20th Century Fox richtete um die Jahrtausendwende Fox Searchlight ein, eine Tochtergesellschaft, die Quasi-Independent Filme dreht, allerdings mit finanzieller Studiorückendeckung. Das führt den Begriff Indie zwar etwas ab absurdum, sorgt aber trotzdem für unterhaltsame Filme, wie z.B. „Juno“.
Dem Titel entsprechend ist Jason Reitmans zweiter Film nach „Thank you for Smoking“ auf seine Hauptfigur, die 16jährige Juno MacGuff (Ellen Page) zugeschnitten. Diese ist nach einer Liebesnacht mit ihrem Kumpel Paulie Bleeker (Michael Cera) schwanger und will das Kind erst abtreiben lassen. Die entsprechende Szene in der Abtreibungsklinik ist schnell abgehandelt, Junos Bedenken nur ansatzweise nachvollziehbar, aber andrerseits muss die Entscheidung ja so ausfallen, damit der Handlungsmotor Schwangerschaft bestehen bleibt.
Da Juno sich für die Mutterrolle auch noch nicht bereit fühlt, sucht sie mit Mark (Jason Bateman) und Vanessa Loring (Jennifer Garner) ein wohlhabendes, kinderloses Ehepaar aus, welches das Baby aufziehen soll. Doch es sind neun Monate Schwangerschaft durchzustehen...
Eines muss man sich von Anfang an klarmachen: „Juno“ ist ein Feelgoodmovie und kein Problemfilm. So ist es dann ironischerweise die Indie-Komödie, die sich weitaus weniger mit Tragweite des Schwangerschaftsproblems auseinandersetzt, wenn man ihn mit der mainstreamigeren Apatow-Komödie „Beim ersten Mal“ vergleicht: Körperliche Probleme werden bestenfalls angerissen (Juno muss sich mal übergeben, des komödiantischen Effektes wegen, aber das war es auch), über Abtreibung wird schnell entschieden und die Eltern, so wie fast alle Personen aus dem Umfeld, reagieren extrem verständnisvoll. Jedoch hat „Juno“ auch keine Verpflichtung Problemfilm zu sein und als Komödie funktioniert er wirklich gut.
Das liegt freilich an der eher ereignisarmen Geschichte, weshalb die Oscar-Nominierung für das Drehbuch etwas seltsam wirkt. Das Script funktioniert, es hat schöne Dialoge, aber wirklich herausragend ist es dann auch nicht. Jedoch erzählt „Juno“ mit schön viel Wärme die verschiedenen Geschichten seines Plots, wobei vor allem die Liebesgeschichte zwischen der frechen Juno und dem stillen Bleeker wirklich mit viel Herz erzählt wird – Außenseiterromantik der gelungenen Sorte.
Da in „Juno“ wenig passiert (erst zu Beginn des letzten Drittels kommt mal ein schwerer Konflikt zum Tragen, der aber schnell gelöst wird), bezieht der Film seine Sympathiepunkte vor allem aus der Interaktion der wunderbaren Charaktere. Highlights sind sicherlich Junos schlagfertiger Vater Mac (J.K. Simmons) und ihre ebenso schlagfertige Stiefmutter Bren (Allison Janney), deren Szenen allesamt phantastisch sind. Auch schön ist die Tatsache, dass nicht alle Charaktere sich nicht als das erweisen, was man anfangs von ihnen denkt – was zu ein, zwei Überraschungen führt, gerade bei Charakteren, die man anfangs für klischeehaft halten mag.
Als Feelgoodkino ist „Juno“ erfreulich rund, denn Jason Bateman glaubt an den 90minütigen Film, wie er auch bei den Deleted Scenes auf der DVD erklärt, sodass „Juno“ diese Marke nur geringfügig überschreitet und flott erzählt daherkommt. Unterstützt wird das Ganze von einer wunderbaren Musikauswahl, die vor allem mit stimmigen Songs von Kimya Dawson überzeugt. Zudem kann „Juno“ mit liebevollen Details aufwarten. Wo sonst gibt eine Schwangere das Signal zum Aufbruch gen Krankenhaus via „Thundercats are go!“ und wo sonst diskutieren zwei Figuren zumindest kurz über den Vergleich von Herschell Gordon Lewis und Dario Argento.
Jedoch würde „Juno“ ohne sein großartiges Ensemble nur halb so gut funktionieren. Ellen Page in der Titelrolle war zurecht Oscar-nominiert, während Michael Cera gerade in seiner Zurückhaltung eine erstaunliche Präsenz hat. Göttlich sind J.K. Simmons und Allison Janney, die aus ihren bereits dankbaren Rollen das Optimum herauskitzeln, während Jennifer Garner und Jason Bateman da deutlich zurückstehen müssen und wenig bleibenden Eindruck hinterlassen.
Alles in allem erfindet „Juno“ das Rad sicher nicht neu und ist nicht ganz so gut wie „Thank you for Smoking“, doch Jason Reitman ist ein beschwingtes, wunderbar gespieltes Feelgoodmovie geglückt, das freilich sehr nett und konfliktarm daherkommt.