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Nach seinem Erfolg „Pulp Fiction“ nahm Tarantino erstmal drei Jahre Auszeit, ehe er seinen nächsten Film „Jackie Brown“ hinterherschickte. Eine Enttäuschung ist wohl auch aus diesem Grunde nicht herausgekommen, doch perfekt ist das Ergebnis nicht.
Ordell Robbie (Samuel L. Jackson) ist Waffenhändler in L.A. Das mag man ihm nicht ansehen, denn sein Hauptwohnsitz ist ein simples Strandhaus, in dem er mit Melanie (Bridget Fonda), einer seiner Freundinnen, sowie seinem gerade aus dem Knast freigekommenen Kumpel Louis Gara (Robert De Niro) herumhängt. Das gibt auch Raum für die vielleicht beste Szene des Films: Ordell und Louis glotzen „Chicks who love guns“, ein Werbevideo, in dem Bikinimädchen mit allerlei Schießprügeln rumholzen, was Ordell mit diversen coolen Sprüchen kommentiert („Every nigger wanted to have a .45, two of them, cause every nigger wanted to be The Killer“ oder „When you absolutely positively have to kill every motherfucker in the room, you need an AK-47.“).
Titelfigur Jackie Brown (Pam Grier) ist Stewardess, verdient sich jedoch ein Zubrot, indem sie Geld für Ordell schmuggelt. Doch die Cops nehmen sie hoch und will, dass sie ihnen Ordell ausliefert. Da Ordell jedoch unliebsame Zeugen gerne beseitigt, ersinnt Jackie einen ganz eigenen Plan…

Tarantinos erste drei Filme zeichnen sich dadurch aus, dass die Plots relativ banal und dialogdominiert sind. „Jackie Brown“ ist zwar an sich etwas komplexer als „Reservoir Dogs“ und „Pulp Fiction“, wird jedoch im Gegensatz zu denen chronologisch erzählt, was die beiden ja wieder spannend machte. So bleibt eine Krimikomödie, in der mal wieder jeder jeden betrügen will, bei der sich die Wendungen jedoch nicht überschlagen. Doch dank der Plottwists ist „Jackie Brown“ immer noch relativ spannend und kann auch gelegentlich überraschen, wenngleich der Wiedersehwert nicht so hoch ist wie bei anderen Tarantino-Filmen.
Leider zieht sich „Jackie Brown“ stellenweise etwas, oft lassen die Wendungen etwas auf sich warten. Leider kann Tarantino diese Längen nicht immer mit kultigen Dialogen füllen, denn die schienen nach seinen ersten beiden Filmen etwas aufgebraucht zu sein (man siehe „Kill Bill Vol. 1“, der eher durch Action und Erzählweise überzeugte, und „Kill Bill Vol. 2“, dessen Dialoge ja auch kaum überzeugten). Abgesehen von Ordells Dauergelaber, das meist recht witzig ist, fehlt es einfach an wirklich treffenden Gesprächen, wenngleich „Jackie Brown“ im O-Ton etwas pointierter als in der deutschen Synchro daherkommt. Anspielungen auf die Popkultur gibt es relativ wenige, meist auf der Soundtrackebene, dessen Titel immer die Handlung kommentieren (der größte Verweis ist sicher der Filmtitel, der auf Pam Griers Rolle als „Foxy Brown“ anspielt).

Dabei zeigt „Jackie Brown“ einige gute Ansätze, z.B. die dreifach gefilmte Geldübergabe, welche hier Tarantinos einziges Spiel mit Erzählkonventionen darstellt, oder die sich andeutende Liebesgeschichte zwischen Jackie und Max Cherry (Robert Foster), der für Ordell die Kautionen überbringt. Leider nimmt Tarantino diesen Handlungsfaden etwas lieblos immer wieder auf, um ihn dann zwischendurch immer wieder fallen zu lassen und ihn zum Schluss dann nicht wirklich zu Ende zu erzählen.
Was „Jackie Brown“ dann noch rettet, das ist die Spielfreude der Darsteller. Pam Grier erweist sich als in Würde gealtert, wenngleich vor „Jackie Brown“ in der Versenkung verschwunden, und gleiches gilt für Robert Foster. Samuel J. Jackson quatscht mit viel Hingabe daher und Robert De Niro beweist Selbstironie, indem er nach zig eloquenten Gangstern mal den total tumben Knacki gibt. Bridget Fonda ist OK, aber unterfordert, Michael Keaton ist in seiner Rolle fast so gut wie in „Out of Sight“, wo er erneut als Ray Nicolette auftrat. Tom ’Tiny’ Lister Jr. und Chris Tucker hingegen dürfen in ihren Minirollen kaum etwas von ihrem Können zeugen. Tarantino spielt zwar nicht mit, muss seine eigene Eitelkeit leider auch etwas einbringen, denn wie man von vielen Fotos weiß, krönen vorwiegend Kangool-Kappen sein Haupt. Aber das ist wirklich keine Rechtfertigung, warum Grier gelegentlich und Jackson andauernd Kopfbedeckungen dieser Marke tragen müssen und das Logo immer überdeutlich zu sehen ist.

So retten dann vor allem die Darsteller und diverse coole Einfälle den Film, der leider seine Längen hat und dessen Drehbuch es etwas an Finesse mangelt.

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