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1996 war das Jahr des Tom Cruise: Golden Globe für „Jerry Maguire“ (ob gerechtfertigt oder nicht, darüber lässt sich streiten), endgültiger weltweiter Durchbruch mit De Palmas „Mission: Impossible“, dem Remake einer bekannten TV-Serie aus den 60ern. Dass so etwas schief gehen kann, hat in den letzten Jahren „Mit Schirm, Charme und Melone“ gezeigt, hier waren zum Glück alle Beteiligten routiniert genug, um ein wahres Thriller-Fest zu garantieren.

Den Drehbuchautoren hätte freilich jemand sagen können, dass ein Film, der nur auf den Box-Office-Erfolg aus ist, nicht zu verwirrend sein sollte, was im weiteren Verlauf bisweilen missachtet wird. Ab dem Auftreten des geheimnisvollen „Max“ gerät der Plot unnötig kompliziert, wo vorher die Gehirnzellen des Zuschauers in richtiger Dosis gefordert wurden. Wer den Film bereits kennt, dürfte keine Probleme haben, zu folgen, für Erstseher kann die pausenlos verlangte Aufmerksamkeit mitunter nervtötend sein.

Ansonsten ist der Plot durch und durch interessant, mit brisanter Komponente, denn eine Diskette könnte die Identität zahlloser Undercover-Agenten preisgeben, weshalb ein Spezialisten-Team angeheuert wird, um das Gefahrgut sicherzustellen. Der Einsatz wird allerdings ein Debakel, fast alle Agenten kommen dabei ums Leben, bis auf eine Frau und Einsatzleiter Ethan Hunt, der sich bald darauf in der Rolle des Gejagten sieht.

Nach einer stimmungsvollen Charaktereinführung und Top-Vorspann gelang de Palma ein Musterbeispiel dafür, wie man Dramaturgie, Atmosphäre und Hochspannung kombiniert: Der Einsatz in Prag dauert knapp 25 Minuten und treibt den Puls in ungeahnte Höhen, was mit einer markanten Szene endet, in der Hunt durch einen explosiven Kaugummi (Bond lässt grüßen!) in einem großen Wasserschwall entkommen kann, was spitze aussieht, aber im Verhaltensmuster Hunts nicht ganz logisch ist.

Ab da gerät die Story etwas ins Wanken, verliert sich zudem in Unglaubwürdigkeiten (Hunt checkt die „Job 314“-Hiob-Verbindung natürlich sofort) und unüberschaubaren Subplots. Mit dem Anheuern von Krieger und Luther kommt endlich wieder frischer Wind in die Sache, der Einbruch ins CIA-Hauptgebäude ist inzwischen legendär und steht der Anfangssequenz in nichts nach. Bis zum Showdown gibt es nun Wendungen en masse, die mehr oder weniger glaubwürdig sind, aber immer zu fesseln vermögen.

Das Finale, bei dem alle Protagonisten erneut aufeinander treffen, wird sehr erwartungsvoll vorbereitet, der Masken-Gag ist gut platziert, woran sich der Nachfolger ein Beispiel hätte nehmen können, genau wie an der darauf folgenden Action-Sequenz, die zwar völlig unglaubwürdig, aber äußerst schweißtreibend inszeniert wurde. Die letzte Szene macht Lust auf mehr, wenn man gewusst hätte, dass der Nachfolger so in die Hose geht, hätte man das aber lieber mal sein lassen.

Für Cruise war das der erste Blockbuster, den er durch seine Präsenz zu einem gemacht hat, schauspielerisch lässt er leider mal wieder zu oft Arroganz durchscheinen (Szene mit den zwei Disketten vor Krieger), trotzdem ist er noch zu ertragen.
Herausragend ist der Supportcast um Stars wie Jon Voight, Ving Rhames, Jean Reno, Kristin Scott Thomas und Emilio Estevez, die verhindern, dass alles in eine One-Man-Show für Cruise abdriftet.

Ein de Palma in Bestform und ein Hit-Soundtrack runden diesen Thriller ab, der so ziemlich jeden Genrevertreter seiner Zeit in Sachen Spannung und Wiedersehwert hinter sich lässt. Die drei herausragendsten Passagen (Prag, Einbruch, Zug) kommen genau zur richtigen Zeit, bevor das Ganze langweilig zu werden droht. Für mich immer wieder sehenswert, da konnte Woo vier Jahre später nur gewaltig abstinken.

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