"Der kleine König Macius" entstand nach dem 1923 veröffentlichen Kinderbuch "König Hänschen der Erste" des Pädagogen und Kinderbuchautors Janusz Korczak, der 1942 im KZ Treblinka von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Die Verbindung aus kindgerechter Sprache, einer spannend erzählten Geschichte und einer politisch ambitionierten Auseinandersetzung mit Kindererziehung, Krieg und Diktatur, kann als einmalig gelten, so dass eine Umsetzung als Animationsfilm keine leichte Aufgabe darstellte.
Der Film beginnt damit, dass der König stirbt und man muss den Machern zugestehen, dass ihnen das Gleichgewicht zwischen Trauer und einer nicht zu starken Dramatisierung des Todes von Macius' Vater gelingt. Dabei kommt ihnen auch die Umsetzung als Animationsfilm zugute, die auf eine konventionelle Optik mit eher verniedlichenden Elementen setzt. Hinzu kommt noch, dass die Figur des Kriegsministers, die gegen den kleinen König intrigiert, immer für Abwechslung sorgt und kurz nach des Königs Tod Macius' Lehrer Erasmus entführt.
Die daraus entstehende Verfolgungsjagd gehört zu den frühen Höhepunkten des Film, in deren Verlauf Macius mehrere Kinder kennenlernt, die ihn daraufhin als König unterstützen. Als erste Amtshandlung beschliesst er entsprechend, dass die Regierung des Landes von Kindern gebildet wird, die allgemein die Arbeit der Erwachsenen übernehmen sollen, während diese wieder die Schulbank drücken müssen. Diese frühe Storywendung ist eine wunderbare Umsetzung des Empörens, dass Janusz Korczak angesichts der völligen Rechtlosigkeit der Kinder Anfang des letzten Jahrhunderts befiel und es ist umso mehr zu bewundern, dass er eine solche Wendung keineswegs unkritisch betrachtete.
In solchen Momenten ist auch der Zeichentrickfilm am Stärksten, wenn er einerseits das Vergnügen der Kinder an ihren neuen Aufgaben zeigt, ein wenig Schadenfreude über das Verhalten der Erwachsenen verbreitet, aber auch das Scheitern der Kinder ohne Lächerlichmachung eingesteht. Schwieriger ist dagegen die Umsetzung der diktatorischen und hetzerischen Machenschaften des Kriegsministers, der für seine Pläne den dümmlichen Königsohn des Nachbarlandes gewinnt, der die Abwesenheit seines Vaters dazu nutzt, Macius' Land anzugreifen. Im Bemühen, solche Ereignisse kindgerecht zu servieren, wird schnell in die Trickkiste der Albernheit gegriffen.
Dabei entwickelt sich die Szenerie durchaus dramatisch, denn auch die Kinder des Parlamentes bemühen sich keineswegs um eine friedliche Lösung, sondern begeben sich sofort in den Kampf. Nur der kleine Macius mit seiner Freundin Hanna versucht den König des Nachbarlandes, der gemeinsam mit Erasmus im Urlaub weilt ,zu finden, aber der Kriegsminister will das verhindern....
Trotz dieser für Erwachsene offensichtlichen Anspielung auf Diktatur und Kriegshetze, bleibt der kindgerechte Charakter des Films immer erhalten, der zu recht ohne Altersbeschränkung in die Kinos kam. Immer wieder werden Storyelemente hinzugefügt, die nicht in Janusz Korczak Büchern vorhanden waren, wie etwa die Beschaffung der Tiere für den Zoo, die unsere Freunde zu der Insel der Menschenfresser führt, wo der Film zusätzlich noch für völkerverbindende Political Correctness sorgt, indem das kleine Eingeborenenmädchen Macius zurück begleitet.
Allerdings vermeidet "Der kleine König Macius" dabei jegliche Moralkeule oder gar erhobene Zeigefinger, so dass die Verurteilung von Diktatur und Unterdrückung bis zum Schluss subtil bleibt und den bösen Kriegsminister das selbe Schicksal ereilt wie die meisten "bösen Charaktere" in Zeichentrickfilmen - er wird lächerlich gemacht. Unterstützt wird das noch durch das Tempo des Films, der nur wenige Actionsequenzen aufweist und sich auch beim Slapstick zurückhält. Für Kinder ist das meist ruhige Tempo der richtige Gegensatz zu der teilweise dramatischen Handlung, für Erwachsene ist der kritische Ansatz zwar interessant, aber insgesamt bleibt "Der kleine König Macius" ein Film für Kinder (7/10).