"Resident Evil" ist unübertroffener Spitzenreiter im Horrorgenre. Eine erstklassige Story, zweckmäßige Optik und eine wahnsinnige, nahezu einzigartige Atmosphäre definieren den ersten Teil der Reihe, welcher 1996 den Weg auf den heimischen Fernseher fand. Natürlich kann hier nur vom grandiosen Videospiel die Rede sein, denn mit den Filmen zerstörte man fast alle Besonderheiten des Spielerlebnisses.
Zumindest war dies bislang in zwei Verfilmungen so, mit welchen Erwartungen geht man nun also in den "Resident Evil: Extinction"? Millashow!
Der T-Virus hat die Erde mittlerweile in ein riesiges Ödland verwandelt und das menschliche Leben nahezu vollständig ausgelöscht. Während viele Untote über die Einöden wandeln und wenige Menschen einen aussichtslosen Überlebenskampf führen, hat die Umbrella Corporation anscheinend Pläne rund um das Alice-Projekt.
Die Geschichte wird angenehmerweise relativ rasant erzählt und ähnelt in der Inszenierung stark an den direkten Vorgänger "Resident Evil: Apocalypse", wenn Charaktere abwechselnd eingeführt werden und der Schauplatz hin- und herwechselt.
Einblicke in die Forschung im Hive, der Überlebenskampf einiger bekannter und unbekannter Personen in einem Konvoi und schließlich die Wüstentour Alices' (Milla Jovovich) halten sich die Waage, bis sich die Fraktionen irgendwann unmittelbar begegnen und Letztere ihren Rachefeldzug startet.
Obwohl die Parallelen im Aufbau zum zweiten Teil unverkennbar sind, könnten die Filme kaum verschiedener sein. "Resident Evil: Extinction" ist keine stupide Aneinanderreihung von Actionsequenzen mehr, sondern ein atmosphärisch sehr gelungener Horrorfilm, der die Balance zwischen perfekt platzierten Actionszenen und nicht langweiligen Ruhephasen findet.
Um dies zu erreichen wurden viele Schritte in die richtige Richtung getätigt.
Erstmal gibt man der Filmreihe seine Ernsthaftigkeit zurück. Nein, es ist keine reine MiIllashow mehr. Charaktere sind keine stupiden Tötungsmaschinen mehr, sie denken und fühlen. Alice ist bei weitem nicht der erwartete Übermensch, nein auch sie denkt und fühlt. L.J. (Mike Epps) reduziert dämliche Witze auf ein Minimum, Jill Valentine wurde gestrichen, Claire Redfield (Ali Larter) gibt eine sinnvolle Importfigur ab.
Als nächstes gibt die gesamte Szenerie rund um den Konvoi so einiges her. Frauen und Kinder sind zwar gefundenes Fressen, aber für des Zuschauers Gemüt keineswegs egal. Wann auch immer die Gruppe auf der Suche nach Treibstoff oder Überlebenden ist, wird es zwar selten spektakulär, aber es bleibt immer spannend. Die Reisenden unter der Führung Claires sind eindeutig Sympathieträger und dadurch essenziell für die gute Atmosphäre verantwortlich.
Und schließlich noch sehr markant, der Wechsel auf dem Regiestuhl.
Die Inszenierung des neuen Regisseurs Russell Mulcahy (Highlander) stimmt hier nämlich von oben bis unten, da passt fast alles zusammen. Insbesondere die eindrucksvollen Actionpassagen erstrahlen unter neuer Verantwortung zu ganz neuem Glanz. Zwar wird hier nicht mehr eine Sequenz nach der anderen abgespult, dafür aber bleibt der Zuschauer auch von den überreizenden Schnitten des Vorgängers verschont. Stattdessen wird jeder Schuss, jeder Genickbruch und insbesondere auch jeder Messerhieb nachvollziehbar in Szene gesetzt. Und das nahezu ohne störende Stilmitel. Manchmal ist weniger eben doch mehr und im Endeffekt dürfte der Bodycount von "Resident Evil: Extinction" sogar wesentlich höher liegen als der des Vorgängers.
Auf jeden Fall ist der Gewaltgrad höher. Alice und co. schießen Löcher in jedes erdenkliche Körperteil, brechen Genicke, schlitzen Kehlen auf und überrollen Zombies mit ihren Vehikeln. Auf der Gegenseite dürfen untote Hunde ihren Hunger stillen, Zombies beißen, Krähen reißen und der Tyrant allerhand unschöne Dinge mit seinen Tentakeln anstellen. Das Blut spritzt und die Kamera versteckt nichts. Für eine näher an dem Spiel angesiedelte Verfilmung mag das in diesem Ausmaß nicht zwingend notwendig sein, für einen actionorientierten Horrorfilm aber, ist die Darstellung durchaus angemessen.
