Buchstaben? Sätze? Kapitel gar? Und dann auch noch gesammelt auf mehreren hundert Seiten? Igitt! Bücher sind Böhmische Dörfer für manch einen, der von vornherein lieber auf die Verfilmung wartet. Ganz anders hingegen klingt da schon das Credo des gemeinen Bücherwurms: Keine Verfilmung, egal wie gut sie ist, reicht je an die Größe seiner Romanvorlage heran.
In Charles Bands „The Creeps“ wird das mit der Größe wortwörtlich genommen, denn hier werden vier weltberühmte Figuren der klassischen Horrorliteratur – Frankenstein, der Wolfsmensch, die Mumie und Dracula – als kleinwüchsige Miniaturausgaben der gefürchteten Originale in die filmische Realität gesogen. Als wolle Band sich einen Scherz mit sich selbst erlauben und sagen: Wenn wir schon an den Klassikern scheitern, dann doch bitte mit reichlich Selbstironie. Wenn man es sich recht überlegt, ist das für eine mittellose Horrorkomödie vom Fließband eine ziemlich geschickte Strategie, wohnt ihr doch die durchaus faszinierende Grundidee inne, dass beim Vorgang des Kopierens, Übersetzens oder Adaptierens immer etwas verloren geht. Und sei es nur die Körpergröße.
Auf erstaunlich reflektierte Art spielt die Full-Moon-Produktion also zwei Medien gegeneinander aus, die zur Entstehungszeit im Jahr 1997 vielleicht noch etwas mehr auf Augenhöhe standen als heute. Fast die gesamte Handlung spielt sich entweder in einer Bibliothek ab, in einer Videothek oder im Labor eines wahnsinnigen Wissenschaftlers, welches man als eine Art Dimensionsportal zwischen dem gedruckten Wort und dem bewegten Bild betrachten könnte. Das Buch wird auf übertriebene Weise als heilige Kuh inszeniert und stets mit Samthandschuhen aus Metallschatullen gezogen; die Erstausgabe von „Frankenstein“ lässt einen Bibliotheksbesucher unter seiner Schutzmaske regelrecht hyperventilieren, während die Bibliothekarin in einer denkwürdigen Szene mit der Erstausgabe von „Jane Eyre“ sogar fast Sex hat. Auf der anderen Seite sehen wir eine schlampig geführte Videothek, in der Filme als Massenware an die Kundschaft ausgehändigt werden. Ein Kunde freut sich noch, dass „Der Pianist“ vergriffen ist und er ihn nicht seiner Ehefrau mitbringen muss; gerne nimmt er dafür einen stumpfsinnigen Actionfilm mit. Kunstverachtung vom Allerfeinsten. Der großmäulige Videothekenangestellte, obgleich großer Filmfan, hängt auch nicht gerade an seinem Erstjob: Denn im Hinterzimmer, da frönt er seiner wahren Leidenschaft, der Arbeit als Privatermittler.
Weil der naiven neuen Mitarbeiterin der Bibliothek zwischenzeitlich die kostbare Frankenstein-Ausgabe vor ihren Augen gestohlen wurde, kommt nun zusammen, was zusammen gehört: Die Naive und das Großmaul. Drehbuchautor Neal Marshall Stevens hängt dem klassischen Horror-Stoff also noch eine Note Detective Noir an. Warum nicht, denn sonderlich furchterregend ist die Posse um geschrumpfte Geschöpfe der Nacht mit Wachstumsambitionen ohnehin keine Sekunde.
