Review

Es ist etwas schwierig die Leinwand-Adaption des Romans „The Domino Principle“ von Adam Kennedy („Raise the Titanic“) zu bewerten, denn Regisseur Stanley Kramer („The Defiant Ones“, „Judgment at Nuremberg“) sah sich (angeblich) nicht nur gezwungen den Film während der Post-Produktion zu straffen, die deutsche Fassung ist auch noch mal um über 10 Minuten Handlung erleichtert worden. Somit bleibt hier nur noch Flickwerk, dem man seine fehlenden Minuten leider anmerkt – zu offensichtlich sind die Kürzungen.

Was man noch deutlich erkennt, ist das Potential, das in dem Stoff steckt oder steckte. Das über Beeinflussung, Manipulation und groß angelegte Gehirnwäsche schwadronierende Intro ist ein Vorgeschmack auf das, was „The Domino Principle“ zu bieten hat.
Roy Tucker (Gene Hackman, „The French Connection”, „Crimson Tide“) ging als hochdekorierter Sniper aus dem Vietnamkrieg hervor, geriet zurück in seiner Heimat jedoch auf die schiefe Bahn, tötete den brutalen Ehemann seiner Geliebten Ellie (Candice Bergen, „The Sand Pebbles“, „Stick“) und wird dafür zu 20 Jahren Haft verurteilt. Sich mit seinem Schicksal abfindend, bricht er den Kontakt zu Ellie ab und schlägt sich Respekt verschaffend durch das Gefängnisleben.
Bis eines Tages ein gewisser Tagge (Richard Widmark, „The Alamo“, „Madigan“) ihm ein Angebot macht. Eine anonym bleibende Organisation verhilft ihn zu einer neuen Identität, holt ihn aus dem Knast, stattet ihn mit Geld und einem Grundstück aus und bringt ihn zudem wieder mit Ellie zusammen. Dafür soll er ihr zu gegebener Zeit nur einen Dienst erweisen...

„The Domino Principle“ schürt zunächst erstklassig Paranoia, denn der Zuschauer weiß genau so wenig wie Hauptprotagonist Tucker. Der schlägt bereitwillig ein und ist sich gar nicht bewusst, wie er zu einer Marionette umfunktioniert wird. Mit tödlicher Sicherheit verhindert die Organisation jede Kontaktaufnahme mit Bekannten. Sein Anwalt soll das mit dem Leben bezahlen. Sie beobachten ihn ständig, manipulieren ihn soweit es geht und setzen ihn unter Druck.

Trotz seiner durch etliche Kürzungen bedingten Holprigkeit ist der Film ein sehr spannender Politthriller, der den Zuschauer lange im Dunkeln tappen lässt. Seine erneute Zusammenkunft mit Ellie gestaltet sich als Flitterwochen. Doch die Idylle trügt, denn die Orga will eine Gegenleistung und das ist die Ermordung eines hochrangigen Politikers. Als Tucker sich weigert, bekommt er die ganze Macht Geheimorganisation zu spüren.

Ausgeklügelt und überraschend ist der Plot bis in die letzte Einstellung. Mit gnadenloser Konsequenz wird „The Domino Principle“ zuende erzählt und ist dabei sicherlich nah an der Darstellung der Methoden diverser Geheimdienste - wie der C.I.A..
Kramers gute Inszenierung (Die Schießübung aus dem Helikopter ist wirklich ein optisches Schmankerl) sorgt dann später noch für ein paar visuelle Höhepunkte und intensive, mörderisch spannende Szenen. Als das schwarze Auto mit Ellie auf der Rückbank plötzlich vor das Polizeirevier fährt und Tucker ihr hinterher rennt, stellen sich beispielsweise wirklich die Nackenhaare auf. Bleibt fraglich wie es angesichts dieser verstümmelten Fassung um Kramers narrativen Qualitäten stand.

Nichts ist hier so wie es scheint. Jede noch so unwichtige Nebenfigur scheint hier irgendwie in Verbindung mit der nicht greifbaren Organisation zu stehen. Die versteht es geschickt ihre Mitglieder zu manipulieren und auszumerzen. Sie sichert sich immer doppelt ab. Fehlschläge gibt es bei ihr nicht, was auch Tucker feststellen muss.

Letztlich ist es schade, dass „The Domino Principle“ nie in seiner ursprünglichen Version zu sehen sein wird. Zumindest Kinofassung sollte es aber endlich mal in hiesige Gefilde schaffen, denn bisher ist der Film ein viel zu wenig beachtetes Kleinod.
Wer sich für Paranoiaplots und Verschwörungen begeistern kann, der sollte hier mal einen Blick riskieren. Seinen Nährwert bezieht der Film aus seiner gänzlich unverbrauchten Idee das Publikum in eine Figur zu versetzen, die sich, umringt von Fremden, längst mehr sicher ist, auf was sie sich hier eingelassen hat.

Fazit:
Konzentriert spannender, gut gespielter Politthriller, der zumindest in der hier vorliegenden Fassung mit enormen Plotstraffungen zu kämpfen hat. Das unkonventionelle Szenario birgt aber ein Spannungspotential, das sich weitestgehend entlädt. So bleibt ein undurchschaubarer, voller Überraschungen steckender Film, der mit seinen Verschwörungsideen sicherlich gar nicht mal so weit von der Realität entfernt ist.

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