Das taiwanesische Kino ist hierzulande nahezu unbekannt; auch wenn jetzt einige Cineasten mit Hinblick auf Ang Lee, Hou Hsiao-Hsien, Edward Yang oder Wang Xiaoshuai laut und vielleicht im kleinen Maße auch berechtigt "Einspruch" rufen. Dennoch kennt man abseits der anerkannten Filmgrössen so gut wie nichts aus der Insel vor dem chinesischen Festland; wenn die Werke vor allem Ende der 70er, Anfang der 80er eine weitere Verbreitung gefunden haben lag es zumeist am vereinnahmten Hong Kong - cast und den entsprechend ähnlich gehaltenen Kriegs-, Martial Arts- und Actionfilmen [ 18 Kämpfer aus Bronze, Crippled Masters - Killer ohne Hände, Drunken-Master schlägt wieder zu, Der Karatekämpfer aus Granit, Clash of the Professionals etc. ]. Eine Sitte des Ausweichens in die billige Produktionsstätte, dessen Tugend sich bis in die heutigen Tage fortsetzt und die meisten aktuelleren DTV - Werke kennzeichnet.
Vor allem die Kriegsfilme haben dabei durchaus profitiert, vielleicht nicht gerade im künstlerischen Anspruch, aber in der ausschweifenden Epik und den entsprechend aufwendigem Gardemaß; Werke wie Die Längste Brücke, Die Längste Nacht, Jagdgeschwader Kamikaze, Angriff auf Ken-Men, The Kinmen Bombs und Todeskommando am Gelben Fluß protzten mit weitläufigen Schlachtenszenen, langgezogener Statisterie und mutbeseelte, vielleicht auch etwas lebensmüde erscheinende Stuntperformance, die in ihrer Gesamtheit auch in hiesigen Gefilden ihre Anhängerschar fand. Obskuritäten im lokalen Videocenter, in kleiner Auflage in den hintersten Reihen versteckt und mittlerweile wegen ihrer Rarität zuweilen heissgesucht. Auch Yue Ham-Pings Can't Stop the War würde vom rein Optischen in dieses Schema der kämpferischen Extravaganza passen, geht vom schieren Inhalt her allerdings einen anderen Weg und präsentiert sich als klamaukreicher Nonsenseverschnitt. Wer bisher dachte, dass die heilige Einfalts-Trilogie um Fantasy Mission Force das höchste der Aberwitz-Gefühle war, kann hiernach seine Einstellung durchaus noch einmal überdenken:
15.08.1945.
Die Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg ist bereits im Gange; allerdings wissen das die Mannen in der Sperrzone noch nicht, weswegen sie in aller Unbedarftheit den 2nd Lieutenant Miyamoto Simpleton in einem Kamikazebomber in Richtung Feind losschicken. Simpleton, der als Freiwilliger aus Hawaii zur Armee kam, von dieser Todesmission wenig begeistert ist und entsprechend erst mit Sake zum Besteigen der fliegenden Schindmähre überredet wurde, verwechselt im Wirrwarr der militanten Auseinandersetzung Freund und Feind. Nach einem Abschuss in der inzwischen empfindlich dezimierten Einheit zurückgelangt, drängt es ihn zusammen mit Cesspool Kozido [ Suen Yuet ] zurück in die Heimat. Beide desertieren, schlagen sich den Weg durch einen kannibalisierenden Eingeborenenstamm [ angeführt von Blacky Ko ] frei und gelangen schliesslich im Lager der Chinesen. Die prompt einen Überraschungsangriff auf den Gegner planen, sich aber letztlich in einem abrupt auftauchenden Mädchenkloster voller freizügiger Jungfrauen wiederfinden.
Welcher Ton in der Atmosphäre angeschlagen ist und dass es sich trotz aller Detonationen, Schiessereien und Verfolgungsjagden beileibe nicht um eine ernstzunehmend intendierte Absicht handelt, merkt man bereits im Vorspann. Dort wendet man sich direkt an die Zuschauer, weist bei dem Appell eines japanischen Hitlerbärtchens [ Cameos von Eric Tsang, Karl Maka und Dean Shek ] vorsorglich daraufhin, dass wegen erleichterndem Verständnis hierbei alle Nationen entgegengesetzt ihrer Herkunft chinesisch kommunizieren und lässt kurz darauf in einer slapstickreichen Einstellung das Hauptquartier vom Erdboden verpuffen.
Filmemacher Yue schreibt und inszeniert eine Art cartoonhaften Comedy War, ohne Takt für Schicklichkeit und Anstand. Eine kafkaeskes oder doch eher pythoneskes Durcheinander anarchistischer Gesinnung. Sichtlich stolz auf seine Absurdität und Regellosigkeit veranstaltet man ein Charivari wie bei Kirmes, incl. horrender Akrobatik, Sing- und Tanzeinlagen.
