Der Tod ist nur der Anfang
Nachdem die berühmt-beliebt-berüchtigte Saw-Reihe bis auf ein paar kleine Fragezeichen nach Teil 3 eigentlich ein Ende hätte finden können, bin ich doch eher froh als enttäuscht, dass die Story weitergeführt wurde. Vieles wiederholt sich, verfranzt sich, wird überkompliziert & möchtegern-genial - aber Reinfälle sehen anders aus. Ich mag Teil 4 ziemlich. Fans der Serie freuen sich über weitere Fallen, neue (wenn auch an den Haaren herbeigezogenen) Knobeleien & die gewohnt industriell-kalte Atmosphäre, voller Metall & Blut.
In "Saw 4" ist Jigsaw endgültig tot, was eine beeindruckende Autopsie gleich zu Beginn heftig unterstreicht - aber das seine Spiele nun erst richtig angefangen haben & wahrscheinlich auch schon ein Nachfolger am Start ist, wird ebenso direkt auf den Tisch geknallt. Viele alte Bekannte, viele neue Haken, gewohnt harte Szenen (wenn auch weniger als im direkten Vorgänger) - Fans atmen auf, das hier ist noch nicht der Todesstoß für die Reihe. Wenn auch keine totale Frischzellenkur & der bis dato schwächste Ableger, der am unklarsten im Gedächtnis bleibt aber unumgänglich.
Das Bousman seinen Look gefunden hat & mit seinen grün-blau-braun Tönen die Reihe prägen sollte, sah man schon in Teil 3, wird hier meiner Meinung nach sogar noch perfektioniert. Der Stil ist rau, hässlich, schmutzig, genau so wie es sein soll bei einem Saw. Die Geschichte ist wie gesagt etwas überambitioniert & wirr, gerade für nicht Hardcore-Fans. Da merkt man die neuen Schreiberlinge, die Schleifen schlagen mussten, um ein Geschenk, dass schon längst verpackt war. Aber für Fans wie mich: sehr viel zum Nachdenken, ein paar Erklärungen & neue Fragen - langweilig wird es hier sicher nicht.
Die Quantität der Fallen übersteigt hier zwar eindeutig deren Qualität, aber Highlights wie das Eisblock-Finale, die Skalpiermaschine oder, besonders interessant, einige Rückblenden zu John Kramers Intentionen/Auslösern seiner perfiden Gedanken & Hasses auf die Menschheit, wissen zu unterhalten. Wer über die Jahre eine Beziehung zu den einzelnen Charaktern aufgebaut hat, hat es besonders gut bzw. leidet besonders gut mit. Denn egal ob Hauptdarsteller, großer Name oder möglicher Handlanger - sicher ist in der Saw-Reihe keiner, jeden kann es im nächsten Moment den Kopf wegfetzen, zerreißen oder zerquetschen.
Warum kommt "Saw 4" nicht ganz an seine Vorgänger heran? Abgesehen davon, dass man sich nach 4 Jahren/Filmen etwas an Niveau, Style & Überraschungen gewöhnt hat, Sättigung eintritt, fehlen mir sowohl Highlights als auch Identifikationsfiguren. Es gibt nette Menschen, Ermittler oder Opfer, wenn auch meist mit menschlichen Makeln, allerdings sind diese meist schneller Tod als man sie ins Herz geschlossen hat. Die überfordernde Story tut ihr Übriges, schafft zwar einige neue Baustellen für Fortsetzungen, reißt unnötigerweise aber auch ein paar alte Wunden wieder auf. Das erhöht sowohl Adrenalin als auch Tempo, leider aber auch die Hektik & Unübersichtlichkeit.
Ruhige, emotionale Momente sucht man vergebens oder sie verpuffen. Da bilden Jigsaws Rückblenden eine wohlige Ausnahme. Das Teil 4 nicht nochmal versucht den enorm harten Teil 3 zu toppen in Sachen Brutalität, ist verständlich & eine gute Entscheidung. Die einzelnen Darsteller bleiben leider meist blass, bis auf wenige Ausnahmen wie Hoffman oder Wahlberg. Aber kein Wunder, bei dieser Masse an Plots & Charaktern, bleibt nicht viel Zeit - seine zerfahrene Art, fast wie das Leichenfladdern zu Beginn, ist ganz klar der bitterste Nachgeschmack.
Fazit: Teil 4 schafft zugleich Brücke & Neuanfang viel besser als erwartet, ist mehr als nur ein Gorefestival. Fast schon zu komplizierte Story voller Wendungen & Parallelhandlungen, die nur eingefleischten Fans der Serie vollständig gefallen wird. Leichte Ermüdungserscheinungen, aber immer noch ein Fest für Fans.