Der kleine Videoladen an der Ecke des heruntergekommenen Viertels hat die Zeichen der Zeit lange verschlafen, die den Siegeszug der DVD brachte, aber er passt in eine Umgebung, die selbst hinter her hinkt und in der der Videorekorder immer noch zur Grundausstattung gehört. Besonders viele Menschen verirren sich trotzdem nicht in Elroy Fletchers (Danny Glover) Laden, weshalb dieser mit Unterstützung seines Ziehsohns Mike (Mos Def) eher ein betuliches Leben führt.
Regisseur Gondry entwirft hier ein Stadtviertel abseits der pulsierenden Kapitale, dass einerseits über die üblichen sozialen Strukturen aus unterschiedlicher Herkunft und Bildung verfügt, andererseits in einem funktionierenden Miteinander ohne großartige materielle Erwartung geeint ist. Die grösste Gefahr solcher "Biotope" lauert entsprechend durch den Kapitalismus, der an Fletchers Laden mit der Abrissbirne anklopft, da er an der Stelle des Altbaus ein neues Wohngebäude erstellen möchte. Wenn Fletcher nicht innerhalb einer bestimmten Frist das Gebäude nach aktuellen Vorschriften saniert, wird es abgerissen. Um das Geld durch eine Modernisierung seines Geschäftes aufzutreiben, verlässt Fletcher unter einem Vorwand den Ort, übergibt den Laden kurzfristig an Mike und die Ereignisse nehmen ihren Lauf...
Der Kampf Arm gegen Reich oder der "kleinen Leute" gegen die wirtschaftlichen Interessen Einzelner ? - Gondry entwirft hier ein bekanntes Szenario, aber er bringt keine Linie in seine Geschichte. Das beginnt mit der Figur Jerry, dem besten Freund von Mike, den Jack Black mit den üblichen Verrücktheiten spielt. So ist dieser nicht nur der bekannte sich selbst überschätzende Loser, der in einem Wohnwagen inmitten von Schrottteilen seiner Werkstatt wohnt, sondern auch völlig paranoid und ungehobelt. Während Blacks Rolle in "High Fidelity" den Charakter seiner Umgebung unterstützt, einwirft er hier eine Figur, die den Film in Richtung "abgedrehte Komödie" zwingt. Zwar wird damit begründet, warum plötzlich alle Videokassetten gelöscht sind, aber das hat eher den Charakter einer Superhelden-Parodie, in der der Held eine lebensgefährliche Situation überraschend überlebt und danach über Superkräfte verfügt.
Black bleibt allerdings kein Einzelfall innerhalb einer sonst stimmigen Inszenierung, sondern in dem Gondry immer wieder Realität und Irrealität mischt, behält sein Film lange Zeit einen unausgewogenen Charakter. So macht Fletcher als Ladenbesitzer einerseits einen in seiner Autorität und Ruhe kompetenten Eindruck, ist aber geradezu schwachsinnig im Aufspüren "neuer Tendenzen" im Video-Verleihgeschäft. Und wenn die Polizei zwar mit Härte droht, sich andererseits von einem "gemalten" Standbild übertölpeln lässt, dann überschreitet "Abgedreht" genau die Linie, die zwischen einem genau beobachteten Bruch, der in seiner Komik den Charakter einer Umgebung noch unterstützt, und verkrampftem "Anders-sein-wollen" liegt.
Erst durch das Hinzuziehen von Alma (Melonie Diaz) kommt neuer Schwung in das Geschehen, da ihr die Gratwanderung zwischen Schrägheit und natürlicher Liebenswürdigkeit problemlos glückt, und sie Jack Black etwas in der Hintergrund drückt. Zu diesem Zeitpunkt hat auch schon das Nachdrehen der auf den Videos gelöschten Filmen begonnen, für das Mike und Jerry eine weibliche Mitspielerin benötigen - eben Alma.
Die Idee mit der Handkamera Hollywood-Filme an einem Tag nachdrehen zu wollen und damit die Ausleiher bluffen zu wollen, gehört in ihrer schwachsinnigen Unmöglichkeit noch in das Repertoire des Anfangfilms, aber Gondry verlässt gleichzeitig mit dem "Drehbeginn" diesen Charakter und entwirft immer mehr ein stimmiges Bild vom Zusammenhalt der Kulturen. Das gelingt deshalb, weil der Anteil der Verrücktheiten auf ein witziges Normalmaß reduziert wird und plötzlich die Realität Einzug in das Geschehen erhält.
So fußen die Ideen, mit denen Mike und Jerry ihre Filme nachdrehen, auf originelle Umsetzungen des Machbaren, was sich vor allem beim Nachdrehen von "Ghost Buster" zeigt. Jeder bemerkt sofort die dilettantische Umsetzung, welche die Leute aber erst richtig begeistert. Und bald stehen die Copyright-Schützer auf der Matte, die sich diese "freien" Umsetzungen nicht gefallen lassen (großartig Sigourney Weaver als Anwältin). Hier erreicht der Film eine Kombination aus nachvollziehbarer Realität und angemessenem Irrsinn, die in einem typischen Wohlfühl-Film mündet, der den Zusammenhalt und die Lebensfreude der "kleinen Leute" zeigt, die auch am Rande des wirtschaftlichen Erfolges ihr Auskommen haben.
Das ist in der Grundanlage nicht besonders originell, weshalb Gondry vielleicht auf die Idee verfiel, "Abgedreht" mit so vielen zusätzlichen Mätzchen anzureichern. Erst nachdem er diese auf ein angemessenes Mass schrumpfen ließ, erhält sein Film die stimmige Note, die die eigentlichen Intention spürbar werden lässt. Und dazu noch eine Lässigkeit, die dem Film lange fehlte, und die seine abschließende Botschaft letztendlich zu einem angenehmen Filmvergnügen macht (6/10).