SURVIVAL OF THE FITTEST?
Um David Schwimmer ist es nach dem Ende der legendären Sitcom „Friends“ ruhig geworden, Simon Pegg dagegen startet gerade erst so richtig durch. Nach seinen Bombenerfolgen mit „Shaun of The Dead“ und „Hot Fuzz“ folgten einige Rollen in US-Filmen wie zum Beispiel im recht unbeachteten „The Good Night“. Beim Dreh zu „Big Nothing“ (2006) arbeiteten die beiden begnadeten Schauspieler erstmals zusammen und leisteten hervorragende Teamarbeit. Die gemeinsame Arbeit scheint schmackhaft geworden zu sein und nur ein Jahr später liegt das zweite gemeinsame Werk vor. Für „Run Fatboy Run“ bleib Schwimmer aber als Regisseur hinter der Kamera und überlässt die Hauptrolle Simon Pegg, der sich sichtlich dankbar austobt.
Am Drehbuch konnte Simon Pegg glücklicherweise entscheidend mitwirken, was dem Film unverkennbar seinen Stempel aufdrückt. In Anbetracht der schlechten Grundidee und dem schematischen Handlungsverlauf, der sich aller bekannter Zutaten der romantischen Komödie bedient, wird Peggs Kreativität auch bitter benötigt. Sämtliche Wendungen folgen blind einer Abfolge ermüdend vorhersehbarer Genremuster, denen sich „Run Fatboy Run“ zu keinem Zeitpunkt entziehen will. Sieht man über den banalen inhaltlichen Klischeebrei hinweg, so wird man aber ausreichend vertröstet mit wunderbar britischem Charme und sehr guten Darstellern. Weiterhin sei der gut zusammengestellte Soundtrack, der ein passendes Äquivalent zum britischen Humor bietet, besteht er doch zu großen Teilen aus frühem englischem Punk. Ganz so rotzfrech ist der Film dann nicht, atmosphärisch sind aber sämtliche Songs treffend gewählt. Das urbane Lebensgefühl funktioniert innerhalb des britischen Settings ebenso gut wie in einer amerikanischen Großstadt. Schließlich war der Film zunächst als rein amerikanische Produktion gedacht, doch die austauschbare Geschichte wird von Regisseur Schwimmer routiniert nach London verlegt und mit viel Lokalkolorit versehen.
Der trockene britische Wortwitz kommt besonders gut zur Geltung in den Szenen mit Simon Pegg und Dylan Morgan („Black Books“), deren Chemie sichtlich stimmt. Morgan spielt eine für ihn typische Paraderolle als sarkastischer Faulenzer authentisch und routiniert, doch niemals lustlos. Ebenfalls gut aufgelegt, aber mit einer undifferenzierten Arschloch-Rolle gestraft, agiert Hank Azaria, bekannt als genialer Synchronsprecher aus der originalen Stammbesetzung der Simpsons. Außerdem dabei ist die hübsche Thandie Newton, deren Figur ausnahmsweise nicht viel zu kurz kommt. Newton beweist sensibles Einfühlungsvermögen und geht als einzige wichtige Frauenfigur nicht unter in der männerdominierten Besetzung. Ihre Rolle wird nicht reduziert auf äußerliche Reize und ist nicht naiver als die Grundbotschaft des Films, die gerade im etwas schwülstigen Ende doch etwas zu dick aufträgt.
Schwerwiegender als der Ablauf der Geschichte wiegt die sülzige Metaphorik, die dem Zuschauer auf den Schlussmetern um die Ohren gehauen wird. Damit es auch der letzte versteht, das Leben ist ein Marathonlauf, bei dem man über sich selbst auch mal hinauswachsen muss und den man durch hartes Training sowie unerbittlichen Glauben an sich selbst, schon irgendwie meistern kann. Ein subtilerer Umgang mit dieser zentralen Allegorie wäre sicherlich interessant, so verkommt der Film leider zum bloßen Motivationstraining, mit dem sicheren Gefühl für den Zuschauer, das sich am Ende doch alles gerecht verteilt. Zudem nervt die penetrante Nike-Werbung, für die sogar ein eigener Marathon erdacht wurde, in Zeiten alltäglichen Product Placements fällt dieses Detail aber eventuell gar nicht auf.
Im Laufe der Jahre nutzte Schwimmer mehrere Gelegenheiten um sich als Regisseur zu versuchen, schon einige Episoden „Friends“ wurden von ihm sehr professionell inszeniert. Da Schwimmer schon mit diversen guten Regisseuren in Kontakt kam konnte er viel von ihrer Arbeitsweise lernen, bisher blieben seine Gehversuche aber TV-Produktionen. Diese lange Zeit, die ins Land strich vor „Run fatboy Run“ kommt dem Film nun zugute, Schwimmer beweist echtes Gespür für Schauspielführung, Timing und auch für romantische Brüche. Schön altmodisch fällt sein Film aus, kommt aus ohne zu hohes Tempo oder peinliche Albernheiten, obwohl durchaus auch Slapstickeinlagen vorhanden sind und es in einigen Szenen etwas derber wird. Doch selbst wenn es betont eklig wird, wie zum Beispiel beim aufstechen einer gewaltigen Blase an der Fußsohle, verliert Schwimmer ein gewisses Niveau nicht aus dem Auge. In die niederen Gross-Out-Gefilde, in die leider immer mehr aktuelle Comedy-Produktionen abdriften, gerät er also nie und umschifft clever etwaige Plattitüden.
Fazit: David Schwimmers erste größere Regiearbeit beweist sein inszenatorisches Können, insbesondere seinen Sinn für Timing und glaubwürdig humoristische Szenen. Auch die emotionale Komponente wird von ihm gut eingefangen, was angesichts der an den Haaren herbei gezogenen Geschichte mit ihrer Holzhammermetaphorik, kein leichtes Unterfangen darstellt. Unterstützung leisten dabei schöne Stadtaufnahmen und durchweg gute, wenn auch teils unterforderte, Darsteller. Beim nächsten Mal ist aber hoffentlich etwas mehr drin, denn originell ist anders.
6,5 / 10