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Während seiner nur wenige Jahre andauernden Karriere als Regisseur und Drehbuchautor widmete sich Heinz H. König größtenteils dem Heimatfilm, bevor er nach "Jägerblut" (1957) wieder ausschließlich als Schriftsteller arbeitete. Beginnend mit "Rosen blühen auf dem Heidegrab" (1952), entstanden seine Werke während der Hochphase des Genres, weshalb seine außergewöhnliche Art der Inszenierung unter den die Erwartungshaltung des Publikums meist auf übliche Weise bedienenden Heimatfilmen in Vergessenheit geriet. An "Heiße Ernte" arbeitete König zudem das vierte Mal mit Edith Mill zusammen, der damaligen Frau seines Bruders, die erneut die weibliche Hauptrolle übernahm. Auch Johannes Kai, der seinen Namen nach dem Krieg änderte, da er unter seinem gebürtigen Namen Hanns Wiedemann für einschlägige Publikationen während der Zeit des Nationalsozialismus verantwortlich war, war das dritte Mal an einem seiner Drehbücher beteiligt, dass sich offensichtlich am neorealistischen Reißer "Riso amaro" (Bitterer Reis, 1949) von Giuseppe De Santis orientierte.

In beiden Filmen steht der Einsatz einfacher Arbeiter - hier zur Ernte von Hopfen, in "Riso amaro" zur Anpflanzung von Reis - im Mittelpunkt, die aus wirtschaftlichen Gründen gezwungen sind, entfernt von ihrer Heimat unter wenig komfortablen Bedingungen einem harten Broterwerb nachzugehen. Auch die Unterbringung in Baracken, die teilweise handgreiflichen Auseinandersetzung der Frauen auf engstem Raum, die der Regisseur zur Befriedigung voyeuristischer Einblicke nutzte (von König gleichzeitig wieder ironisiert, indem er die Männer schamlos glotzen lässt) und die realistische Darstellung des Arbeitseinsatzes, erinnern stark an "Riso amaro", aber König verzichtete auf jegliche politische Relevanz und schilderte die Gutsherrn als untadelige Autoritäten, die ihre Arbeiter unter fairen Bedingungen beschäftigen.

Auch "Riso amaro" nutzte seinen gesellschaftskritischen Gestus nur oberflächlich, legte seine Protagonisten aber komplexer an. Anders als Silvana Mangano, die in ihrer Rolle kriminell handelte und provozierend erotisch auftrat, muss allein der Hintergrund als nach dem Krieg Vertriebene dafür herhalten, das Auschra (Edith Mill) mit den Vorurteilen ihrer Umgebung konfrontiert wird. Ihr wird promiskuitives Verhalten und kalte Berechnung unterstellt, um den Sohn des Gutsbesitzers Konrad Stammer (Erik Schumann), der mit der Tochter des benachbarten Gutsbesitzers Sybille Scharfenberg (Hanna Rucker) verlobt ist, zu verführen. Doch König lässt weder einen Zweifel am Anstand von Auschra, noch an seiner kritischen Haltung gegenüber den so Urteilenden. Die Vorurteile gegenüber den Vertriebenen waren sicherlich Realität in der jungen BRD, aber König nutzte sie nur zur Dramatisierung, ohne einen generellen gesellschaftskritischen Bezug herzustellen.

Auch die männlichen Charaktere unterschieden sich deutlich zwischen beiden Filmen. Vittorio Gassman ist als charmanter Krimineller in „Riso amaro“ differenzierter gestaltet als Helmut Schmid, der – das dritte Mal von Heinz H.König in seinen Filmen besetzt - mit seiner körperbetonten Energie für die Rolle des Bösewichts geradezu prädestiniert wirkt. Wieder aus dem Gefängnis entlassen, verdingt sich Stanislaus Sadowski (Helmut Schmid) ebenfalls als Erntearbeiter, hat es aber nur auf Auschra abgesehen, der er bei der Flucht aus dem Memelland beigestanden war, nachdem ihre Eltern gestorben waren. Daraus macht er gegenüber Konrad Stammer ältere Rechte an ihr geltend, als sich zwischen dem jungen Gutsherrn und Auschra etwas anbahnt. So lässt es sich begründen, warum der Film später den Titel "Der Gutsherr und das Mädchen" erhielt, der nur noch auf diese klassenübergreifende Liebesgeschichte hinwies, obwohl diese Änderung auch von dem Vorbild "Riso amaro" ablenken soltte.

Unnötigerweise, denn auch wenn Königs Film die italienische Lässigkeit im Umgang mit moralischen Standards vermissen ließ, so unterschied sich sein Heimatfilm - sowohl in den spontan wirkenden musikalischen Einlagen, den ungekünstelten Naturaufnahmen, als auch dem Umgang der Geschlechter untereinander - wesentlich von vielen volkstümelnden und moralisch verlogenen Kreationen des Genres. Zwar entsprach die negative Charakterisierung der "selbstbewussten und unabhängigen Frau" Sybille - die ihren Verlobten folgerichtig an Auschra verliert - der damals gängigen Meinung, aber entscheidender für die abschließende Wirkung des Films war, dass die Produktionsgesellschaft in das von König geplante Ende eingriff. Anstatt dem eindrucksvoll agierenden Harald Schmid als Wüterich Stanislaus die abschließende Konsequenz zu überlassen, was den guten Gesamteindruck gesteigert hätte, musste Edith Mill in einer später nachgedrehten Szene unrealistischer Weise einen meterhohen Absturz überleben, da dem Publikum das negative Ende nicht zuzumuten gewesen wäre (7/10).

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