Es gibt eine Alternative zu Isaac Florentine („U. S. Seals 2“, „Special Forces U.S.A.“) – sie heißt Terry Cunningham. Während seine überdurchschnittlich inszenierten „The Chaos Factor“, und „Con Express“ noch mit Zelluloiddiebstahl und Längen zu kämpfen hatten, erweist sich „Elite“ als ein Prunkstück im B-Action-Bereich. Der bekennende John Woo-Fan liefert hier einen mit Humor, flotter Action, ordentlichen Schauspielern und imposanten Explosionen gespickten Streifen, der sogar ordentliche, sparsam eingesetzte CGI-Tricks besitzt, ab.
Dass Cunningham, hier auch Drehbuchautor, Woo-Fan ist, sieht man der stylishen auf Hochglanz getrimmten Inszenierung mehr als nur einmal an. Die Shootouts sind zwar eher selten blutig, doch dafür darf beidhändig geballert und in modische, teure Kleidung geschlüpft werden. Das Woo-Posing (z. B. in Zeitlupe aus Auto oder Heli steigen und dabei die Klamotten wehen lassen) ist hier genauso vorzufinden, wie der Kampf in einer Kapelle („The Killer“, „Face/Off“) und eine Verfolgungsjagd auf dem Wasser („Face/Off“).
Die titelgebende Elite ist eine Gruppe junger, scheinbar von einer Modelagentur gecasteter, Geheimagenten, die sämtliche Skills mitbringen, die der junge „James Bond“ – Verschnitt von heute so braucht: Erstklassiges Waffenhandling, famose Martial Arts-Künste und flotter, mit sexistischem Sprüchen unterlegter, schwarzer Humor, der im Rahmen des Geschehens auch funktioniert und nicht zu einem mitleidigen, müden Grinsen von Zuschauerseite verkommt, sowie die Lizenz zum Autofahren (Porsche, Audi TT , etc.). Dass es zudem noch einige Gimmicks (z. B. Koffer mit Seilwinde, hochgerüsteten Handys, versteckte MGs im Auto), die dem britischen Geheimagenten zur Ehre genügen würden, es dann auch noch in den Film schaffen, ist natürlich klar.
Lena (extrem süß: Maxine Bahns, „The Brothers McMullen”, „Cutaway”), Jason (Jason Lewis, derzeit für die Hauptrolle für John Woos „He-Man” im Gespräch), Joel (Joel West, „Con Express“, „Global Effect“) und die Zwillinge Keith (Keith Brewer), Derek (Derek Brewer) sind die einzigen, eines durch Terroristen verursachten, Flugzeugabsturzes und wurden seit dem schicksalhaften Vorfall von McKay (Steven Williams, „Missing in Action 2: The Beginning“, „Jason Goes to Hell: The Final Friday“) großgezogen und unter seinen Fittichen zu Agenten ausgebildet, die das Pentagon immer dann zu Hilfe ruft, wenn die Situation brenzlig wird. Ist dem nicht so, gehen sie ihren privaten Nachforschungen nach.
So beginnt „Elite“ zunächst mit einem fast 1:1 aus „The Rock“ geklauten Missile-Diebstahl seitens Oberterrorist Avi (Jürgen Prochnow, „Das Boot“, „In the Mouth of Madness“). Seine sich dahinter verbergende Motivation wird zwar während des gesamten Films nicht deutlich, aber er hat die Dinger, rüstet sie mit aus Landminen extrahierten Giften auf und droht, nachdem er ein Schiff okkupiert, mit der Beendigung einer in Athen stattfindenden Messe. Er hat nicht mal Forderungen...
Terry Cunningham gönnt dem Publikum in diesem B-Spektakel insbesondere zu Beginn keine Ruhe. Nach dem gekonnt inszenierten, nächtlichen Bruch von Avi (mit Helikopter, jeder Menge Soldaten, Leuchtraketen, Explosionen und allem was dazu gehört), wird die junge Truppe erst mal in eine aberwitzige Verfolgungsjagd zwischen einem Wohnwagen und einem Jeep verwickelt.