Hochgradig albern dafür umso mehr. Vor allem zwischen der Hauptdarstellerin und ihrem redseligen Begleiter entwickelt sich ein flach gespieltes Tennis der dummen Kommentare. Rhonda Griffin spielt dabei mit einer Trockenheit, die fast schon den Verdacht aufkommen lässt, dass sie gar nicht schauspielert, sondern die unterforderte Schauspielerin darstellt, als die sie sich gerade fühlt. Ob ihre durchaus vorhandene Schlagfertigkeit sie in der Filmhandlung weiterbringt, scheint sie kaum zu interessieren. Justin Lauer begegnet ihr auf dem gleichen Niveau und strengt sich nicht sonderlich an, um die Bälle zurückzuspielen. Es entwickelt sich ein äußerst eigenartiger Humor, der von erstaunlicher Faulheit geprägt ist. Bill Moynihan als Mad Scientist und Kristin Norton als Kampflesbe fügen sich gleichermaßen in ihre Klischees und bestätigen zusätzlich den trockenen Klamauk, der hier als Comedy-Linie gefahren wird. In Ansätzen fühlt man sich dabei an „Kannibalinnen im Avocado-Dschungel des Todes“ erinnert, jedoch spielt Band nicht ganz so geschickt mit Vorurteilen und vermag auch nicht gleichermaßen unterhaltsame Comic Reliefs zu liefern. In Abwesenheit von solch schillernden Figuren wie „Bunny“ aus dem Avocado-Wald ist es eben etwas problematischer, die humoristische Wellenlänge des Films zu finden, wenngleich nicht unmöglich.
Dass sich auf der anderen Seite vier kleinwüchsige Darsteller in den Rollen der Monster finden, daran haben erwartungsgemäß bereits Kritiker Anstoß genommen. In gewisser Weise ist das schon nachvollziehbar. Abverlangt wird ihnen jedenfalls nicht allzu viel und ein Übermaß an Würde wird ihnen auch nicht eingeräumt. Jon Simanton („Der Turbo Power Rangers Film“, „King of Queens“) muss als Wolfsmensch (der eigentlich eher wie ein hässlicher Leprechaun aussieht) im Grunde wenig mehr tun als zähnefletschend auf die Kameralinse zu sabbern, um die 3D-Vermarktung des Films mit einem der wenigen Pop-Out-Effekte zu rechtfertigen. Thomas Wellington (Frankenstein) und Joe Smith (die Mumie), die nie etwas anderes gedreht haben als diesen Film, taumeln bloß mit ausgestreckten Armen durch die Gänge und sehen einfach niedlich aus. Dialogtext verlangt man keinem der Drei ab, wenn man vom Knurren und Stöhnen mal absieht. Dass die Degradierung zur grunzenden Kreatur allerdings nicht das Geringste mit der Körperstatur zu tun hat, sondern vielmehr mit den verkörperten Monstern, sieht man an Phil Fondacaro („Willow“, „Land of the Dead“). Dessen Dracula ist der Vorlage gemäß eine dominante, einnehmende Persönlichkeit, die schon bald alle Fäden in die Hand nimmt und sich zum Highlight entwickelt.
Der starken Grundprämisse und dem bunten Cast kann Charles Band mit seiner Regie allerdings keine ebenbürtig spannende Plattform bieten. Trotz der gut ausgewählten Sets mag einfach keine Atmosphäre aufkommen. Die im visuellen Bereich demonstrierte Einfallslosigkeit ist erdrückend, von Blut, Spannung oder hervorstechenden Spezialeffekten muss man gar nicht erst anfangen. Da hätte es sich doch besonders angeboten, die speziellen Eigenschaften der Mitläufer Frankenstein, Werwolf und Mumie noch weiter auszuarbeiten. „Demonic Toys“, der nach einer ähnlichen Formel funktioniert, hat das mit Roboter, Baby, Wer-Bär und Jack-in-the-Box ein wenig besser hinbekommen.
Die guten Ansätze bleiben damit in der Knospe verschlossen. „The Creeps“ lebt von seiner einfallsreichen Grundidee und von seinem eigenartigen Humor. In der Umsetzung dagegen hapert es an vielen Ecken und Enden. Eine schnell nachgereichte Fortsetzung wäre vielleicht gar keine so dumme Idee gewesen, hätte sich dadurch doch die Gelegenheit geboten, einige konzeptionelle Verbesserungen vorzunehmen, um das Potenzial besser auszureizen (oder anders ausgedrückt: Die Freaks von der Leine zu lassen). Da das aber nie geschehen ist, bleiben die Hosentaschenmonster ein unauffälliges Gewächs irgendwo im Schatten des Vollmonds.