Von zwei Adoptivbrüdern und einem Geldzug…01.11.2008
Wesley Snipes darf ja auf eine ganz annehmbare Karriere zurückblicken, die durch seinen jüngsten Output und den Schwierigkeiten im korrekten Umgang mit der Steuer leider einen herben Knick erlitten hat. Blade 3 – und danach nur schweigen. Das ist schade, denn der Mime ist charismatisch, kann mehr als nur zwei Gesichtsausdrücke a la Seagal und verfügt zudem noch über ein beachtliches Repertoire an Kampfkünsten. Der Film hier nun stammt aus seinen guten Tagen, die zeitgleich mit der Blüte des Buddyfilms zu einigen wirklich feinen Filmen geführt haben. Sicher ist auch im Geldzug nicht alles Gold, was glänzt, wenn man mir den schlechten Spruch hier verzeihen möge, aber der Film hat fast alles, was die Actionfilme der früheren Neunziger Jahre ausgezeichnet hat.
Snipes und Harrelson sind das ungleiche Adoptivbruderpaar John und Charlie, und diese Prämisse hat sich sicher ein Kopf gefüllt mit Alkohol erdacht. Es war nicht genug, die beiden einfach nur gute Freunde sein zu lassen, denn wir wissen seit Beckenbauer: „gute Freunde kann niemand trennen“ – aber wer in Hollywood kennt schon den Kaiser? Eben…nun, die Jungs arbeiten als U-Bahn-Polizisten, genau, solche Leute hätte der ältere Herr in München an seiner Seite haben wollen, als zwei Halbwüchsige seinen Kopf für einen Fußball hielten. John ist besonnen, Charlie ein Heißsporn, dem Spiel verfallen…und als er einem Finsterling viel Geld schuldet, reift in ihm der Plan, den Geldzug zu überfallen, der Tag um Tag alle Einnahmen der U-Bahn in Sicherheit bringt. Klar, daß John seinen Bruder nicht im Stich lassen kann…und so ganz nebenbei sehen wir noch eine Liebesgeschichte mit der noch jungen Frau Lopez und einen kleinen Serienkillerableger, irgendwie muß die Laufzeit ja aufgeblasen werden.
Und das ist dann auch die Schwäche dieses ansonsten recht amüsanten und kurzweiligen Streifens, der vieles will, aber nicht alles richtig macht. Die Story rund um den Serienbrandstifter hätte man genau so wegkürzen können wie Frau Lopez, dazu noch einige längliche Dialoge, und zack, fertig wäre er gewesen, der gute Actionfilm. So aber zäht es sich hier und da, man wartet ungeduldig auf die nächste Actionsequenz, doch manchmal wartet man lange…vieles ist vom Reißbrett und folgt den Konventionen des Genres, doch die Actionszenen sind handgemacht, die Faustkämpfe ruppig, hier und da noch ein zündender Oneliner, dazu noch Frau Lopez nackt…ach, das waren halt noch Zeiten. So sieht man gerne über Schwächen hinweg, deckt milde Logiklöcher zu und freut sich an der letzten Viertelstunde, bei der allerhand zu Bruch geht und vorab auch ein wenig gefäustelt wird. Ja, das waren noch Zeiten, als Herr Snipes noch keine Probleme hatte…7/10.