Eines vorneweg: Ich habe das Original von 1997, dass derselbe Regisseur Michael Haneke damals in Österreich mit deutschen Schauspieleren drehte, nicht gesehen. Daher kann ich nur mit dem in die Berichterstattung treten, was ich bis dato sah und weiß ...
Story: Ein simpler Zeitvertreib - Man wählt zuerst eine Familie und dann das erste Opfer ... So lautet die Instruktion des Gesellschaftsspiels von Peter und Paul oder Tom und Jerry oder Beavis und Butthead ... viele Namen haben sie und gleichermaßen viele Ideen, wenn die beiden sichtlich gentilen Jungs Familien wie die Farbers in ihrem Ferienhaus besuchen und sich als Nachbarsfreunde ausgeben ...
"Wetten, dass ihr morgen um 09:00h alle tot seid?"
Ein verstörendes Gebräu aus Terror, Angst, Machtkampf und 'Spaß' trifft den Zuschauer genau da, wo er es am wenigsten erwartet. Die Schockmomente sitzen! Ich habe mich jedenfalls sehr amüsiert. Anfang und Ende waren hervorragend und schlossen einen soliden Kreis. Endlich mal wieder ein Film, dessen Stimmung mitreißt - Ob man will oder nicht. Man fühlt und fiebert mit. Die filmische Transgression schlägt enorme Wellen meist mitten ins Gesicht, drischt und peitscht und ist somit Terrortainment pur - Obschon auf eine andere Art und Weise wie HOSTEL oder HIGH TENSION, sprich: mit kümmerlichem Splatteranteil, dennoch reicht das was man zu sehen bekommt aus, um sich im transgressiven Rahmen zu bewegen. Schon zu Beginn, nach einem kurzen Auftakt deathmetalartiger Kompositionen, kommen einem die beiden Jungs und waschechten Psychopathen bizarr und fraglich vor. Doch ich glaube, den Ernst der Lage erfährt der Zuschauer erst, nachdem die Worte zur "Wette" fallen. Sodann bahnt sich ein verheerendes Spiel mit vollem Einsatz und unberechenbarem Ausgang an. 12 Stunden Familienterror en masse.
Haneke filmt Eins zu Eins neu - Selbe Handlung, andere Darsteller. So einfach geht’s ...
Keine Ahnung ob das österreichische Original auch so gut in seinem Ausdruck ist. Mir gefällt FUNNY GAMES U.S. - Ein dreckiges, subversives Stück Zelluloid. Psychotische Spiele sind der perpetuelle Baustein in diesem Film. Ob Hund, ob Kind - Hier werden wenig moralische Schranken eingehalten. Kein Happy End. Am Ende sterben alle Protagonisten außer den zwei Mördern und man lässt den Zuschauer mit vielen Gedanken in seinem Sessel zurück. Ein Segment, welches vielen negativ aufstoßen dürfte, ist wohl der Kindesmord. Ja, er ist schon ein wenig experimentierfreudig dieser Streifen. Die Szene mit dem Gewehr ist natürlich der Reißer schlechthin - Hoffnung pur! Aber dann kommt sie ... die vielfach diskutierte Sequenz mit der Fernbedienung. Dieser Film wäre scheiße, wenn alles nicht so wäre, wie es ist. Beißende Kritik schön verpackt, die flatuliert vehement in die Gesichter der Gesellschaft und Medienwelt. Irgendwann ab Minute 63 zieht es sich dann mal, obwohl man selber eben noch völlig angespannt war, kriegt man plötzlich diese unpassende Interruption zu spüren, die dem Gesamtbild des Filmes dann doch letztlich schadet. Ich konnte jedenfalls nicht in Ruhe dasitzen, abwarten und zusehen wie auf einmal ein Handy gefönt wird (?!) 21 Minuten lang passiert 'Nichts' - Mir brannte der Arsch im wahrsten Sinne des Wortes! Da half es auch nicht, die nackte Haut von Naomi Watts die ganze Zeit anzustieren ... Ist diese langatmige Sequenz auch so im Original enthalten? Wenn ja, dann wäre es das einzige Manko beider Streifen und FUNNY GAMES U.S. wäre mit Sicherheit ein hochkarätiger Film geworden, wären da nicht diese berüchtigten 21 Minuten. Trotz diesem Makel bleibt er ein destruktives und sozialkritisches Manifest von hohem Rang.
Die eurytope Meinung, dass subversive Streifen aufgrund ihres elegischen Charakters nur eine kurzlebige intentionelle Episode im Zuschauer erwecken, scheint mir ein krummbeiniges Argument zu sein, sich diese Art von Filmen nicht des Öfteren zu Gemüte zu führen. Klar sind sie nicht für zwischendurch geeignet, doch der Moment macht's möglich.