"Subconscious Cruelty" ist ein bemerkenswerter Film, ein Film, der eben so ungewöhnlich in über sechs Jahren Drehzeit entstand wie sein Inhalt obskur ist, welcher formal aus fünf kurzen, scheinbar ohne in Zusammenhang stehenden Episoden besteht. Bei näherem Betrachten sprechen die Themen die gleiche Sprache, stilistisch zusammengehalten durch den bewussten Einsatz von Rot und Grün, stellvertretend für die beiden Gehirnhälften des Menschen. Die linke Hemisphäre, verantwortlich für Logik und Rationalität, gilt es zu Bekämpfen, um zu einem – nomen est omen – abgründigen, von Intuition gesteuerten Ergebnis zu gelangen, was dieser Film versucht. Teils surreal, hypnotisch und mit stilsicherer Atmosphäre schaffen es Regisseur Karim Hussain und Produzent Mitch Davis, düstere Visionen mit halluzinativen Bildern zu kombinieren, wie man sie selten zu Gesicht bekommt. Außergewöhnlich ist, dass dieser Low Budget Film sehr konkret wirkt, sicher kunstvoll metaphorisch, statt narrativ geradlinig, doch nie amateurhaft abschweifend. Die Geschichten, welche der Kanadier erzählt, sind die von Grausamkeit zwischen Menschen und so drücken selbst langsame Teile wie „Human Larvae“ die jugendliche Unzufriedenheit, einen rebellischen Zorn aus, der im expliziten Höhepunkt dessen gipfelt, was sich der morbide Hauptdarsteller als Krönung der zerstörerischen Abgründe erdenkt. Die Gewaltszenen sind dabei zwar außerordentlich grafisch, doch nie isoliert. Die Balance zwischen poetischen Bildern der Schönheit und Liebe, sowie Splatter und obszönem Sex gelingt faszinierend, trotzdem wird der Zuschauer kaum in Sicherheit gewogen, sondern taucht in die Tiefen der menschlichen Seele ein und bekommt einen atmosphärisch dichten, unbequemen Film zu sehen, der oftmals sehr persönlich wirkt. Düstere Fantasien scheinen Karim Hussain geradezu getrieben zu haben, genau wie ein Unmut über die glatte Filmwelt der frühen 90er Jahre, "Subconscious Cruelty" ist dagegen nicht meinungslos, sondern enthält neben dem gezeigten Horror jede Menge politische Statements in mehr oder weniger offener oder kryptischer Verpackung. Sicher ist es damit kein Film für die breite Masse, die sowohl über den Inhalt, als auch die Darstellungsweise mit all ihren respektlosen Szenen die Nase rümpfen würde, würden sie das je zu Gesicht bekommen. Allerdings ist „Subconscious Cruelty“ für ein anderes Publikum konzipiert, für Zuschauer, die bereit sind, sich auf Themen wie Geburt und Tod (als gleichzeitigen Akt!), Erschaffung und Vergänglichkeit des Lebens in progressiver Betrachtung zu nähern, Filmkunst als Bereicherung zwischen anderen morbiden Gedankenexperimenten irdischer Natur wie z. B. „Nekromantik“ oder „Aftermath“. Vom Individuum gelangt das sonderbare Drehbuchkonstrukt mehr und mehr zur Gruppe, beim heidnischen Geschlechtsakt mit der Natur, aus der Blut fließt, hin zur offenen Institutionskritik. Religion ist nicht nur in den Köpfen Opium für das Volk, sondern wird hier gleich buchstäblich als intravenöse Droge visualisiert. Der Leib Jesu Christi wird demselben von mit Blut besudelten, ekstatisch ihn zerstückelnden Frauen selbst verabreicht, dabei wählt Hussain eine andere, stets auf Ästhetik bedachte Bildsprache, statt mit der ungeschliffenen Rauheit eines Andrew Copp und seinem amateurhaften „Mutilation Man“ etwa. Stellenweise wirkt der Film selbst wie eine hypnotisierende Droge, zeigt rituell anmutende Szenarien, die mit dem sehr gelungenen Soundtrack von Teruhiko Suzuki und dem Sounddesign vom kanadischen Klangkünstler David Kristian keine Dialoge in manch wortlosen Passagen vermissen lassen. Lediglich aus dem Off gibt es dann einige erläuternde Sätze, der Rest bleibt dem aufmerksamen Betrachter überlassen. Der bekommt audiovisuell zweifellos jede Menge geboten, wenn er sich darauf einlässt.
Fazit: Grenzüberschreitendes Splatterdrama als Kunstexperiment. Kein eingängiger Konsumstreifen, sondern für offene Gemüter, die auch bei etwas mehr Kunstblut nicht abschalten. Klare Empfehlung auch für den nicht abgestumpften Horrorfilmfan, der es gern etwas anders als die meisten hat. 9/10 Punkten