ACHTUNG SPOILER
Wer nicht über diverse Details des Films informiert werden möchte, sollte hier aufhören zu lesen.
(Hinweis: Dieses Review beruht auf dem ungeschnittenen Argento-Cut, auch Euro-Cut genannt)
DAWN OF THE DEAD
Story:
Die zivilisierte Welt scheint dem Untergang geweiht. Auf dem gesamten Planeten hat sich eine Art Seuche ausgebreitet: die Leichen gestorbener Menschen erwachen zum neuen Leben und begeben sich als Zombies, getrieben von Blutdurst und Fleischeshunger, auf die Jagd nach den noch lebenden. Jeder, der selbst gebissen wird, verwandelt sich über kurz oder lang ebenfalls in eine blutrünstige Kreatur. Jegliche Ordnung bricht zusammen, die Städte versinken im Chaos und für die Menschen gilt es nur noch, zu überleben. Bei diesem Überlebenskampf finden sich vier Personen – zwei SWAT – Cops, ein TV – Angestellter und dessen Freundin – zusammen und retten sich mit einem Hubschrauber in einen Kaufhauskomplex. Fortan müssen sie sich gegen eine Armee von Untoten behaupten…
Zum Status des Films ein Wort zu verlieren, wäre absurd. 1978 geriet er in die Schlagzeilen wegen seines bis dato ungekannten Gewaltpotenzials, welches die Jugendschützer in zahlreichen Ländern (allen voran wohl Deutschland) übel aufstoßen ließ, doch auch in den Jahren danach verlor er keinen Funken seiner Popularität. Bis heute gilt George Andrew Romero’s DAWN OF THE DEAD als der Inbegriff des Zombie- und Splattergenres und hat sich auch darüber hinaus zu einem der bekanntesten Horrorfilme überhaupt gemausert, von dem 2004 sogar ein Remake produziert wurde. Der Film, von dem jeder schon mal gehört hat. Allerdings auch der Film, an dem sich – je älter er wird – die Geister scheiden. Inzwischen wird er sogar aufgrund seiner Einfachheit und des hohen Alters als ‚lächerlich’ bezeichnet. Hat er das verdient? Nein. Und dennoch eilt ihm meiner Meinung nach sein Ruf ein kleines bisschen voraus.
Beginnen wir ganz am Anfang. Denn der Film denkt sich nicht lange irgendwelche Antworten auf Fragen wie „Woher kommen denn eigentlich die Zombies?“ aus, er konfrontiert den Zuschauer ohne weitere Hintergrunderklärung von vornherein mit der Zombie – Situation und legt los. Nach einigen Anfangsszenen in einem Fernsehstudio, in welchen deutlich wird, wie viel Unklarheit bezogen auf die Zombies unter den Menschen herrscht (wie viele es von den Untoten gibt, wie man sich noch gegen sie wehren kann) kristallisiert sich relativ zügig der Trupp der besagten vier Personen heraus. Was allerdings bereits am Anfang auffällt, ist, dass der Film es nicht wirklich schafft, eine von Grund auf bedrohliche Atmosphäre aufzubauen, so dass der Zuschauer ein gewisses Gefühl der Ausweglosigkeit vermittelt bekommen könnte. Es geht alles ein wenig hektisch zu. Kaum sind wir aus dem stressigen Studio raus, schon stecken wir in einer Szene, in der wir die beiden SWATs Roger und Peter kennen lernen, die erstmal mit ihrer Mannschaft ein Haus stürmen, in welchem sich Zombies aufhalten (da wird dann geballert und gemetzelt wie blöd), dann findet man sich irgendwie zusammen und schwupps sitzen die vier im Hubschrauber und fliegen ihres Weges. Nun denn. Primär soll so ein Film ja schließlich rocken, denk ich mir. Bei dem kleinen Zwischenstopp auf dem Land sieht man dann zum ersten Mal die Zombies ‚ganz’, also wie sie sich auf weiter Fläche bewegen usw. Und da ist das Fear Feeling dann auch vorbei – denn die Untoten bewegen sich derart langsam, dass es scheinbar problemlos möglich scheint, sie zu erledigen, während man noch mal genüsslich eine Zigarette raucht. Dieser Eindruck wird durch die Szene, in welcher die ganzen Rednecks sogar mit Bier anstoßen während mal hier mal da ein Zombie abgeknallt wird, noch verstärkt – so ernstzunehmende Gefahren können diese lahmen Kröten doch wohl kaum darstellen, oder? Doch langsam. Denn nun kommen wir zum Hauptschauplatz, dem Einkaufszentrum. Auf dem Parkplatz tummeln sich bereits einige wenige der Kreaturen, doch drinnen sieht es schon bald anders aus.
