Frei gespielt: Mehmet Scholl – über das Spiel hinaus
Menschen in der Öffentlichkeit polarisieren meist, Fußballer ganz besonders und solche, die beim FC Bayern ihrem Beruf nachgehen wohl ganz extrem. Bei Mehmet Scholl verhielt es sich während und hoffentlich auch nach seiner Karriere anders.
Natürlich kenne auch ich nur den Mehmet Scholl, so wie sein Bild in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde. Der Strassenfußballer, der zum Bravo-Sport-Star hochgepusht wurde und aufgrund von Verletzungen nie an einer WM teilnehmen konnte. Das alles ist wohl auch richtig, aber steht nicht im Mittelpunkt des Filmes, sondern vielmehr wird hier neben dem sportlichen Aspekt der Mensch Mehmet Scholl vorgestellt, der sich angenehm von den üblichen Fußballerklischees abhebt. Eine reine Aufzählung seiner Erfolge oder Aneinanderreihung seiner Tore bleibt aus.
Scholl wird auch nicht von denen, die in dem Film zu Wort kommen, hochgejubelt bis zum Erbrechen. Zu Wort kommen ehemalige Mitspieler wie Fink und Kahn und Herr und Frau Hoeness. Dazu noch Menschen aus dem Bereich Musik (Mia (warum?) oder die Sportfreunde Stiller. Dazu noch eine Handvoll Comedians wie Harald Schmidt, Michael Mittermeier und Edmund Stoiber.
Vergleicht man den Film mit Filmen wie „Die Franz-Beckenbauer-Story“ wird der nüchterne Statistiker oder der Fußballliebhaber sicher etwas enttäuscht sein. Es werden nur wenige Spielszenen präsentiert. Wer so etwas sehen will, wird mit dem Film über „Zidane“ besser bedient. „Frei gespielt“ ähnelt eher dem Meisterwerk „Die Profis“, in dem die Kamera Paul Breitner und Uli Hoeness ein Jahr begleitet.
Ganz toll ist in diesem Film natürlich Mehmet Scholl selbst. Er kommt wirklich mit seinen – durchweg intelligenten oder lustigen – Aussagen sehr authentisch rüber. Hier wirkt nichts aufgesetzt oder extrem zurechtgelegt. Hier gibt es kein Nachtreten gegen Vogts, keine Abrechnung mit dem Manu-Kicker, der ihn fast zum Krüppel getreten hat. Vielmehr berichtet Scholl über seinen Werdegang beruflich wie privat und gibt Ausblicke auf seine Zukunft.
Gut gewählt ist auch die Rahmenhandlung, die sich mit seinem letzten Bundesligaspiel gegen Mainz beschäftigt. Nicht sein „Abschiedsspiel“ gegen den FC Barcelona, das überhaupt nicht zu ihm passte und ihm auch nicht gerecht wurde.
Fazit:
Toller Film über einen tollen Fußballer. Keine übertriebenen Lobhudeleien oder nerviges Jammern. Der Film hat kaum nennenswerte Schwächen; auch die Musikauswahl ist erträglich. Gerade für Bayern-Fans natürlich besonders interessant. Mann, da fällt mir ein: Bei mir müsste irgendwo noch das Flugblatt rumliegen, dass verteilt wurde, als Mehmet zu den Bayern wechselte: „Ich bleibe immer ein Karlsruher Bub!“. Naja, muss ja nicht immer alles stimmen.
9/10