Ein Unsittengemälde mit gewaltigen Theaterdonner, explosivem Feuerzauber, im Minutentakt hochschiessenden Rauchsäulen, Trachtenschmuck, Phantasie-Uniformen und anderem Zirkusspaß, dass den klassischen Schwertrottel-Humor zelebriert und mit running gags und der hard punch-line als Abschluss kredenzt.
Gesetzt in einem Zwischenreich im Niemandsland von Wald und Wiese; als einziges zivilisatorisches Merkmal drei notdürftig errichte Holzlager, die alle naselang zerstört und prompt wieder errichtet werden. Eine schlüssige Handlung ist eigentlich Fehlanzeige; ein Merkmal, dass bereits nach guten 20min auffällig wird, etwaiges Interesse schnell auf den nächsten Dummfug, die weitere Actionszene lenkt und frei von Dogmen auch keine entsprechend dramaturgisch-stabilisierende Kräftigung vorweisen kann.
Als übergeordnetes und die einzelnen Abschnitte vereinheitlichendes Thema könnte man sicherlich die Tatsache der absoluten Sinnlosigkeit von Krieg und Gewalt als Lösung jeglicher Konflikte einsetzen, allerdings liegt weder eine augenfällig verdeutliche Aussage vor noch ist ein Hintersinn der Karikaturen zu bemerken. Politische Motivation oder andere Widerständigkeit und Subversivität: Nichts dergleichen.
Die fortwährenden und deswegen auch pausenlos und unaufhörlich anmutenden Konfrontationen zwischen Chinesen, Japanern und den Ureinwohnern [ ?! ] werden einzig durch eine künstlich-phrasenhafte Verbindung zusammengehalten: Can't Stop the War als das Leitmotiv. Mangel an Respekt, Achtung und Dialogfähigkeit als die aufdringlichen Kennzeichen. Dabei weist man einige Überschneidungen zu Jaroslav Haseks "Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk" oder auch Joseph Hellers "Catch 22" auf, ergeht sich in einer grundsätzlich törichten Logik, fusioniert normalerweise unvereinbare Gegensätze, bezieht die Überraschung aus diesen unterlaufenen Erwartungen und kollektiviert das in einem bunten Personenpanoptikum aus Aggressoren, kauzigen Neurotikern, stocksteifen Bürokraten und naiven bis bauernschlauen Landpomeranzen. Auch die Aneinanderreihung der Episoden inmitten einer grotesken Lächerlichkeit, Widernatürlichkeit und Deplaziertheit, in der sämtliche Normen der bürgerlichen Lebenswelt ad absurdum geführt sind, ist evident.
Allerdings stellt man sich bar tieferer Einsicht und mangels sozial-, kriegs- oder gesellschaftskritischer Botschaften eher als schelmische Lausbubengeschichte dar; nicht glorifizierend, aber verharmlosend in derbkomischer Farce und ohne Ansätze eines verstörenden Eindrucks. Kaum Tote, mal stirbt Jemand als Joke durch unfreiwilliges Harakiri. Manchmal platzt nur die Kleidung vom Leib, so dass die Soldaten zum Gelächter aller nackt durchs Feld laufen. Einer der Infanteristen schrumpft sogar durch einen Granateinschlag; als sich Dampf und Rauch verzogen hat, ist er plötzlich auf Zwergengrösse verkleinert. Das ganze Spektakel zusätzlich als Dauerbeschuss mit massig Erregung, Eruption und Entladung.
Bereits die ersten Minuten lässt Gebäude zerbirsten, verteilt Bombenaufprall und Sprengschläge quer über die Landschaft, steigert sich mit rigoros-ungezügelten Motorradstunts, Panzerangriffen, Einlagen mit Flammenwerfern und Tieffliegerattacken in einen ewigwährenden gleißend hellen Kerosinball. Nicht einmal wirklich monströs oder krampfhaft wuchtig inszeniert und durch comicartigen Schabernack auch immer als Ulk verkauft, aber durch die blosse Vehemenz und die enorme Quantität dennoch weitaus genug Druck und Heftigkeit versprühend.
Windtalkers als Burleske. Militärherrschaft, Säbelrasselei, Waffengewalt als die propagierte Weltanschauung, die jegliche emotionale Nähe zum einzelnen Charakter in einem sketchreich-surrealen Chaos verliert und statt satirischer Schärfe vielmehr die chaosartige Demontage von Sinn und Verstand und die blanke materielle Zerstörungswut feiert.