Und damit wären wir beim Hauptteil. Und der geht an sich gut ab. Sobald Zombies in der Nähe sind, wird gerannt, geschossen, gestochen, gemetzelt. Was allerdings bereits nach wenigen Minuten leicht negativ ins Gewicht fällt, ist die Leistung der Darsteller. Alle verkörpern ihre Figuren zwar grundsolide, nur, wie schon in anderen Kritiken hier erwähnt: die Leute sehen aus, als würden sie jeden Tag
Roger und Peter sind zwei richtig harte Kerle. Zombies abknallen, so cool und selbstsicher ballern sie sich den Weg frei. Auch bietet das Drehbuch keinerlei tiefschürfende Figurenzeichnung, so dass einen die Charaktere weitestgehend kalt lassen, da können sich die Schauspieler nun noch so reinhängen. Weiterer Wehmutstropfen sind die Zombies an sich. Ohne den Film nun schlechtreden zu wollen – Angst einflößen kann wohl keiner der blau angemalten Darsteller, die mit dem Tempo einer Schnecke über die gut einzusehenden, breiten Gänge staksen. Genauso unbeängstigt wie Roger und Peter mit den wandelnden Leichen umgehen war ich, als ich ihnen dabei zusah. Wenn man ihnen dabei so zuschaut bekommt man fast sogar selber Lust, sich mal eine Waffe zu schnappen und sie ein wenig zu unterstützen. Sorry, aber auch 1978 hätte man die Untoten beängstigender in Szene setzen können, sei es nur durch ein schnelleres Fortbewegungstempo. Des weiteren fallen einige mehr als ungelenke Schnitte auf, welche mehrere durchaus spannende Szenen derart abrupt beenden, dass ein Großteil der Wirkung verloren geht, was ich sehr schade fand, da viele Sequenzen durchaus ihren individuellen Reiz haben.
Rein spannungstechnisch gesehen das entscheidende Manko: Man hat einfach keine Angst vor den Zombies – jedenfalls heute nicht mehr. Es ist relativ einfach, ihnen zu entkommen und solange man Waffen dabei hat und sich immer aufmerksam umsieht, ist das Risiko gleich null – das war dann auch eines der Dinge, die sich beim Remake ganz drastisch ändern sollten. Dafür splattert es mehr als ordentlich. Sicher, im Zeitalter der digitalen Supertechnik wirkt dieser Film veraltet, dennoch war die Blutmenge für 1978er – Verhältnisse skandalös.
Ich muss ehrlich sagen, dass ich mir nach all den Reviews und dem, was ich schon so gehört hatte (es klingt jetzt skurril) fast noch etwas mehr Blut vorgestellt hatte. Skurril deswegen, weil der Film ja eigentlich vor Blut nur so strotzt. Dennoch muss man sagen, dass viele der Tötungen sehr schnell geschnitten wurden und das Blut so rot ist, dass man es tatsächlich für Ketchup halten könnte. Nichts desto trotz seien Menschen mit schwachen Mägen gewarnt. Dem Splatterfreak wird das Gebotene wirklich mehr als erfreuen. Kopfschüsse in Nahaufnahme, einige Ausweidungsszenen und ähnliche leckere Aktionen halten einen gut bei Laune. Tom Savini’s Handarbeit hat zurecht viel Lob und Anerkennung gefunden, ich will nicht wissen, wie viel Arbeit es gewesen sein muss, jeden einzelnen der Effekte vorzubereiten. Leider muss man auch hier ehrlich sagen, dass in einigen Szenen der Fake klar zu sehen ist, bsw. kommt es definitiv zu häufig vor dass bei einem Headshot zwar massig Blut an die Wand dahinter spritzt, aber mysteriöserweise kein Einschussloch vorhanden ist. Sicher kann man argumentieren, dass die finanziellen Mittel sehr begrenzt waren, dennoch hätten gewisse Dinge besser gestaltet werden können. Im Großen und Ganzen allerdings kann man Savini nur ein großes Lob aussprechen, der Fan kommt allemal auf seine Kosten, auch wenn die Effekte nach inzwischen 27 Jahren eingestaubt wirken.
Einer der wohl am breitesten diskutierten Aspekte des Films ist die vermeintlich vorhandene Kritik an die Konsumgesellschaft unserer Zeit. Meine Meinung ist ganz klar, dass dieses Argument nichts weiter als eine fadenscheinige Pseudobescheinigung von Hardcore - Dawn - Fans ist, welche jedoch im Film an sich sogut wie überhaupt nicht zur Geltung kommt. Die Tatsache, dass der Streifen in einem Kaufhaus spielt als Gesellschaftskritik auszulegen, kommt mir etwas sehr weit dahergeholt vor. Nichts desto trotz eignet sich der Komplex sehr gut als Location für groß angelegte Schlachtoperetten.
