Für jeden Menschen ist der Tod eine unangenehme Vorstellung, dem eigenen Ableben aber alleine entgegen zu sehen, ist eine Horrorvorstellung. Der schwer reiche Edward Cole (Jack Nicholson) führte ein Leben im Überfluss doch eine Familie hat er nicht gegründet. Er wird in eins seiner eigenen Krankenhäuser eingeliefert und um das Ansehen zu wahren bezieht er ein normales Doppelzimmer und liegt neben dem ebenfalls an Krebs erkrankten Automechaniker Carter Chambers (Morgan Freeman). Die beiden erfahren gemeinsam die Leiden der Behandlung doch in beiden Fällen geben die Ärzte letztlich nur noch höchstens ein Jahr. Gemeinsam machen sich die ungleichen Männer an die Abarbeitung einer persönlichen ‚Löffel-Liste’. Bevor sie den Löffel abgeben wollen sie zusammen nochmals Spaß haben und bereisen mit den finanziellen Möglichkeiten von Edward die Welt.
Jack Nicholson und Morgan Freeman gehören zur A-Riege der reifen Charakterdarsteller Hollywoods deren Charisma locker ausreicht um auch einen eher seichten Film zu tragen. Das sich die beiden alternden Stars in „The Bucket List“ dem unbequemen Thema des Sterbens widmen zeigt Mut und Größe. Die einfach gestrickte Story erinnert zum Beispiel an den deutschen Kassenschlager „Knockin’ on Heaven’s Door“ doch während sich dort Til Schweiger und Jan Josef Liefers durch ihre fast noch jugendliche Gesundheit einen gewissen Abstand nehmen konnten vom Schicksal ihrer Figuren, so stehen Nicholson und Freeman ihrem realen Ableben unweigerlich viel näher. Auch wenn beide noch vor Vitalität strotzen, so ist ein persönlicher Bezug zum Sujet unverkennbar vorhanden und diese Tatsache kommt der emotionalen Entwicklung des Films sehr zugute. Das ungleiche Duo harmoniert auf der Leinwand sofort, die Chemie stimmt einfach und glücklicherweise gestaltet Rob Reiner die beiden nicht als Variation des verrückten Paares Walter Matthau und Jack Lemmon, an deren gemeinsame Alterswerke der Film stellenweise dennoch positiv erinnert. Gegen diese wuchtige Präsenz zweier einnehmender Charaktermimen kommen die Nebendarsteller gemeinhin nur selten an, doch in „The Bucket List“ werden sie konsequenterweise auch deutlich darauf reduziert. Sean Hayes („Will & Grace“) und die nur wenig bekannte Beverly Todd hinterlassen aber trotz eingeschränkter Screentime einen positiven Eindruck, ersterer als zurückhaltend agierender Assistent von Nicholson, letztere als warmherzige, mitfühlende Frau von Morgan Freeman, die ihrem baldigen Witwenleben entgegen sieht.
Hollywoodfilme mit einem solchen Inhalt wie er „The Bucket List“ zugrunde liegt, laufen leicht Gefahr in klischeehafte Rührstücke abzudriften. Auch Rob Reiner hält sich formal an die gängigen Versatzstücke die man von einer solchen Tragikomödie zu erwarten hat, bleibt aber dabei inszenatorisch stilsicher. Von der ersten Minute an verpackt Reiner den Film atmosphärisch dicht und zeigt viel Gespür für die Situation seiner Protagonisten, gibt seine Figuren nie der Lächerlichkeit preis. In vielen einfühlsamen Details beschreibt der Film wie sich die beiden ungleichen Männer unterschiedlich auf den Tod einstellen, letztlich zu einer tiefen Freundschaft finden und mit einem guten Gewissen sterben können. Dabei ist Reiner sich nicht zu schade einen pathetischen Score zu verwenden und auch, nicht zuletzt durch die Zusammenführung von Nicholson und seiner Filmtochter, deftig auf die Tränendrüse zu drücken und das Ganze zu ummanteln mit einem leicht moralisierenden Off-Kommentar. Diese konventionelle Funktionsweise verzeiht man aber gerne angesichts der brillant aufspielenden Altstars und nicht zuletzt durch eine Tatsache: Im Angesicht des Todes darf man ruhig einmal kitschig werden, schließlich kulminiert der Film nicht in einem schwachen dramaturgischen Wendepunkt sondern läuft präzise und erbarmungslos auf das unausweichliche Finale zu. Bis dahin gibt es viele vergnügliche Stationen der Weltreise zu betrachten, die episodisch aneinander geheftet werden und den heiteren Mittelpunkt bilden zwischen den emotionalen Kurven der Handlung. So seicht die Grundidee auch erscheint, umso bewegender gestalten sich Szenen, in denen der grantige Nicholson hilflos den Qualen seiner Krankheit ausgesetzt ist oder der intensive Moment, als beide kurz hintereinander von der eigenen, hoffnungslosen Krankheitssituation erfahren.
Neben den leicht aufgeblähten Tönen von Reiners Stammkomponist Marc Shaiman („Hairspray“) sind die stimmig gewählten Songs klar auf der Habenseite zu verbuchen. Sympathisch, dass sich der Film nie zu weit aus dem Fenster lehnt und seine märchenhafte Geschichte eher symbolisch wirken lässt als sie dem Zuschauer als verfilmte Realität zu verkaufen. Mit biederen Tränendrückerdramen wie „Das Streben nach Glück“ hat „The Bucket List“ insgesamt also wenig zu tun, der humanistische Grundgedanke wirkt keinesfalls aufgesetzt. Im ersten Drittel überraschen die treffsicheren sozialkritischen Spitzen gegen das unmenschlich-kapitalistische Gesundheitssystem Amerikas. Diese Hiebe teilt der Film ohne Zynismus aus, präsentiert subtil das Bild eines überforderten Personals, welches gezwungenermaßen Prioritäten setzen muss unter den Patienten. Auch Nicholson wandelt sich nicht unrealistisch zum Gutmenschen sondern erfährt erstmals im Leben eine Situation totaler Hoffnungslosigkeit aus der er sich nicht mit Härte und Biss heraus kämpfen kann. Wenn er sich doch erweicht, oder besser gesagt seine Angst überwindet, und letztlich doch Trost sucht bei seiner einzigen Tochter, dann ist das keine überladene Präsentation amerikanischer Familienwerte.
Fazit: Rob Reiner kann es immer noch, nach einigen, eher durchschnittlichen, Filmen findet er fast zu alter Stärke zurück und inszeniert eine melancholische Tragikomödie, die in ihrer Intention voll ins Schwarze trifft: „The Bucket List“ wählt bewusst nicht den Weg einer innovativen Betrachtung des Sterbens, verfällt nicht in pseudomoralischen Kitsch mit vorgegaukelter Harmonie. Realismus ist anders aber das ist auch gut so.
7,5 / 10