"Cannibals - Welcome To The Jungle" - inszeniert von "The Punisher"-Regisseur Jonathan Hensleigh und produziert von Gale Anne Hurd, dem geschäftstüchtigen Kopf hinter Klassikern wie "Aliens - Die Rückkehr", "Terminator" oder "The Abyss".
Dazu eine Story, die Motive des Abenteuer- mit denen des Horrorfilms verbindet und ganz offensichtlich an Ruggero Deodatos kontroversem Kannibalen-Exploiter "Nackt und zerfleischt" aka "Cannibal Holocaust" angelehnt ist:
Vier junge Abenteurer brechen zu einer Expedition in den Urwald von Papua-Neuguinea auf, um den seit fast 50 Jahren verschollenen Industrie-Erben Michael Rockefeller zu suchen und eine astronomische Belohnung von dessen Familie zu kassieren. Doch der Trip in das schwer zugängliche Dschungelgebiet ist alles andere als eine Vergnügungsreise. Ihre Videokameras dokumentieren, welches Schreckensszenario sich hinter der tropischen Urlaubskulisse verbirgt...
Ohne ein erkennbares Drehbuch - zumindest wird in den Credits auch nicht auf eines hingewiesen - werden hier Fakten (das Schicksal des Michael Rockefeller, dessen Todesjahr bei Wikipedia mit 1961 angegeben ist) mit Fiktion vermischt, wobei das Ergebnis nichts weiter als eine langweilige Variante von "The Blair Witch Project" ist - nur wurde das Geschehen vom Hexenwald in den Urwald verlegt.
Die Idee, das Erlebte der Protagonisten in Form eines selbst gedrehten Videos zu präsentieren und dem Werk somit einen Dokumentions-Touch zu verleihen, ist nicht neu, sondern schon ziemlich ausgelutscht - doch wenn mit minimalen Mitteln ein Maximum an Kohle in die Kassen der Produzenten gespült werden kann, sind sich auch namhafte Beteiligte nicht zu schade, ihre Filmographie mit einer solch uninspirierten Low-Budget-Produktion zu erweitern, die - und das ist das Wunder - das niedrige Niveau des anvisierten "Cannibal Holocaust"-Originals noch überbietet.
"Cannibals" bringt satte 75 Minuten reine Spielzeit auf die Waage und die titelgebenden Kannibalen tauchen erst nach zwei Dritteln auf, was selbst in meinen gnädigen Augen an übelster Zuschauer-Verarschung grenzt. Bis dahin bietet dieses Machwerk nichts, was die Existenz dieser Zelluoid-Verschwendung auch nur ansatzweise rechtfertigen würde.
Mit etwas mehr Phantasie hätte man - ohne dabei zu tief in die Tasche greifen zu müssen - einen dramatischen und spannenden Trip in die grüne Hölle abliefern können.
Stattdessen wird der Zuschauer mit vier uninteressanten, nichtssagenden Darstellern konfrontiert, wobei Hensleigh und Kollege John Leonetti - um Authenzität bemüht - hektisch mit den Kameras hin- und herwackeln, und die - frei nach Schnauze - eingestreuten Spannungen innerhalb der Gruppe nicht annähernd so viel Unterhaltungspotential haben, wie das diesjährige "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus"-Dschungelcamp bei unserem Qualitätssender RTL.
Was hätte man aus diesem Dschungel-Setting alles zaubern können? Eigentlich eine ganze Menge, doch dazu sah wohl keiner der Beteiligten eine Veranlassung.
Bei Ruggero Deodato oder Umberto Lenzi, den beiden Italo-Veteranen des exploitativen Kannibalenfilms, beherrbergte der Dschungel tausend Gefahren - bei Jonathan Hensleigh birgt er höchstens tausendfache Langeweile: von tödlichen Fallen, Schlangen oder Spinnen absolut keine Spur. Jeglicher Anflug von Atmosphäre wird von der Einfallslosigkeit des Regisseurs gekillt.
Es gibt - wenn überhaupt - nur zwei Momente im gesamten Film, die halbwegs dramatisch wirken:
das ist zum einen die Situation am indonesischen Grenzübergang, die aufgrund einer Provokation zu eskalieren droht, und die wenigen Szenen in der Dunkelheit, bei denen für einen kurzen Augenblick die Intensität und die beklemmende Stimmung aus "The Blair Witch Project" eingefangen wird - nur um sich in der nächsten Einstellung in Luft aufzulösen.
Die letzten 20 Minuten dieses öden Dschungel-Trips stehen dann auch ganz im Zeichen der Kannibalen. Doch wer hier im letzten Drittel seine Hoffnungen auf expliziten Splatter setzt, wird auch in dieser Beziehung arg enttäuscht werden.
Regisseur Hensleigh zollt zwar mit Bijous Pfählung Tribut an den Klassiker "Cannibal Holocaust", doch mehr außer ein paar dekorativ in den Wäldern verstreuten Körperteilen gibt es hier nichts zu bestaunen.
"Cannibals" ist ein aalglattes und durchkalkuliertes Kommerzprodukt und soweit von Ausweidungsszenen und Gedärmexzessen entfernt, wie die Tatsache, dass "Lebendig gefressen" jemals der Lieblingsfilm des Papstes sein wird.
Jonathan Hensleighs Machwerk ist nichts weiter als brutaler Etikettenschwindel und pure Zeitverschwendung.