Doch kommen wir zu dem an sich wichtigsten Punkt. Bis heute gibt es geteilte Meinungen über die atmosphärischen Leistungen des Films. Ziel war es, die Endzeitstimmung einzufangen und den Zuschauer damit zu konfrontieren, was meiner Meinung nach im Grunde ja mehr Schrecken hervorruft als jeder Effekt. Stimmig war es allemal, nur muss ich sagen, dass die Gnadenlosigkeit, die radikale Endgültigkeit der um sich greifenden Zombie – Seuche anno 1978 leider nur spärlich eingefangen wurde. Die Musik des Argento-Cuts würde ich weniger als ultra-spannend oder angsteinflößend, sondern viel mehr als stimmig bezeichnen. Sie untermalt den Film mit dieser gewissen 70er-Jahre-Low-Budget-Film-Note, die sich durch den Streifen zieht.
Die Sequenzen im Kaufhaus wirken leicht staubig, da die no-name-Darsteller den nur schemenhaft gezeichneten Charakteren lediglich Ansätze von Leben einzuhauchen vermögen. Zwischendurch wird geballert, geplündert und auch mal gelacht, nur wirkt die Grundstimmung irgendwie zu keinem Zeitpunkt apokalyptisch sodass man sich phasenweise vorkommt, als schaue man einer Gruppe von Plünderern bei ihrem Einkaufsbummel zu. Als dann gegen Ende die Rockerbande das Kaufhaus stürmt, kann man wohl endgültig nur noch von Trash sprechen, was hier nicht unbedingt etwas Schlechtes bedeutet. Nun metzeln sich halt alle gegenseitig: Die Rocker die Zombies und umgekehrt, das Quartett um die beiden SWAT’s die Rocker und die Zombies, die Rocker das Quartett. Die Spannung bleibt beim Showdown dann allerdings endgültig auf der Strecke, stattdessen wird wiederholt auf rohe Gewalt gesetzt. Die legendäre Machetenszene, unzählige Headshots und einige Ausweidungsszenen schmücken die muntere Splatterhatz, bis die zwei Überlebenden sich aufs Dach flüchten und per Hubschrauber ihrer ungewissen Zukunft entgegendüsen, bevor die End Credits kommen.
Nun denn. Es ist nicht ganz einfach den Film objektiv zu bewerten, da man schon dermaßen viel über ihn gehört hat, dass man ihn schon zu kennen glaubt, bevor man ihn überhaupt gesehen hat. Was mich primär gestört hat war einfach der eine entscheidende Fakt: Das keine Weltuntergangsstimmung aufkommt. Sicher, diverse Dinge waren mit nur $1.800.000 Budget nicht zu realisieren, dennoch hätte man eine bedrohlichere Grundstimmung durch angsteinflößendere Zombies und anderer Musik erzielen können (ja, ich weiß, die Musik unterscheidet sich in den verschiedenen Fassungen); und dazu hätte das Zombie-Make-Up nicht mal unbedingt aufwändiger sein müssen. Eine hier in vielen Rezensionen bescheinigte Gesellschaftskritik will sich mir nicht so recht erschließen und die Darsteller haben einfach Schnarchnasen-Gesichter. Nun hat der Film allerdings nicht nur negative Aspekte: er hat seine spannenden Momente, er hat eine in sich tolle Grundidee, er hat harte Bluteffekte en masse und er ist durchaus irgendwo unterhaltsam und besitzt diese gewisse urige Note. Ob er deshalb nun aber dem Titel „Meisterwerk“ oder „Apokalyptischer Geniestreich“ gerecht wird, stelle ich doch sehr in Frage. Er hat einen ganz eigenen, besonderen Kultstatus, sicher. Und den erkenne ich auch an. Aber im Endeffekt handelt es sich hier um einen Zombiefilm, der aufgrund seines enormen Gore-Potenzials und seiner Stimmung einfach unterhält und auch unterhalten soll.
Fazit: In meinen Augen ein unterhaltsamer, kultiger, extrem blutiger aber nichts desto trotz überbewerteter Film. Hier muss ich ganz klar sagen, dass ich das Remake nicht nur in technischer Hinsicht sondern vor allem von der Grundstimmung her entschieden gelungener fand. Doch ich habe bei dieser Rezension bewusst nicht Original und Remake verglichen. Auch objektiv betrachtet liegt hier ein gelungener, jedoch teilweise etwas langatmiger Splatter vor, der in meinen Augen mehr von seinem Status als von seiner Qualität zu leben scheint. 1978 hätte mein Review wohl noch ganz anders ausgesehen – aber heute, 27 Jahre später, ist es nicht von der Hand zu weisen: der Film ist alt geworden. Nicht schlecht, aber alt.