Review

kurz angerissen*

Dass ein guter Halloween-Episodenfilm neben gutem Handwerk auch ein magisches Händchen benötigt, hat vor drei Jahren erst wieder „Tales Of Halloween“ bewiesen. Der wies von alldem nämlich nicht allzu viel vor. Die Vormachtstellung von „Trick 'r Treat“ aus dem Jahr 2007 blieb ganz und gar unangetastet. Das hat seinen Grund:

  • viele Köche verderben den Brei. Während bei „Tales Of Halloween“ 11 Regisseure und 14 Drehbuchautoren mehr oder weniger ihr eigenes Süppchen kochten und mit ihren Resultaten trotzdem einen geschlossenen Film vorlegen mussten, zeichnet Michael Dougherty für Drehbuch und Regie ganz alleine verantwortlich. Er muss bei der Verknüpfung der Einzelteile keine fremden Fäden aufnehmen, sondern kann von der Konzeptphase an ganz genau Handlungsablauf und audiovisuelle Gestaltung selbst bestimmen. Durch eine glückliche Fügung der Umstände erweist sich der „X-Men 2“-Autor als äußerst geschickter Strippenzieher. Arge Qualitätsschwankungen zwischen den einzelnen Episoden muss man nicht erwarten, woraus alleine schon ein deutlich angenehmeres Seherlebnis resultiert.
  • Die Pointe ist der beste Freund des Erzählers. Kurzfilme, insbesondere jene rund um Feiertage, neigen zu finalen Plottwists, die den zuvor gepflegten Spannungsaufbau legitimieren sollen. Diese sind in der Regel geprägt durch einfache moralische Implikationen, die sich von jenen aus Kindermärchen kaum abheben, auch weil oft keine Zeit bleibt, um komplexere Auflösungen anzubieten. Gerade wenn die Zielgruppe im Bereich Horror gesucht wird, kann das zu Diskrepanzen zwischen härteren grafischen Darstellungen und einem eher kindgerechten Erzählstil führen. In „Trick 'r Treat“ muten zwar einige Auflösungen auf den ersten Blick ähnlich simpel an, verbergen aber auf den zweiten Blick morbide Abgründe, die spürbar die Substanz erhöhen, einhergehend mit einer Verdichtung der Atmosphäre. Dabei bleiben die einzelnen Erzählungen trotzdem sehr eigenständig, werden sorgfältig aufbereitet und von überzeugenden Darstellern in originellen Kostümen getragen (alleine diese Disney-Kostüme der Mädchengruppe... mit Blick auf das Thema der Episode keine zufällige Wahl).
  • Ein guter Knoten ist die halbe Miete. Nicht jedes einzelne Story-Detail mag sich absolut passgenau in den Episoden-Komplex integrieren, insgesamt überzeugen die Übergänge von einer Episode zur nächsten aber mit organischen Verflechtungen und wirklich raffiniert gesetzten Querbezügen, die von begleitenden Konstanten (etwa dem kleinen Kürbiskopf namens „Sam“) zusätzlich verdichtet werden. Das dadurch erzeugte Echtzeit-Erlebnis verstärkt das Gefühl, man kämpfe sich hier durch eine einzige Nacht, in der sich auf engem Raum viele kleine Geschichten ereignen.
  • Lebe den Feiertag. Dougherty vermittelt den Eindruck, echte Freude daran empfunden zu haben, eine Welt aus Kürbisköpfen, Bettlaken und rot-goldenem Blattwerk entworfen zu haben, ebenso wie er Jahre später mit „Krampus“ die eigentümliche Weihnachtsstimmung treffen würde. „Trick 'r Treat“ ist in Sachen Farben, Ausleuchtung und Setdesign konkurrenzlos herbstlich, romantisch-düster und vermeidet doch über weite Strecken den typischen Deko-Kitsch, für den gerade Halloween nur allzu empfänglich ist.

An diesen Qualitäten hat sich binnen zehn Jahren nichts geändert. Wie hoch das einzustufen ist, zeigt sich schon daran, dass es in dieser langen Zeit niemandem gelungen ist, an Doughertys Flickwerk vorbeizuziehen und ihm das Zepter zu entreißen. Vielleicht gelingt es Dougherty ja demnächst selbst mit „Trick 'r Treat 2“...
(7.5/10)

*weitere Informationen: siehe Profil

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