Review

Der Mittlere von drei so genannten Handover-Filmen, die im Zeitraum des zehnjährigen Jubiläums der Rückgabe der Kronkolonie Hongkongs an die Chinesische Republik angelaufen sind und sich mehr oder wenig direkt auch mit diesem einschneidenden Ereignis befassen. Zumeist eingespeist in einem eigentlichen als Romantische Komödie identifizierten Kontext, der besonders bei Kritikerliebling Hooked On You verstärkt zum Ausdruck kommt und den Film theoretisch auch zu jedem anderen Datum hätte entstehen und spielen lassen können. Besetzt mit jeweils prestigeträchtigen, aktuell gefragten Darstellern, die im besten Fall noch mit mindestens 1 der einstmals populären und mittlerweile gereiften, fast schon vom Ruhestand zurück beorderten Schauspieler als Bonus ausjustiert werden. In diesem konkreten Fall die handelsübliche weibliche Zugkraft Miriam Yeung sowie der vor allem im Musikbereich alles abräumende Eason Chan plus Lucky Stars Mitglied Stanley Fung als Verkörperung des Vaters der Nation.

Die Geschichte entsprechend dessen sowohl um mehrere Wechselbeziehungen als auch dem Glück der großen Familie kreisend und mit einem Setting gesegnet, das einen derartigen Bekannt- und Alltäglichkeitsgrad aufweist, dass sich hauptsächlich der gemeine Zuschauer schnell mit Personen und Umgebung vertraut machen kann:

Ein Frischemarkt. Kein hoch glänzendes Merchandising-Konstrukt, dass im klinisch reinen Zustand von ebenso sterilen Verkäufern in Einheitsuniform geführt wird, sondern die ausgeweitete Variante des hierzulande üblichen Tante Emma Ladens. Ein bisschen versifft, mit rauem, aber eigentlich doch liebgemeinten Unterton, jahrelang gewachsenem Zusammenhalt, dem auch persönlichen Kennen zwischen Betreiber und Kunden und ganz allgemein der volkstümlichen Nähe. Der "Fortune Market" mitten in der Stadt als leicht bejahrtes, auch irgendwie abgeschottetes Relikt der Vergangenheit. Ein bisschen klobrig in der Struktur, aber herzlich im Inneren.
Die ideale Spielwiese für einen Film, der sowohl als Proletarierkomödie bestehen als auch den Traum kleiner und großer Mädchen porträtieren und sich an die gesamte heutige Generation adressieren möchte; ein Ziel, dass zumindest profittechnisch mit einem Einspiel von fast 10 Millionen HKD durchaus erreicht wurde, aber deswegen nicht gleich in der dramaturgischen Ausführung selber gelingt.
Obwohl man den großen Wurf andeuten mag, wirkt es zu maniriert.

Die Geschichte um die Fischverkäuferin Miu [ Miriam Yeung ], die eines Tages aus dem Nichts des Lebens vor dem "Fortune Market" Halt macht, einen Stand eröffnet und damit den des bisherigen Besitzers Fishman [ Eason Chan ] beiseite schiebt, wirkt in der Behandlung nicht nur viel zu vertraut, sondern auch noch bis über den Abspann hinaus absehbar und gar gezwungen. Sogar übermäßig unnatürlich, affektiert, gespreizt, was eine Todsünde für das Sujet des Liebesfilmes im Kleinbürgermilieu gleichkommt. Weder wirken die sich anbahnenden, aber durch eigene Regeln behinderten Gefühlsregungen zwischen den beiden Konkurrenten noch das Aufzeigen von Nöten und Träumen, Bangen und Hoffen, Gegenwart und Zukunft. Dabei arbeitet man im kleinen Detail durchaus mit den richtigen Eigenarten wie Symbolen, Metaphern, Talismanen; auch die jeweiligen Zeitsprünge, die immer wieder mehrere Monate überbrücken und so einen geräumigen Dekaden-Abschnitt ratifizieren gelingen auf lässige, hin-und-her schwingende Art und Weise. Doch weder bekommt das Umfeld des gehemmten Pärchens wahre ergänzende Aufmerksamkeit ab noch reicht das Interesse für die zentralen Figuren aus, um abseits wissenssoziologisch unfundierter Geschichtschronik für Ergriffenheit und Rührung zu sorgen.

