Review

10 Jahre nach seinem grandiosen Erstlings-Zombiefilm „Night of the Living Dead“ setzte George A. Romero selbigen mit „Dawn of the Dead“ fort. Mit der Veröffentlichung dieses Films entfachte in Deutschland eine hitzige Diskussion über Jugendschutz und Zensur, wie seit 30 Jahren zuvor nicht mehr. Letzten Endes hatte diese Debatte die Beschlagnahmung von „Dawn of the Dead“ zur Folge und der Film ist bis heute innerhalb von Deutschland nur in einer verstümmelten FSK 16-Kaufhausfassung für billiges Geld zu haben (man muss erwähnen, dass selbige DVD ironischerweise üppiges Bonusmaterial zu den „verbotenen“ Fassungen und Kürzungen als Bonus enthält). Auch existieren von „Dawn of the Dead“ etliche unterschiedliche Fassungen, welche allerdings meist nicht als gekürzt aufzufassen sind. Ich konnte mir nun glücklicherweise den von der Firma ASTRO konzipierten, etwas langatmigen „Ultimate Final Cut“ aus Österreich zukommen lassen. Das ist noch eine der wenigen Möglichkeiten, sich den Film ungekürzt und in deutscher Sprache legal zu beschaffen.
Genug des Vorlaufs, nun zum Film.

Die Story dürfte aus den etlichen anderen Reviews ersichtlich sein, weswegen ich mich hier eher dem Inhalt zuwenden möchte.
Dennoch ein kurzer Abriss: Vier Überlebende – die schwangere Fran, ihr Freund Stephen sowie die Polizisten Roger und Peter – gelingt mit dem Helikopter die Flucht vor den Zombies, welche scheinbar über Nacht durch ihre große Zahl beinahe die Weltherrschaft an sich gerissen haben. Ihre Herkunft ist unbekannt, nur scheint es erwiesen, dass jeder Tote noch einmal als nach Menschenfleisch gierender Zombie ins Leben zurückkehrt und nur durch die Zerstörung des Gehirns endgültig ins Jenseits geschickt werden kann (Hier möchte ich auch ein sehr bekanntes Filmzitat von Peter alias Ken Foree unterbringen: „Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist, kommen die Toten auf die Erde [zurück].“). Die Zufallsgemeinschaft schlägt sich bis zu einer riesigen Shopping-Mall durch, in der sie sich verbarrikadieren und den Zombies erwehren, bis eine Rockergang durch ihre Plünderung des Einkaufszentrums die Gruppe wieder bedroht…
Hier noch mehr zu verraten, wäre fatal. Romero interessiert sich hier – ob der Actionlastigkeit – wenig für groß angelegte Stunts als für die seinem Film inhärente Gesellschaftskritik.

So sind zum Beispiel die Zombies als Allegorie auf die seelenlosen „Opfer“ der Konsumgesellschaft zu verstehen, welche allerdings hier makaber überzeichnet in dem Genuss von Menschenfleisch ihre optimale Befriedigung erhalten. Nahezu willenlos und nur von der Gier getrieben (nach „Nahrung“), scheinen sie sich in ihrer Charakterlosigkeit nicht zu unterscheiden und treten nur als identitätslose Masse auf. Einige Sequenzen gegen Ende des Films, in denen sich die Zombies um ihre „Beute“ streiten, erinnern sogar an typisches Verhalten beim Schlussverkauf.
Des Weiteren geht es um die metaphorische Ebene des Kannibalismus: als sich selbst zerstörendes System. Der (tote) Mensch ist des Menschen ärgster Feind und irgendwann – wenn jedes Mitglied der Weltgesellschaft als Zombie assimiliert ist – gibt es keine Nahrung mehr und der Tod setzt ein. Aber auch die noch Lebenden schaffen es nicht, sich zusammen zu raufen: Sowohl Vierergruppe als auch Rockergang sind konkurrierende Parteien im Kampf um das Konsum-Mittel Geld und dezimieren sich gegenseitig. Der Materialismus siegt letztendlich über den bloßen Überlebenswillen. Der Mensch wird zum Sklaven des Konsums. Auch die 2 verschiedenen Gesellschaftsentwürfe Anarchie (Rockergang) und Faschismus (Vierergruppe) funktionieren angesichts einer Ausnahmesituation letztendlich nicht und sein kein probates Mittel gegen die äußere Bedrohung.

Die filmische Umsetzung soll hier natürlich auch noch erwähnt werden: genreunüblich gelingt es Drehbuchautor und Regisseur in Personalunion George A. Romero hier, differenzierte Charakterzeichnung zu betreiben. Da hätten wir Fran als emanzipierte Persönlichkeit der Frau, Stephen als ihr repressiver Mann, Peter als demokratischer kühler Kopf und Anführer, und Roger als unvorsichtiger Mitläufer. Leider ging die Beschreibung dieser Figurenkonstellation teils zu Kosten des Tempos, was die Laufzeit von 156 Min. erklärt. Aber sowohl die zahlreichen Schusswechsel als auch die (besonders am Ende vorhandenen) deftigen Splattersequenzen können sich in ihrer Choreografie und Inszenierung sehen lassen. Die Musik von „The Goblins“ ist teils etwas gewöhnungsbedürftig, überzeugt aber auch.

Fazit: Neben „Night of the Living Dead“ d e r Film des Genres. Eine hintergründige und psychologisch glaubhafte Parabel auf eine materialistische Konsumgesellschaft und ein fesselndes Actionspektakel mit zahlreichen Splatter-Effekten in einem. Zweifellos einer von Romeros besten Filmen, wenn auch (zumindest im „Ultimate Final Cut“) mit einigen wenigen Längen.

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