Die Maske fällt dabei ausgesprochen gut aus, eine Weiterentwicklung, oder viel mehr Distanzierung von den Vorgängern ist unverkennbar. Die Zombies wurden von weiß angepinselten Statisten zu verrottenden Untoten. Wunden verstecken sich nicht länger in rasenden Schnitten, und auch der neue Oberbösewicht, der Tyrant, sieht nicht mehr ganz so schlimm aus wie einst Nemesis. Am längsten in der Maske musste aber vermutlich Milla Jovovich verbringen, um ihr makelloses Gesicht zu pudern.
Abgesehen von unverkennbaren körperlichen Vorzügen gibt Jovovich hier schauspielerisch eindeutig die beste Alice ab. Die Entwicklung vom rasenden Berserker wider Willen (Teil 2) zur fühlenden Amazone ist zwar chronologisch nicht nachvollziehbar, für den Film aber eine absolute Bereicherung. Die obligatorische Nacktszene darf natürlich nicht fehlen, aber daran sollte man Jovovich hier wirklich nicht messen.
Bis auf Ali Larter als Claire Redfield sind weitere Darsteller absolut solide, wirklich nervende Charaktere gibt es hier nicht. Larter jedenfalls gefiel mir ausgesprochen gut. Sie gibt eine starke Anführerin ab, die zwar weiß was sie will, aber nicht wie sie es erreichen kann. Außerdem steht ihr die Sonnenbrille ausgesprochen gut.
Jetzt blos keinen Vergleich zu Claire aus der Videospielreihe ziehen. Der Filmcharakter ist nichts anderes als die Adaption des Namens, genau wie es bereits bei Valentine und Olivera der Fall war. Mit Wesker aber hat es nun tatsächlich eine nahezu unverfälschte Figur auf die Großleinwand geschafft. Als Vorstand Umbrellas wird er nur sitzend und mit Sonnenbrille gezeigt. Ein Mysterium wie im Spiel. Ich hätte mir allerdings in diesem Fall eine Einstellung von hinten über seine Schulter gewünscht, das wäre wirklich ein grandioser Einstand gewesen.
Desweiteren feiern die nervigen Krähen ihr Leinwanddebüt, die im Spiel glücklicherweise nie so zahlreich auftraten. Die Szene jedenfalls ist sehr eindrucksvoll, genau wie der Auftritt des wohl bekanntesten Endgegners der Resident Evil Geschichte: Tyrant. Das Monster ist wirklich spektakulär, insbesondere Kenner des Spiels werden an dem hohen Wiedererkennungswert ihre Freude haben.
Ansonsten hat der Zuschauer nicht zwingend am Wiedererkennungswert Freude, aber immerhin an einem tollen Horrorfilm mit wohl platzierter, grandioser Action.
Eine waschechte Resident Evil Verfilmung darf man auch hier nicht erwarten, aber das sollte eigentlich jedem klar sein. Die wird es auch vermutlich nie geben, zumindest nicht mit Milla Jovovich und ihrem unerschöpflichen Waffenarsenal.
Nach dem (aufgrund zu hoher Erwartungen) schwachen "Resident Evil" und dem überdrehten Actionoverkill "Resident Evil: Apocalypse" ist "Extinction" nun der für mich beste Film der Reihe. Es ist zwar defintiv kein Resident Evil aber es ist ein ausgesprochen guter "Alice im Zombieland".
Es sei noch einmal ganz großes Lob an den neuen Regisseur Mulcahy ausgesprochen. Das Ende des Filmes in der Forschungsanlage "Hive" ist der beste Import aus dem Videospiel. Die gesamte Szenerie ist nahezu perfekt nachempfunden und die Atmosphäre erreicht hier tatsächlich ein Niveau welches ich mir von Resident Evil verspreche. Wenn Alice einen dunklen Raum betritt, Stromkabel funkend von der Decke hängen, umgeworfene Regale und Labortische sich häufen und die Kamera am anderen Ende des Raumes an der Decke hängt und sich eine kurze Zeit nicht bewegt, dann ist das der absolut schönste Moment für alle Fans des Spiels.