Aufstieg eines Hooligans zum Mittelkriminellen…15.11.2008
Bitt, lieber Leser, verzeihen Sie diese Wortschöpfung, aber der in diesem Film beschriebene Werdegang führt eben nicht nur zum Kleinkriminellen, aber auch nicht zum richtigen Gangsterboß. Carlton Leach, um den es hier geht, bleibt ein besserer Handlanger, ein „Fußsoldat“, der sicher ein einträgliches illegales Geschäft betreibt, dabei aber schön der Mittelschicht verhaftet bleibt, samt Reihenhaus mit Frau und Kind. Nun basiert dieser Film ja wieder einmal auf wahren Begebenheiten, aber man hält sich nicht sklavisch daran, sondern springt in der Zeit hin und her, läßt Nebenfiguren zu Hauptfiguren werden – oder sterben – und benutzt die Lebensgeschichte des Carlton Leach als quasi roten Faden, der bis zu den berühmt-berüchtigten „Range Rover Murders“ führt. Danach endet die Geschichte mit den für dieses Untergenre üblichen Texttafeln…und ich habe innerhalb der letzten fünf Jahre nun 700 Filme gesehen und mit einer Kritik auf der ofdb verziert – man darf nicht daran denken, wieviel Lebenszeit man diesem Hobby gewidmet hat…aber immer noch besser als Hooligan sein.
Leach nun, zunächst einfach nur ein Hooligan wie viele andere Ende der Siebziger Jahre, hat irgendwann einmal das Prügeln und Verprügeltwerden satt, woran auch eine Axt im eigenen Kopf eine gewisse Teilschuld tragen mag. Er gründet seine eigene kleine Firma, die ICF, und verdingt sich zunächst als Türsteher, dann, seine ehemaligen Hooligankumpels rekrutierend, mehr und mehr als Subunternehmer für Gangstergeschäfte aller Art. Einschüchterung, Bedrohung, Schutz – was der gemeine Gangster so braucht, kann er bei Leach kaufen. Nach und nach steigt der Rüpel auf, selbst eine erste Scheidung kann ihn nicht stoppen, doch er lernt auch die falschen Leute kennen – zunächst türkische Heroinhändler, dann Pat und Tony, die zwar größere Nummern sind, indes an ihrer eigenen Sucht und Dummheit scheitern, woran, so die drei Version der Rover-Morde, auch ihre eigenen zügellose Brutalität eine Mitschuld tragen mag. Leach steigt noch rechtzeitig aus und lebt friedlich in England.
Warum viele Kritiker hier das Fehlen des Hooligantums bemängeln, ist mir nicht klar. Der Film heißt, was er ist: Aufstieg des Fußsoldaten. Und jeder Ganove hat einmal klein angefangen, manch einer ist klein geblieben oder gestorben, und da macht dieser Film auch keine Ausnahme. Er hat aber, anders als so mancher andere Gangsterfilm – hier, weil britisch, mal die „Krays“ zitiert – eine dreckige und realistische Art, die vor Gewalt nicht zurückschreckt. Sicher, es geht ein wenig turbulent und zum Teil auch unübersichtlich zu, doch dafür: Motörhead ! Über zwei Stunden folgen wir den nicht ganz unsympathischen Gangstern, die aber irgendwann die Kurve nicht mehr kriegen, insbesondere Pat zögert nicht, selbst einen Pizzabäcker zu drangsalieren, der nicht so spurt, wie man das tun sollte. Das ist natürlich teilweise ein bißchen arg derbe, aber Verbrechen ist nun mal kein Ponyhof. Hier und da aber ist der Film ein wenig zu lang, und daher gibt es Abzüge in der B-Note…doch dafür: nackte Frauen! Das geht so nur in England, also darf man den Film insgesamt als gelungen bezeichnen, und man sollte ihn sich auch, wenn möglich, im Original antun – wegen des Slangs zwar schwer zu verstehen, aber sehr bildreich bei den Verbalinjurien…8/10.