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Muss ein Horrorfilm unbedingt blutig sein um seinen Schrecken verbreiten zu können?

  Angesichts moderner Gedärmsudler á la Saw, Hostel – der üblichen, oft zitierten Verdächtigen – könnte man fast den Eindruck bekommen. Aber seien wir ehrlich. Ist Saw wirklich ein Horrorfilm? Macht uns Hostel wirklich Angst?  Als Vielseher des Genres wage ich zu behaupten: Nein! Hier wird kein Gefühl des Schreckens vermittelt, sondern reiner Ekel. Der abgestumpfte Filmfan weidet sich in den zugegebenermaßen gut gemachten Schmoddereffekten, Angst oder Schrecken, ja wenigstens Atmosphäre verbreiten sie kaum. 


Ich weiß, die Empfindungen sind subjektiv, aber es geht natürlich auch anders. Ich jedenfalls empfand Ajas ersten großen Film „High Tension“ extrem spannend. Es mag am Sounddesign gelegen haben, an der tollen Kamera, an der nihilistischen Story (den Twist mal beiseite gelassen), ähnliches Unbehagen empfand ich bei der ersten Hälfte von „Martyrs“. Und auch der von „Blair-Witch“ inspirierte spanische Film „Rec“ konnte mich überzeugen. Auch „Inside“, der jedoch gen Ende immer lauer wurde. Somit hätte ich einen Teil der Filme abgearbeitet, die trotz Blutgehalt durchaus Grauen hervorrufen konnten, zumindest bei mir. 

Nun schickt sich also „The Strangers“ an Terrorkino ohne eben diese hämoglobinhaltigen Sauereien zu erschaffen – und schafft es innerhalb der ersten fünf Minuten alles was eventuell im späteren Verlauf des Films an Atmosphäre aufgebaut hätte werden können mit einem großen Schlag zu vernichten. 

Based on true events“ Na klar, und Leatherface gibt´s wirklich. Die unsinnigste Erfindung der jüngeren Kinozeit sind diese vier Worte. Es gibt einen Grund warum vor Hitchcocks Meisterwerk „Psycho“ eben diese Worte nicht auftauchten. Ed Gein war die Basis, ja. Aber auch für die „Chainsaw Massacres“ und wahrscheinlich unzählige weitere Horrorfilme. Wenn man nur lange genug in den Zeitungsarchiven dieser Welt sucht wird man für alles einen „wahren“ Hintergrund finden. Bei Strangers dachte ich jedoch zu allererst an Sharon Tate und ihre etwas unglückliche Begegnung mit der Manson-Family. Ist das ein Grund, dem Zuschauer auf die Nase zu binden, wie das Ganze ausgehen wird? „True Events“ enden seltenst gut. Zumindest in diesem Genre. Aber nein, vielleicht könnte ja der ein oder andere auf die Idee kommen, das Pärchen das im Verlauf des Films von einem ominösen Dreiergespann terrorisiert wird könnte es doch schaffen. Rache nehmen, die Polizei rufen, im Gericht siegen und glücklich bis ans Ende aller Tage leben. 

Dachte sich wohl auch der Regisseur. Denn es folgt die zweite Texttafel: „Das Verbrechen wurde niemals vollständig aufgeklärt.“ Upps, das war´s dann wohl. Obwohl, ich bin ja als Zuschauer ein wenig blöd, weil guck ja immer nur fern und les allenthalben mal die BILD um mich über die Wirtschaftslage der Welt zu informieren (nur ein Beispiel, natürlich möchte ich auch wissen, warum sich Sandy (22) so gerne vor der Kamera entblößt). Dachte sich der Regisseur schon wieder was und serviert uns noch eine Prolog, in zwei kleine bibeltreue Christenkinder in das Haus kommen, die Leichen finden und – um keinerlei Erklärungsbedarf zu lassen – auch noch im Off mit der Polizei telefonieren. 

Versteht mich bitte nicht falsch. Ein Film kann auch funktionieren wenn man das Ende kennt. Wenn man weiß niemand wird da heil raus kommen. Doch dann muss der Rest passen. Und der ist bei „The Strangers“ einfach weder Fisch noch Fleisch sondern Tofu (bitte fühlt euch nicht auf den Schlips getreten, liebe Vegetarier, Tofu ist natürlich ein grandioser Ersatz für einen Schweinebraten *hust*).  
Einer scheinbar unendlich langen Exposition der beiden Hauptcharaktäre, die an ein elegisches Drama erinnert folgen typisch(s)te Schockmomente aus der Drehbuchschule für Anfänger. Auch hier muss ich betonen, ich habe überhaupt nichts gegen ruhig aufbauende Spannung und prinzipiell mag ich es auch wenn ein Film mal die andere Richtung einschlägt, aber das hier ist zu gewollt. Man merkt ganz genau, der Regisseur will Suspense auf die Leinwand bringen. Doch er verrät seine Intention selbst. Warum enthält er dem Zuschauer die wenigen Möglichkeiten einer Goreszene vor, wenn er kurz darauf immer wieder auf ein blutig-zermatschtes (klingt härter als es aussieht) Gesicht des Opfers äugt? Warum versucht er aus dem engen Korsett des Horrorfilmklischees auszubrechen, wenn er im nächsten Moment die ausgelutschtesten Szenen der letzten 30 Jahre Filmgeschichte wiederholt? Exemplarisch hierfür sei die letzte Szene vor Abspann genannt – auch hier wird angekündigt was passiert und dann auf Teufel komm raus versucht zu schocken – und funktionieren tut´s erwartungsgemäß kein Stück.  

Die innere Logik wird im Minutentakt auf den Kopf gestellt: Da befinden sich die „Seltsamen“ mal im Haus, dann wieder draußen, keiner weiß wie sie das schaffen, denn im nächsten Moment brauchen sie ein Axt um das Haus zu erstürmen. Ja, ich weiß, es geht ihnen ja auch darum die beiden erstmal zu erschrecken und Panik zu verbreiten, aber sind die etwa durch den Kamin geschlüft? 
Stichwort Schauspieler. Sowohl Liv Tyler als auch Scott Speedman agieren passend zum Drehbuch blass, sehr viel mehr schauspielerische Leistung gibt´s nicht zu verzeichnen. 

Fazit: Es gibt Filme die schockieren, trotz mangelnder mittel, oder eben weil sie komplett gegen die Erwartungshaltung des Zuschauers arbeiten. Es gibt Filme wie „Das Fest“ oder „Dead End“ die trotz fehlenden Blutes und gerade wegen der Limitierung des Schauplatzes fesseln. „The Strangers“ gehört nicht dazu. Vorhersehbare Schreckmomente, blasse Schauspieler, konventionelle Kamera und unterdurchschnittliches Sounddesign. Vielleicht hätte der Regisseur sich seinen Hitchcock etwas genauer ansehen sollen. Wer gerne einen Terrorfilm mit Jugendlichen ansehen will, dem empfehle ich „Eden Lake“, der trotz seiner Mängel bestens funktioniert. 

Achja, und die FSK 18 ist natürlich mal wieder nicht nachzuvollziehen. Da wirkte sogar der von mir nicht sonderlich geschätzte „Funny Games“ um einiges härter, nihilistischer und gegen den Strich gebürstet.

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