Mit dem Sujet der Anamorphose hätte man einen so richtig fesselnd intelligenten Psycho-Thriller inszenieren können. Die Grundlage der optische Täuschung, etwa wie bei dem Gemälde „Die Gesandten“ von Hans Holbein ist simpel wie genial: Auf den ersten Blick sieht man zwei stattliche, fein gekleidete Herren, doch der Totenkopf wird erst aus einem ganz flachen Blickwinkel sichtbar.
Willem Dafoe verfolgt also einen Serienkiller, der sich beim Hinterlassen der Tatorte dieser Technik bedient, - jene bieten letztlich auch die einzigen Highlights des ansonsten schwach ausgearbeiteten Plots.
Das Drehbuch kann zu keinem der wesentlichen Handlungszutaten einen ordentlichen Bezug aufbauen. Da gab es bereits vor fünf Jahren einen Serienkiller, den man Onkel Eddie nannte, er wurde irgendwann erschossen. Nun ist wieder jemand auf Mördertour, offenbar ein Trittbrettfahrer, man sieht den Täter aber zu keiner Zeit beim Töten. Kein Motiv, kein Verdächtiger, nur schwummrige Theorie. Und stets mittendrin unser Willem als ermittelnder Cop Aubray, von dem man innerhalb der kompletten Zeit lediglich erfährt, dass er trinkt und den letzten Mord von damals bis heute nicht ganz verarbeitet hat.
Nach welchen Kriterien sich der Killer seine Opfer auswählt, aus welchen Beweggründen der überhaupt tötet, warum er Aubray im Verlauf immer mehr persönliche Hinweise zukommen lässt, - das alles bleibt weitestgehend unklar.
Er und sein jüngerer Kollege, deren distanziertes Verhältnis zueinander die komplette Stimmung des Geschehens widerspiegelt, begehen einen Tatort, und Aubray weiß erstaunlicherweise sogleich was zu tun ist. In einem Fall findet er einen Pinsel im Brustkorb einer Leiche, montiert ihn in eine Vorrichtung und malt über eine Apparatur eine geheime Botschaft: Entweder Aubray selbst ist der Killer oder das Drehbuch verpeilt es, solche Vorgänge glaubhaft zu veranschaulichen. Letzteres ist leider kein Einzelfall.
Auch Randfiguren, die im Verlauf eventuell tiefere Bedeutung erfahren könnten, werden ohne Zusammenhang ins Geschehen geworfen. Wer diese trockene Alkoholikerin ist, die Aubray zweimal trifft, wird zu keiner Zeit klar und auch der ketterauchende Kerl, von dem er seine ausgefallenen Möbel ersteigert, wird uns nie namentlich vorgestellt.
Stattdessen geschieht viel unnötigeres Drumherum, welches die Handlung nie vorantreibt und kaum Charaktertiefe der Figuren offenbart. Aubrey geht in die Bar, trifft einen Kollegen von damals, ordnet seinen Einkauf am Band vor der Kasse wie ein Autist an und erst nach 49 Minuten Laufzeit rennt Willem plötzlich einem Verdächtigen hinterher, - in Sachen Bewegung bietet das insgesamt den Höhepunkt, den Täter rückt es allerdings kein Stück näher ins Licht.
Einzig die Ausstattung der Tatorte bringt ein wenig ersehnte Düsterstimmung ins Spiel. Mal hängen da Leichenteile wie ein Mobile angeordnet von der Decke, dann ein Fund in einem großräumigen Atelier, aber auch Aubrays Wohnung ist nicht gerade ein Schauplatz der Lebensfreude ausstrahlt.
Willem Dafoe tut dies auch nicht, aber zumindest ordnet sich sein nuanciert glaubwürdiges Spiel einem Drehbuch unter, von dem er beim Durchlesen bestimmt dachte: Ja, nach „Body of Evidence“ mit Madonna endlich mal wieder im Mittelpunkt.
Flötepiepen, Willem!
Denn „Anamorph“ bietet lediglich ein dröges Aufklärungspuzzle mit fadem Showdown und einem Plot Twist, der früh erkannt werden kann.
In Sachen Ausstattung okay, auch mit solider Kamera arbeitend, doch die komplette Storyline verkommt zu einem Etwas aus fehlenden Fakten, schleppenden Momenten und nicht vorhandenem Tiefgang.
Gerade im Zusammenhang mit einem Serienkiller, der Tatorte mit versteckten Hinweisen ausstattet, ist das erschreckend fade ausgefallen.
Gerade noch
4 von 10