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Nach einer wahren Begebenheit: Hilary Swank spielt die junge Brandon Teena, die zwar eine Frau ist, aber ein männliches Identitätsgeschlecht besitzt. Deshalb verkleidet sie sich als Mann, verlässt ihre Heimat, schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch, findet dann aber sozialen Anschluss zu einer Clique. Schließlich verliebt sie sich sogar in eine Frau, gespielt von Chloe Sevigny, und beginnt eine Beziehung mit dieser, bis die Wahrheit schließlich ans Licht kommt und die Beziehung in einer Katastrophe endet.

Der Tod von Brandon Teena, der als Mann im Körper einer Frau gefangen war, ging durch die Presse und das über einen ziemlich langen Zeitraum, da ihre Mörder schließlich zum Tode verurteilt wurden. Regisseurin Kimberly Peirce verarbeitete den Tod von Teena bereits 1995 in einem Kurzfilm, mit demselben Titel und weitete die Thematik nun auf Spielfilmlänge aus. Und das gelingt hervorragend.

Zunächst einmal ist es die Galavorstellung von Hilary Swank, die ihr vollkommen zu Recht ihren ersten Oscar einbrachte. Ihre Darstellung ist enorm emotional, vollkommen makellos und so mitreißend, dass sie den Film über weite Strecken im Alleingang trägt. Den komplexen Charakter, den sie verkörpert bringt sie dabei rundum überzeugend auf die Leinwand, zeigt sowohl die innere Stärke, als auch die Angst, die Brandon Teena gehabt haben muss und zeigt auch Ecken und Kanten an ihrer Figur und spielt nicht etwa das heroische Opfer einer intoleranten Gesellschaft. Chloe Sevigny spielt ebenfalls rundum überzeugend, ist ziemlich sympathisch, überdramatisiert ihren Charakter aber ebenfalls zu keinem Zeitpunkt und auch der restliche Cast beeindruckt mit emotionalen und realistischen Darstellungen.

Die Hauptfigur ist hervorragend konstruiert. Einerseits werden sämtliche Vorurteile oder Klischees vermieden, andererseits wird Brandon Teena aber auch mit Ecken und Kanten, sowie menschlichen Schwächen dargestellt. Ihre Beziehung zu Lana Tisdel und die Ablehnung der Gesellschaft ihr gegenüber werden dabei ebenfalls hervorragend dargestellt und so wird der Film seinem Anspruch als realistisches und klischeefreies Drama nach wahrer Begebenheit auf jeden Fall gerecht.

Bei der Inszenierung lässt sich Kimberly Peirce anfangs viel Zeit, um ihre Hauptfigur zu konstruieren, so zeigt sie ausführlich, wie sich Teena im alltäglichen Leben als Mann verkleidete und, was sie alles über sich ergehen lies, um nicht als Frau enttarnt zu werden. Der übrige Handlungsverlauf ist sehr dramatisch gestaltet, bleibt aber realistisch, zumindest bis zum verstörenden und schonungslosen Finale, bei dem vielleicht eine leichte Überdramatisierung vorliegt. Alles in allem gelingt so ein, vielleicht etwas langatmiger, aber vielschichtiger und ehrlicher Aufruf zur Toleranz, der auch im Nachhinein einiges zu Denken gibt.

Inszenatorisch ist "Boys don`t cry" mit spärlichen Mitteln in Szene gesetzt, Peirces Umsetzung der Geschichte überzeugt dennoch voll und ganz. Beinahe ausschließlich ohne Filmmusik, mit langsamem Schnitt, räumt sie den brillianten Darstellern viel Raum in dem Drama ein und unterstreicht so die Darstellungen. Außerdem kommt der rundum gelungene Film, dem man lediglich seine lange Anlaufzeit anlasten kann, auch ohne übertriebenes Pathos, Filmmusik oder Ähnliches aus. Zudem ist Peirces weder bei erotischen Momenten und Nacktszenen zimperlich, noch bei den Gewaltdarstellungen, die ihre abschreckende Wirkung keinesfalls verfehlen. Eine rundum konsequente Inszenierung also, die der Materie ebenfalls gerecht wird.

Fazit:
Mit einer stielarmen, konsequenten und überzeugenden Inszenierung, einer klischeefreien und vielschichtigen Story nach wahrer Begebenheit, sowie der bewegenden Darstellung von Hilary Swank gelingt ein ehrlicher Aufruf zur Toleranz, der perfekt auf sein schonungsloses Finale hinarbeitet und lediglich durch seine lange Anlaufzeit ein wenig ausgebremst wird.

84%

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