Ja herrlich, Michael Moore bekommt Konkurrenz.
Peter Joseph heißt der Gute, und möchte mit seinem höchst provozierenden Werk „Zeitgeist“ die Menschen zum nachdenken bringen.
Oder in diesem Falle noch treffender Ausgedrückt: Er möchte den Leuten seine Meinung mit der Brechstange einprügeln!
Dieses Gefühl bekomme ich jedenfalls, wenn gleich zu Beginn der Sprecher uns gütmütiger weise mitteilt, dass er uns „einfach die Wahrheit sagen müsse“, als ob er der Einzige wäre, der erleuchtet ist, und nun auch uns die Augen öffnen möchte.
Denn wir alle sind blind und doof, und brauchen eben einen solchen Systemkritiker, der die Weisheit wohl mit dem Schöpflöffel gegessen zu haben schien.
3 große Themen-Komplexe prangert er innerhalb der nächsten 2 Stunden an, und nimmt dabei auch kein Blatt vor dem Mund.
Wie viel hier von konstruktiver Kritik gehalten wird, verdeutlicht sich in der Einleitung zum ersten, großen Hauptthema: Religion.
„Wenn es um Schwachsinn geht; richtig spitzenmäßigen, bundesligareifen Schwachsinn, dann kommt man nicht an Religion vorbei“.
Hier wird nicht das Bedürfnis der Menschen zu Glauben kritisch hinterfragt, sondern sich über die elementaren Grundgedanken der christlichen Religion lustig gemacht, und eine der größten Paradoxa, nämlich der Liebende Gott, der ewige Höllenqualen für Sünder anordert, bloßgestellt (btw eine kirchliche, keine biblische Lehre).
Danach geht es mit komplexen Beweisführungen und animierten Veranschaulichungen weiter, und hier beweist der Film, dass er eigentlich seine Zeit nicht wer ist.
Es werden einige mythologische Figuren, die alle vor der Zeit Jesu lebten, aufgezählt und mit deren „bekanntesten“ Eigenschaften aufgelistet, die sich allesamt auffällig mit denen von Christi persönlich decken.
Doch eine kurze Internetrecherche genügt, um festzustellen, dass weder Attis, noch Mithra oder sonst wer der genannten Mythen durch eine Jungfrau geboren wurde, und von Wiederauferstehungen und 12 Jüngern ist auch nirgends die Rede.
Mit aus der Luft gegriffenen Behauptungen, oder dreisten Unwahrheiten wird hier argumentiert, und das soll nun den Gläubigen zu denken geben.
Als dann noch unsinnige Schlüsse gezogen werden, die der Bibel einen astrologischen Charakter verleihen sollen, und Jesu Ära mit einem Sternzeichen (Fische) gleichgesetzt wird, bleibt da bei mir nur noch entsetztes Kopfschütteln.
Der komplette erste Teil von „Zeitgeist“ ist ein einziges Sammelsurium von Un- und Halbwahrheiten aus denen die hanebüchensten Theorien, hier als unwiderlegbare Fakten verkauft, gezogen werden.
Mit dieses Thema vorerst abgeschlossen wird dann zu einem weiteren, höchst umstrittenen Themenkomplex weitergeleitet; die 9/11 Verschwörungstheorie wird wieder aufgefahren.
Die Grundthesen dürften bekannt sein: Bush habe die ganze Sache selber geplant, die Türme seien zusätzlich gesprengt worden...
Die Tatsache, dass viele dieser Verschwörungstheorien mittlerweile auch widerlegt werden konnten, hat Peter Josph wohl dazu verleitet, solch fragwürdige Behauptungen aufzustellen wie von wegen Bush habe am Morgen der Anschläge mit Herrn Bin Laden gefrühstückt...
Na wenn diese Fakten genauso knallhart recherchiert wurden, wie die Jesus-gleichen Eigenschaften von Mitrha, Attis und co, dann gute Nacht.
Mit der Bush Regierung abgerechnet geht es auch schon zum letzten Teil von „Zeitgeist“, hier bekommt nun das amerikanische Banken-System ihr Fett weg, denn auch hier werden die Bürger um ihr Geld gebracht und geradewegs in den gesellschaftlichen Ruin getrieben.
Am Ende läuft das ganze auf ein Thema hinaus: „Lasst euch nicht von den Medien irre führen“
Damit wird mit anderen Worten die Autorität schlecht hin, nämlich das Fernsehen, hinter der die Regierung steckt zum Feind erklärt, was dem amerikanischen ( und eigentlich jedem Erdbewohner) einen guten Grund zu liefern scheint, sich nicht mehr politisch zu engagieren.
Im Prinzip sind das ja auch alles keine schlechten Gedanken, einige Ausschnitte aus diversen Interviews enthalten auch denkwürdige Kritik, nur leider ist das alles auch nicht neu und bahnbrechend.
Die Augen geöffnet hat mir der Film ganz bestimmt nicht.
Auch ohne dem Film bin ich mir über die missliche Lage auf der Welt bewusst, dass man dem Fernsehen nicht allzu sehr trauen darf weiß ich auch, und dass etwas geändert werden müsste ist auch klar.
Aber wenn versucht wird mit teilweise aus der Nase gezogenen Behauptungen die Leute geradezu zu belehren, anstatt mit seriöser Distanz kritisch zu hinterfragen, ist Peter Joseph am Ende nicht besser als die von ihm kritisierten Medien.
Für ihn mag diese Arroganz, die besonders im Religionsteil so provozierend dominiert, das richtige Mittel gewesen sein, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, doch wenn hier schlau daher geredet wird, und sich dahinter im Prinzip nicht mehr als ein persönliches, zusammen phantasiertes Weltbild von Herrn Joseph verbirgt, ist es einfach nur lächerlich.
Peter Joseph hat es sicherlich gut gemeint, lobenswerte Ansätze hat sein Werk auf jeden Fall, Vieles bekam auch meine Zustimmung, andererseits wird man hier auch teilweise dreist belogen, und das letztlich nur, weil Joseph uns seine Meinung einbläuen möchte, die er für die unanfechtbare Wahrheit hält...