Was macht eigentlich eine gute Killerballade aus? Neben Action und Gewaltdramatik darf ein Schuss Humanität nie fehlen. Was etwa "Leon - Der Profi" oder "Crying Freeman" so interessant macht, ist die Tragik hinter dem Charakter des Killers, ein innerlicher Zwang, eine Ruhelosigkeit, oder eine psychische Schwäche, die ihn zu den Untaten treiben. Die Geschichten der "guten" Gegenspieler (also oft der Polizei) und eventueller Liebes-/Freundschaftsbeziehungen dürfen ebenfalls nicht fehlen, sodass trotz der moralischen Problematik, aufgrund der äußeren Umstände der Killer doch zu einer Art zweischneidigem Held, zu einer gewissen Sympathiefigur wird.
Der Killer "O", Asiens Nummer 1, in Johnnie To's Film "Fulltime Killer" ist so eine Persönlichkeit. Ruhig, unauffällig und kühl erledigt er seine Jobs, jedoch ohne rechte Freude, zwanghaft und zweckgesteuert. Der Jungaufsteiger im Geschäft, "Tok", ist da ganz anders: Hitzig und übermütig, aber auch naiv marschiert er von einem Mord zum anderen, zieht spektakuläre Shows ab und mausert sich hoch auf eine Ebene mit O. Hintergangen von den Auftraggebern und gejagt von der Polizei entbrennt zwischen den beiden ein Kleinkrieg, wobei im Mittelpunkt eine schöne Frau steht, die sie beide begehren. Es kommt, wie es kommen muss, zum Duell...
Die Story bietet im Groben nichts wirklich neues. Was zählt sind also die Details der Charaktere und der kleinen Nebenplots, sowie der filmische Stil. Einige interessante Hintergründe und Wendungen lauern im Verlauf des Filmes auf den Zuschauer, während ein kontinuierlicher Reigen von grellen, aber nicht überanstrengt flashigen Bildern dazukommt. Elegante Slomo-Einstellungen und eine ruhige, ballettartige Choreografie voller lebendiger Details machen die Schießereien und Jagden zu magischen Erlebnissen, sodass der in meinen Augen recht überbewertete John Woo nicht auf der Strecke bleibt. Johnnie To's Gestaltung ist hier viel intelligenter, der Film verweist auf sich selbst als rein fiktives Konstrukt (auffällig durch die direkten Anspielungen und Vergleiche auf diverse Filme, wie Desperado), bleibt locker und selbstironisch, ohne jedoch eine gezwungene, übertriebene Coolness ausstrahlen zu wollen. Das passiert hier nämlich dezent und von ganz alleine. Die Illusion von einer ehrenhaften, zwar gewalttätigen, aber doch harmonischen Welt der Killer, der Unschuldigen und der Polizisten, irgendwo zwischen "Crying Freeman", "Assassins" und "Leon - Der Profi", durchzogen von ruhig gehaltenen, träumerischen, warmen Stadtbildern bietet wirklich lohnenswerte und durchaus anspruchsvolle Unterhaltung für Erwachsene.
"Fulltime Killer" ist eine Killerballade, wie sie im Buche steht, furios, melancholisch und lässig zugleich, in zauberhaften Bildern. Augenzwinkernd hört die Geschichte dann auf, als der Autor und ehemalige Polizist, der ein Buch über die beiden Killer schreibt, dann endlich den lang ersehnten Ausgang der Story mitgeteilt bekommt und nach langer Verzweiflung das Werk endlich vollenden kann. Denn ein gutes Ende ist das wichtigste an einer guten Geschichte. 8/10.