Sonderlich ernst nimmt sich der Streifen dabei nie. Das wird besonders deutlich, wenn Cunningham die Logik mal außer Acht lässt und die Protagonisten beispielsweise, ohne sich weh zu tun, beidhändig ballernd vom Dach springen und auf einem mit Erde beladenen LKW landen, ohne sich auch nur den kleinsten Kratzer zu holen, landen lässt. Tut dem Spaß jedoch keinen Abbruch, sofern man sich auf dieses Actionfeuerwerk einlässt.
Wenn man dem Abenteuer der Rasselbande ein paar Fehler andichten möchte, dann sind das kleinere Regiefehler (Die vor dem Jeep flüchtende Menge steht still auf der Straße, guckt ausnahmslos in Richtung der heranfahrenden Autos und rennt dann auf Geheiß aus dem Weg, final kommt Cunningham auf dem Deck etwas durcheinander), sowie das geschickte Einflechten von Archivmaterial (seien es die Helikopteraufnahmen des Pentagons oder einige Außenansichten des Schiffes) und gefakte Explosionen. Eine B-Produktion kann sich kaum leisten einen Audi TT zu sprengen und lässt deswegen halt einen Wagen vom Schrottplatz in Flammen aufgehen. Fällt auch nur am Wrack leicht auf. Nur wer sich über sowas aufregt, sollte von solchen Fingern sowieso besser die Finger lassen.
„Elite“ gestaltet sich überaus abwechslungsreich, hat nur kleinere Logikfehler und scheint sich anscheinend (bin mir bei ein bis zwei Explosionen nicht ganz sicher) nicht bei anderen Filmen zu bedienen. Der Plot wird mit so einem hohen Tempo abgespult, dass der Film in keiner Minute langweilig wird. Die witzigen Dialoge (Cunninghams Humorverständnis in Actionfilmen kommt hier gut zum Tragen) sind weit über Genrestandard und die sympathischen Schauspieler machen ihre Sache gut. Nur von dem lustlos seinen Part herunterspielenden Jürgen Prochnow hatte ich als Oberfiesling etwas mehr erwartet.
Der Actionanteil ist hoch und erweist sich als ebenso abwechslungsreich wie die Locations. Von Schießereien, über Martial-Arts und Verfolgungsjagden, sowie (zum Teil CGI-generierten) Explosionen ist alles präsent, was sich der B-Action-Fan erhofft. Insbesondere die Motorrad-Stunts während der Bootsverfolgung sind sehr beeindruckend. Der Härtegrad geht in Ordnung, ist aber an die locker-flockige Stimmung des Films angepasst. Genick- und Knochenbrüche sind vorhanden, Shootouts gibt es auch einige und die grob angelegte Zerschrotung eines bösen Schergen mittels eins übertriebenen Kalibers ist auch eher witzig, denn tödlicher Ernst.
Ich für meinen Teil habe an „Elite“ nichts auszusetzen. So muss B-Unterhaltung einfach aussehen. B-Komponist Sean Murray („Con Express“, „Global Effect“) liefert auch für „Elite“ wieder einen brillanten, temporeichen Score ab, der hier mitunter (vor allem während des Intros) schon Kinofeeling aufkommen lässt, Kameramann Jacques Haitkin („ Galaxy of Terror“, „A Nightmare On Elm Street“), der auch schon für Mark L. Lester („Commando“, „The Base“) arbeitet versteht zudem Cunninghams Intention, John Woo nachzuahmen, umzusetzen.
Fazit:
Professionell inszenierter, einfallsreicher B-Actioner, der dank seiner furiosen Inszenierung, seines Humors und den sympathischen Darsteller sich seinen Platz unter meinen persönlichen B-Top 5 gesichert hat. Über seine 95 Minuten glänzt „Elite“ nicht nur mit spektakulären Stunts, tollen Actionszenen und gut choreographierten Fights, sondern besitzt zudem noch einen edlen Hochglanzlook. Wo bleibt die Fortsetzung? Das Hintertürchen hält sich Cunningham (auch wieder Bond-like) offen. Wer mal eine B-Variante von John Woo sehen möchte, der ist hier genau richtig beraten.