„Resident Evil" war anno 2002 für mich ganz klar ein Versagen auf ganzer Linie. Regie, Kamera, Setdesign, Schauspiel, Musik, in Deutschland die Synchronarbeit: Der erste Film ist eine kombinierte Vollkatastrophe, die mich als Spieler der ersten beiden Teile auf der Playstation als auch als Fan von den damals noch wenigen Zombiefilmen auf vollkommen falscher Ebene entsetzt hat. Mein ganz subjektiver Eindruck damals und heute war und ist, dass der Film ganz objektiv betrachtet Mist ist.
Demnach habe ich bis auf zufällige Hintergrundberieselungen bei Freunden einen weiten Bogen um das Franchise gemacht. Da ich aber durch zuletzt „Razorback" und vor allem „Silent Trigger" neugierig auf Regisseur Malcahy wurde, mir aber gerade wenig der Sinn nach „Highlander" steht, gab ich „Resident Evil - Extinction" eine Chance, zumal die Handschrift des Regisseurs zu erkennen sein sollte.
Zunächst muss ich festhalten, dass durch das veränderte Setting und die schönen Außenaufnahmen der Wüstenlandschaft, gerne auch mit Helikopter, die optische Qualität zum ersten Teil, der wohl in irgendwelchen freien Kellerräumen der Constantin mit digitalen Videokameras gedreht wurde, deutlich gesteigert werden konnte.
Davon muss der Film dann aber auch Leben, denn in vielen Szenen kann er auf der Bildebene nur wenig überzeugen, wenngleich man eine lebendigere Welt geschaffen hat, als in Teil 1. Das größte Problem sind letztlich die Actionszenen, in denen Mulcahy anscheinend versucht, minderwertige Effekte durch hektisches Schneiden zu kaschieren. Ich war vor dem Film erstaunt von dem großen Budget von angeblich 45 Millionen Dollar. Nach dem Film bin ich es noch mehr. Besonders wenn man diesen Film mit Neil Marshalls "Doomsday" von 2008 vergleicht, der für ein Drittel weniger an Geld 500% mehr Endzeit, Action und Schmiss bietet und dabei die ganze Zeit deutlich hochwertiger aussieht.
Die Kulissen für den Bunker in "Resident Evil. Extinction" sind beispielsweise bestes B-C-Niveau, die Hundekampfszene zu Beginn hat ihre liebe Mühe, die schwammigen Gummitiere bedrohlich und dynamisch wirken zu lassen und die CGI-Krähen können ihre Herkunft ebenso wenig leugnen wie der Endgegner in Form eines gummierten Übermonsters. Der Film sieht aus, als habe er die Hälfte gekostet. Aber wofür die 45 Millionen ausgegeben wurden (Werbung? Milla Jovovich? Sand?), weiß ich ja auch nicht genau.
Zumindest nicht für das Drehbuch, denn das ist auch nur grob zusammengeschustert und hangelt sich von einem vermeintlichen Schauwert zum nächsten. Die einzelnen Szenen sind dann teils auch dilettantisch geschrieben, wenn beispielsweise die hinterhältige Familie zu Beginn des Films selbst nochmal erklärt, wie ihre Tricks funktionieren und dies auch selbst kommentiert. Fies, näh?
Genauso macht man es nicht, wenn man weiß, wie das Medium Film funktioniert. Außer man hält sein Publikum für minderbemittelt. Mmh. Dann glaubt es ja vielleicht auch, dass ein Virus, das aus Menschen Zombies macht, auch Wälder, Seen und ganze Kontinente austrocknet.
Kleiner Hinweis an dieser Stelle: Wenn man auf Teufel komm raus ein eindzeitmäßiges Wüstenszenario haben möchte und dafür bereits im Prolog alle Vernunft über Bord wirft, sollte dies eventuell eine Rolle für die Handlung spielen. Nur mal so als Idee. Wasserknappheit. Oder das lebensbedrohliche Fehlen anderer Ressourcen. Meinetwegen auch Öl.
Die Highlightszenen sind neben dem Kampf gegen die Geleehunde eine Zombieattacke, eine Krähenattacke auf den Convoy, eine weitere Zombieattacke und der Endkampf. Keine der Szenen ist wirklich gelungen oder spannend, zumal wir uns an niemandem festhalten können.
Die Figuren sind wie erwartet plakativ bis zum Abwinken, was ja für einen solchen Film nicht unbedingt fatal sein muss. Blöd ist nur, dass die Schauspieler einfach schlecht gecastet wurden, so dass man keine Bindung zu ihnen aufbauen könnte, geschweige denn ihnen irgendeine menschliche Regung abnehmen würde. Kein Mitglied der Darstellerriege kann hier zu irgendeinem Zeitpunkt einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Nicht ein einziges. Die Spannbreite geht hier von „Habe ich nicht wahrgenommen" bis zu „Geht mir auf die Nerven", wobei zur Verteidigung des Films gesagt werden muss, dass die meisten Figuren in die erste Kategorie gehören.
Wenn aber Claire Redfield sich hier wie die harte Kampfsau gibt, geht das beispielsweise vollkommen nach hinten los. Für einen Werbespot hätte es gereicht. Für einen ganzen Film nicht.
Gut aussehen tun die Figuren selbstverständlich irgendwie alle und die Haare sind frisch frisiert, die Zähne frisch gebleicht und die Augenbrauen fein nachgezogen. Ich habe jetzt keine Angst mehr vor der Klimakatastrophe. Alle bleiben fxxxbar.
Zudem haben die Maske und die Kostümbildner die Darsteller immer in saubere Kostüme stecken wollen und alle Klamotten an jedem einzelnen Drehtag wohl nochmal durch die Maschine und den Trockner gejagt, um dann alles feinsäuberlich aufzubügeln. Das war es dann auch mit der Endzeitatmo. Und wieso alle Zombies in Las Vegas gleich gekleidet sind, war mir beim Ansehen auch irgendwie entgangen.
Fazit
„Resident Evil - Extinction" ist, wie erwartet, kein guter Kinofilm (Kinocharts Platz 1 in den USA!), und noch nicht einmal ein guter Direct-To-Video-Film, denn ohne Drama, ohne sympathische Figuren und ohne klar erzählte und gut gemachte Action gibt es eben auch keine Spannung. Aus dem gar nicht mal so kleinen Budget holt Russel Mulcahy also ein abgenudeltes B-Movie heraus, das niemand gesehen haben muss. Was man dem Film zugutehalten muss, sind seine gelungenen Außenszenen, die teils so etwas wie Atmosphäre erzeugen können. Schade, dass der Rest nicht passt, denn mit dem Geld und dem Setting wäre eigentlich ein kurzweiliger Zombie-Mad-Max-Mix möglich gewesen. Aber Casting, Drehbuch, Schnitt. Maske, Musik und leider wohl auch die Regie sind leider allesamt ziemliche Ausfälle. No grit, no fun.
Der Witz: Damit ist dies eventuell der beste Teil der Reihe. Besser als der Vollschrott von 2002 ist er auf jeden Fall, aber das gilt auch für eine halbleere Packung Cervelatwurst auf dem Grund des Kühlschranks, von der man nicht mehr weiß, wer sie wann dort hingelegt hat. Man macht besser einen Bogen.
Und jetzt bin ich mal gespannt, welche Corona-Mutante demnächst die Ostsee austrocknet.