Ohne jetzt ein progressives Abbild der politischen, kulturellen und moralischen Befindlichkeit ab 1997, einen dokumentarischen Kommentar oder wenigstens rhetorischen Schwung erstellen zu wollen werden immer wieder durchgreifende, ja zum Teil aufwühlende historische Vorfälle in die Handlung strukturiert. Erwähnungen der Übergabezeremonie, Vogelgrippe, des Millenniumwechsels, dem 9/11, dem SARS-Ausbruch durchziehen in einem fort die privaten Sorgen und Bekümmernisse auch der hiesigen Piefkes; wobei der "Fortune Market" aber schon als Bastion vor dem Übel der Welt da draußen herhalten kann und ein altersbedingter Wegzug einstiger Stammverkäufer viel schwerwiegenderes Leid heraufbeschwört. Sowieso wird die Einheit innerhalb der Gebäudemauer so emsig beschworen, dass die schon fast Patchwork-Familie zu nennende Gemeinschaft nicht nur zusammenarbeitet, sondern auch auf dem Häuserdach kollektiv feiert und quasi Tag und Nacht miteinander verbringt. Selbst dass neben Fishman auch der Fleischer Porky [ Huang Bo ] kurzzeitig Interesse an der neuen Verkäuferin zeigt und ihr Vater [ Stanley Fung ] wegen Spielsucht von dem Kredithai Uncle Right [ David Lo ] unter Druck gesetzt wird, kann nicht wirklich die Idylle ehrlich-solidarischer Arbeit trüben. Viel problematischer ist, dass Miu bald 30 wird und ihre Zukunft bis dahin gerne in geregelten Bahnen gelenkt und unter Dach und Fach haben möchte; ein Versauern im ewig selben Betrieb unter Seinesgleichen kommt dann doch nicht in Frage. Und so fleißig, wie sie ihr Geld zählt und hortet und Ausschau nach potenziellen Bonvivants hält, so schnurstracks verschwindet auch jegliches positives Gefühl aus der angepeilten heiter-tragischen Emotionsmär.

Denn obzwar die überzuckerte Symphonie von abwechselnd Aufbruch und Zweckpessimismus, von Freudentaumel und Stoßseufzer mit entsprechend kargem, Intimität vortäuschenden Bühnenbild und geperlten Fahrstuhl-Akkorden unterspielt wird, gelingt es Regisseur Law Wing-cheong abseits weniger, isolierter Einzelmomente nicht, eine instinktive Verbindung zum Zuschauer aufzubringen. Zum einen durch die arg ins Kraut schießende, Vieles versimplizierende Naivität, die nicht immer mit geschickten nostalgischen Spitzen übertüncht werden kann und Reformation, Modernisierung und Improvisation weitgehend ablehnt. Und zum Anderen durch Miu: Nicht nur auf dem ersten Blick alles, außer eben eine Sympathiekundgebung. Ein Manko, dass ausnahmsweise nicht automatisch auf das Skript zurückfällt, sondern sich Darstellerin Miriam Yeung speziell ans Holzfällerhemd heften muss.

Die Frau ist nämlich ein Etikettenschwindel, ein billige Kopie eines realen Menschen mit Herz, eine Reizfigur, der man die Andeutung eines Unhappy Ends durchaus gönnt. Yeung, die den vorherigen Publikumsmagneten Sammi Cheng abgelöst hat und spätestens ab Love Undercover [ 2002 ] zur Princess of the Box Office gekürt wurde, kann ihre geschriebene Rolle niemals zur fühlbaren Existenz erwecken. Mit dem eher herben, nicht wirklich schön zu nennenden Gesicht und der entsprechenden einfachen Arbeitskleidung kostümiert mag sie vielleicht auf Standbildern den Eindruck einer mit beiden Beinen im Leben stehenden Frau, der nichts geschenkt wird präsentieren. Im Zusammenspiel von Bewegung und Monolog / Dialog verflüchtigt sich das Engramm ab wieder und hinterlässt nur schalen, im besten Fall zwiespältigen Schein. Was im Drehbuch wohl möglich als ein bisschen stupsnasig-tapsig gedacht wurde, verkommt in der Ausführung zu einem absichtlich groben Klotz, die weder drollig noch putzig noch bodenständig, sondern vielmehr hölzern-taperig wirkt und Anflüge sanfter Ironie durch fehlenden Charme verwirkt.
Auch Eason Chan gibt den Troll vom Dienst, aber bei ihm wirkt es nach einigen Startschwierigkeiten wie hinein gewachsen, incl. der späteren Wandlung vom unkultivierten Banausen hin zum linkischen Freund und melancholischen Trauerflor, der trotz allen Widrigkeiten [ agitierender Dramaanstieg steil verstärkt nach oben ] nicht aufgibt und letztlich doch sein individuelles Glück findet.

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