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Als „The Point Men“ erschien, hatte sich Christopher Lamberts Karriere schon in Richtung Videomarkt verabschiedet, aber immerhin der Regisseur ließ aufhorchen: Niemand anders als John Glen, verantwortlich für insgesamt fünf Bond-Filme, war hier am Drücker.
Das merkt man „The Point Men” freilich nur bedingt an, denn der Look eines günstig außerhalb der USA heruntergekurbelten B-Actioners haftet ihm durchweg an. Allerdings weiß Glen durch seine Bond-Erfahrung auch, dass man am besten beginnt, indem man den Helden in Aktion zeigt. In diesem Falle handelt es sich dabei um Tony Eckhardt (Christopher Lambert), ein Agent wie Bond, allerdings weniger glamourös. Denn Tony leitet eine Einheit von Geheimdienstkillern des Mossad, die mit Staatsfeinden Israels kurzen Prozess macht. Ein solcher steht auch in der Eingangssequenz auf der Abschussliste, doch ein Kollege erschießt den Falschen, während einige gedungene Mörder Tony und sein Team erledigen wollen, am Ende allerdings selbst die Grasnarbe von unten begucken.
Da es sich Sachen Fehlerkultur anscheinend nicht gut um Tonys Vorgesetzte steht, wird das Team aufgelöst, er an den Schreibtisch verbannt und die Losung ausgegeben, dass es sich bei dem Getöteten um den gesuchten Terroristen Amar Kamil (Vincent Regan) handelt, auch wenn Tony Gegenteiliges behauptet. Damit hat er natürlich vollkommen recht, denn Amar weilt tatsächlich noch unter den Lebenden und nutzt analog zu Schurken aus Filmen wie „Passagier 57“ oder „Face/Off“ die Möglichkeiten einer Gesichts-OP, um in der Zukunft unerkannt arbeiten zu können. Der behandelte Arzt nebst Schwester muss als Mitwisser dran glauben, ehe sich Amar nun Tonys Team einen nach dem anderen vorknöpft.

Als es das zweite Teammitglied in Folge erwischt, will Tony nicht an Zufall glauben, während seine Vorgesetzten analog zum Cop-Actionfilm in den Dämlicher-Chef-Modus schalten und seine Überlegungen zu Hirngespinsten erklären. Also müssten Tony und seine Teamkameraden auf eigene Faust nach Amar fahnden, ehe sie alle ermordet werden…
„The Point Men“ basiert auf einem Roman von Steven Hartov, der die Drehbücher zu B-Actionfilmen wie „Rache – Söldner des Todes“ oder „Mars – The Dark Secret“ verfasste. Seinen Roman brachte aber nicht er selbst in Scriptform, sondern Ripley Highsmith. An wem es allerdings letztendlich auch lag: Sonderlich dolle ist die Handlung von „The Point Men“ nicht. Da kommen Tony und Co. erst relativ spät auf den Trichter, dass Amar sie umbringen will, weil sie auf der Jagd nach ihm bereits große Teile seiner Familie ausgelöscht haben. Zudem sind die Ermittlungen der Protagonisten nicht der Rede wert, weshalb der Mittelteil größtenteils daraus besteht, dass sich Amar einem Opfer nach dem anderen nähert, teilweise sogar mit Freundschaftsdiensten oder Flirtangeboten, dieses dann kaltmacht, ehe Tony dann nur noch die Leichen aufsammeln darf. Immerhin: Das präsentiert „The Point Men“ mit einem gesunden Maß Härte und Kaltschnäuzigkeit, sodass ein wenig Spannung aufkommt, wenn mal wieder ein Mossad-Agent oder eine Mossad-Agentin in Gefahr gerät, obwohl man sich leicht ausrechnen kann, wer dran glauben muss und wer überleben darf.
Dass diese Szenen doch einigermaßen funktionieren, liegt auch an Vincent Regan, der seinen fanatischen Schurken auf gehobenem B-Niveau darstellt. Er präsentiert Amar als rachsüchtigen Mann, der zwar eiskalt berechnend vorgeht, aber innerlich ein brodelnder Vulkan ist. Damit spielt er den Rest an die Wand, darunter auch Hauptdarsteller Christopher Lambert, der eh geistig nur so halb anwesend erscheint und seine Heldennummer irgendwo zwischen routiniert und gelangweilt runterspielt. Zum restlichen Cast gehören unter anderem Maryam d’Abo, die unter Glens Regie Bondgirl in „Der Hauch des Todes“ war, sowie Kerry Fox, die Tonys Kollegin und Ex-Freundin Maddy Hope spielt. Dass Maddy ein Kind von ihrem getrennten Lover erwartet, streut „The Point Men“ banal nebenbei ein und nimmt der Enthüllung so jede Wirkung.

Aber kein Thema will „The Point Men“ so wirklich vertiefen. Im letzten Drittel entdeckt Auftragsmörder auf einmal sein Gewissen und stellt beim Treffen mit einem palästinensischen Geheimdienstler fest, dass auf der Gegenseite ja auch Menschen unterwegs sind und man Dinge doch am besten friedlich im Dialog oder sogar in Kooperation regelt. Das ist eine alles andere als bahnbrechende Erkenntnis, aber der Nahostkonflikt ist hier eh kaum mehr Kulisse als die Locations von Prag bis Tel Aviv. Diese werden von Glen, allen Budgetlimitierungen und dem Look zum Trotz, ganz stimmig eingefangen und bebildern die 08/15-Handlung halbwegs ansprechend, auch wenn man wirkliche Ideen vermisst. Das Originellste dürfte wohl ein Nazi-Fetisch-Untergrundclub sein, in dem einer von Amars Schergen verkehrt, wobei man die Klischees in dieser Szene gleich zentimeterdick aufs Brot geschmiert bekommt.
Angesichts der erwähnten Voraussetzungen beim Dreh dürfte wohl auch niemand erwarten, dass Glen in den Actionszenen den großen Otto losmachen kann wie dereinst bei Bond. So sind die Nahkämpfe, Shoot-Outs und Verfolgungsjagden kurz gehalten und finden in kleinem Rahmen statt, sodass Tony selten mehr als zwei oder drei Gegner vor der Knarre hat. Aber ein paar blutige Einschüsse, einige ordentliche Autocrashs (u.a. gegen einen Zug) und eine Jagd auf Motorrädern durch ein Tunnelsystem bieten brauchbare Schauwerte, routiniert in Szene gesetzt von Glen, weshalb „The Point Men“ wenig herausragende, aber durchaus ansehnliche Actionszenen für Genrefans liefert.

Das ist eigentliche auch eine gute Zusammenfassung des Films an sich: „The Point Men“ ist für Actionfreunde durchaus ansehbar, aber spektakulär oder aufregend sieht anders aus. Die 08/15-Handlung, gepaart mit einem über weite Strecken eher inaktiven Protagonisten und einem bestenfalls begrenzt überzeugenden Hauptdarsteller, lassen das Interesse kaum hochkochen, aber John Glens souveräne Regie kann aus einzelnen Spannungs- und Actionpassagen durchaus noch etwas herauskochen.

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