über die Folgen Bescheid weiß, die im Film zunächst niemand wahrhaben will. Dem gegenüber stehen einige humoristische, jedoch gut und passend eingefügte Einlagen im Einkaufszentrum. Einige sehr durchästhetisierte Szenen unterhalten und begeistern zusätzlich.
Als die Rocker (unter ihnen Savini persönlich) schließlich das Kaufhaus stürmen, scheinen sie die Zombies gar nicht ernstzunehmen und machen sich einen Spaß daraus, mit ihnen zu spielen, bevor sie sie brutal niedermetzeln. Ab diesem Zeitpunkt verdeutlicht „Dawn of the Dead“ eine entsolidarisierte Gesellschaft, die selbst angesichts Extremsituationen wie dieser nicht imstande ist, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Der Action-Anteil wird noch einmal in ungeahnte Höhen geschraubt, gleichzeitig erscheint fraglich, mit welchem Recht diejenigen, die zuerst da waren, aus dem Hinterhalt auf die Eindringlinge schießen und sie im Prinzip ähnlich behandeln wie die Zombies. Weitestgehend sinnlos verhält man sich wie den Besitzstand, das annektierte Land für sich allein beanspruchen wollende Egoisten, statt ein paar Schritte weiter zu denken, wodurch die Rollen ihr Identifikationspotential einbüßen und der Film endgültig seine misanthropische Note erhält. Folgerichtig münden die Ereignisse in einem infernalen, pessimistischen Finale.
All das ist großartiges und wegweisendes Horrorkino und macht Romeros zweiten Zombie-Film zu einem verdienten Klassiker. Verglichen mit späteren Filmen – gerade auch von „Dawn of the Dead“ inspirierten – wirkt trotz der hochqualitativen SFX-Arbeit das Make-up der Untoten, die man schlicht graublau anmalte, ein wenig lieblos und bisweilen künstlich. Zudem scheint mir der Schnitt nicht unbedingt zu Romeros herausragenden Stärken zu gehören, denn wie sich hier pure Action mit ausgedehnten, langsam erzählten, dialoglastigen Szenen des letztlich Überlänge erreichenden Films abwechseln, irritiert bisweilen und erscheint nicht immer dramaturgisch 100%ig zielführend. Argento versah seine Fassung mit etwas mehr Tempo, dennoch wirkt „Dawn of the Dead“ hier und da ein wenig ausgebremst. Nichtsdestotrotz handelt es sich um einen der besten Filme des Zombie-Subgenres aller Zeiten und steht auch oder gerade Jahrzehnte später wie ein Fels in der Brandung eines mit thematisch ähnlichen Filmen überfluteten und übersättigten Markts.