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Aus Angst um das Wohl der Menschheit hat sich in der Zukunft die gesamte Welt auf einen Stopp der Robotikforschung geeinigt. Die gesamte Welt? Nein, ein kleiner Staat in Fernost (Japan) hat sich geweigert und isoliert sich fortan. Die einzige stattfindende Kommunikation mit der Außenwelt besteht aus Roboterexporten; ansonsten ist Japan uneinsehbar (auch für Satelliten). Nach einigen Zwischenfällen entschließt man sich jedoch, die Spezialeinheit S.W.O.R.D. nach Japan zu entsenden und die dortige Situation zu überprüfen. Von diesem Spezialkommando schafft es jedoch lediglich die Protagonistin Vexille, unversehrt einzudringen. Hier entdeckt sie Japans verabscheuungswürdiges Geheimnis...

Vexille ist ein 3D-Anime vom Schlage eines Appleseed, d.h. der gesamte Film ist eine einzige Computeranimation, die absichtlich derart verfremdet wurde, dass sie in Standbildern einem gewöhnlichen Anime ähnelt. Dies wird unter anderem durch nicht diffuse Schattierungen und hervorgehobene Konturen erreicht. Vexille zieht wie seinerzeit Appleseed Vorteile und Nachteile aus dieser Gestaltungsart. Vorteile sind wahrhaft spektakuläre Actionszenen, große Szenarien (z.B. Metropolen) und ausgefeilte Kamerafahrten, die in Standartanimes nur mit ungeheurem Aufwand erreicht würden. Nachteile auf der anderen Seite sind die allgemein sterile Art der visuellen Präsentation und die häufig fehlende Dynamik, was größtenteils an steifen Animationen und verschenktem Potential bei der Kameraführung liegt. Ein Beispiel hierfür ist eine Autofahrt am Anfang des Films; in dieser folgt jenes Auto einer perfekten Spur wie auf Schienen ohne jegliche Abweichung. Auch die Figuren profitieren nicht von der driiten Dimension. Während die Animationen der Hauptfiguren mehr oder weniger gelungen erscheinen, stört besonders die starre Mimik, welche die goldene Mitte zwischen Realismus und überspitztem Anime zu keiner Zeit findet. Zudem fehlen den Charakteren wichtige Details, wodurch sie austauschbar wirken. Insgesamt muss man aber zugeben, dass die Leute um Regisseur Fumihiko Sori eine gelunge optische Präsentation hinbekommen haben; spektakuläre Szenen sind zumindest in ausreichender Zahl vorhanden.

Inhaltlich wird eine recht frische Geschichte geboten, die zumindest ein, zwei Überraschung parat hält und nicht strikt linear ist. Es werden zudem menschenrechtliche und philosophische Aspekte angeschnitten, die den geneigten Zuschauer zum Mitdenken und Hinterfragen anregen. Dabei gibt sich der Film reichlich Mühe, jene Themen nicht allzu oberflächlich abzuhandeln, was aber nicht immer gelingt. Dazu sind viele Charaktere zu stereotyp bzw. flach. Gerade bei der finalen Actioneszene, in der einige Figuren ihr Leben lassen, kommt dieser Tadel zum Vorschein, da man niemanden nachtrauert. Die Dreiecksbeziehung zwischen Protagonistin Vexille, ihrem  Partner Leon und seiner alten, aber in Japan gefangenen Liebschaft Maria funktioniert auch nicht so recht. Denn Leon ist wie so viele andere Figuren austauschbar, sowohl inhaltlich als auch visuell undetailliert und größtenteils keine tragende Rolle spielend. In vielerlei Hinsicht wurde hier Potential verschenkt...

Die akustische Präsentation ist ähnlich zwiegespalten: Die eigentlich Effektvertonung und Geräuschkulisse ist gelungen (z.B. in der Anfangsszene, als die Miniroboter über den Holzboden laufen) und stimmig; auch die deutschen Synchronsprecher sind in Ordnung (wenn auch die Dialogzeilen jegliche Dynamik vermissen lassen). DIe musikalische Untermalung hingegen hätte nochmal gründlich überarbeitet werden müssen: Wie schon bei Appleseed verwundern unpassende Popmusikstücke (vgl. Introsong) an einigen Stellen, während bei anderen Sequenzen überhaupt keine Musik gespielt wird. Meiner Meinung nach nicht ganz so störend wie bei Appleseed, trotzdem aber der vielleicht größte Störfaktor dieses Films (kommt aber häufig nur unterbewusst zum tragen, wenn man sich nicht darauf konzentriert).

Bei all meiner Kritik war ich insgesamt aber doch zufrieden mit Vexille. Man sieht dem Film seine Ambitionen an und bekommt einige visuell äußerst ansprechende Szenen geboten. Die Geschichte ist zudem gut ausgearbeitet. Man kann dem Film ruhig eine Chance geben!  

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