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Gegen Ende der 60er Jahre war auch der Meisterdetektiv Sherlock Holmes endlich reif für neue Betrachtungsweise, auch wenn Arthur Conan Doyles Figur durch seine Vorgaben relativ eingeschränkt war. Außerdem wollte man ja die Ikone nicht stürzen, sondern ihr neue Seiten abgewinnen.
Dem Archetyp des Detektivs von der humoristischen Seite näherte sich Billy Wilder, der ja bekannt dafür war, Drama und Komödie gleichermaßen händeln zu können.

Nun sollte man aber keinen Lachschlager erwarten, wenn man sich seinem Holmes-Film nähert, stattdessen ist es ein charmanter und leichter Film mit bisweilen romantischem Einschlag geworden, aber sicher nichts, worüber man laut lachen könnte.

Der Film beginnt mit der Öffnung einer Kiste aus dem Nachlaß Dr.Watsons, die all die markanten Dinge beinhaltet, die wir mit Holmes in Verbindung bringen, Kappe, Lupe, Kokainspritze, Handschellen etc, während die Vortitel laufen. Dabei ist ein Manuskript, das von Watson nie veröffentlicht wurde und einige Abenteuer enthält, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren. Aus diesen setzt sich dann der Film zusammen.

Es beginnt wirklich amüsant, denn Wilder setzt Holmes und Watson als Gegenentwurf zu den literarischen Homes und Watson. Tatsächlich schreibt Watson die Fälle für das „Strand Magazine“ auf und beschönigt und verfälscht aus dramaturgischen Gründen etwas. Tatsächlich ist sich Holmes seines miserablen Violinenspiels bewußt, er ist kleiner als geschildert, mag aber tatsächlich keine Frauen und bei der Stärke der Kokainlösung ist er sich nicht so ganz einig. Watson dagegen ist unverheiratet und erscheint als veritabler Frauenheld und Leichtfuß.

Der Film an sich ist dann nur eine Aneinanderreihung von Episoden, wobei die erste, in der Holmes ein Kind mit einer russischen (und häßlichen) Ballerina zeugen soll, die Lustigste ist, weil er sich mit dem Verweis auf Homosexualität aus der Affäre zieht, was baldigst Auswirkungen auch auf Watson hat.
Später geraten sie dann an einen Fall einer aus der Themse gefischten Frau, die zu ihnen wollte, eine Frau, für die Holmes dann erstmals irgendwann romantische Gefühle entwickeln soll. Sie sollen dabei die Abwesenheit eines Ingenieurs für Luftpumpen klären, der verschwunden ist und geraten in eine Spionageaffäre höchster Ordnung rund um ein experimentelles U-Boot, das als Ungeheuer von Loch Ness getarnt ist.

Der zweistündige Film ist dabei nicht immer locker und flott, sondern lahmt manchmal etwas, bleibt aber meistens charmant und scharfsinnig, leidet jedoch unter seiner edlen Aufmachung. Wilder schuf nämlich einen bezaubernden Ausstattungsfilm und kreierte die Epoche noch einmal neu, wobei er offensichtlich aus dem Vollen schöpfte. Perfekt ausgeleuchtet und in Szene gesetzt, merkt man dem Film die Liebe seiner Macher an, was aber nur bedingt ein Echo im behandelten Fall fand, denn der wird nicht selten genug zerredet und das auf Teufel komm raus.

Natürlich ist die Zwei-Stunden-Fassung ein Fragment, denn die Produktionsfirma MGM schnitt schon vor der Premiere mehr als eine halbe Stunde heraus, um den Film zu straffen. Dabei handelt es sich vor allem um begleitende Episoden wie z.B. ein Fall rund um ein Zimmer, in dem alle Möbel an die Decke genagelt sind und eine Episode auf einem Kreuzfahrtschiff sowie Jugenderinnerungen des Detektivs, die jedoch mit der Haupthandlung wenig zu tun haben.

Robert Stephens präsentiert hier einen selbstbewußten, wenn auch etwas überkandidelten Holmes, während Colin Blakely als Watson aus dem komödiantischen Vollen schöpft. Dagegen steht ausgerechnet Christopher Lee als Sherlocks Bruder Mycroft, der für die britische Regierung arbeitet, ein Präzisionswerk an Stil und Feinarbeit. Genevieve Page als Auftraggeberin ergänzt das Trio bisweilen wunderbar.

Wilder selbst ist hier nicht so omnipräsent vom Stil, bringt aber trotzdem eine schöne Regieleistung, die allerdings noch von Kamera und Ausstattung überboten wird. Stringent kann man den Film nicht nennen, der durchschnittliche Zuschauer wird sich vielleicht langweilen, für den Holmes-Aficionado ist der Film aber die schiere Pracht. (6/10)

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