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Ich hätte bei "Die Fremde in dir" ja so manches erwartet, aber einen klassischen Selbstjustizreisser in bester Bronson-Manier kaum - auch wenn der Trailer bereits etwas in der Art suggerierte. Regisseur Neil Jordan ("Interview mit einem Vampir") lässt es auch zunächst einmal genreuntypisch ruhig angehen, stellt seine Charaktere ausführlich wie gefühlsbetont vor und deutet mit allerlei Philosophie über die Großstadt auch durchaus ein tiefgründigeres Filmvergnügen an.

Doch sind erst die Würfel gefallen, geht die "Fremde" Jodie Foster alsbald ihren sehr geradlinigen Weg. Ok, man muss zugeben, dass die Reflektion über Gerechtigkeit und das eigene Ich in "Die Fremde in dir" einen bedeutend größeren Part einnimmt als beispielsweise im "Punisher" oder dem ebenfalls aktuellen "Death Sentence".
An der finalen Aussage ändert dies aber auch nichts, wenn letztlich sogar unter direkter Duldung der Justiz der letzte verbrecherische Schandfleck per Kopfschuss aus nächster Nähe hingerichtet wird. Im Grunde also doch eine klare Sache, die hier lediglich mit teuren Stars und einer eher ruhigen, sehr atmosphärischen Inszenierung geschickt und durchaus verführerrisch verpackt wurde. Dass der "Rächer" letztlich nicht mit einem strahlenden Lächeln die Szenerie verlässt, das ist im Genre ohnehin Usus und daher nichts Besonderes.
Mich persönlich stört die Propagierung des Faustrechts jedenfalls nicht, das Revenge-Genre gehört seit jeher zu meinen Lieblingen.

Jodie Foster hingegen nicht unbedingt, hier jedoch macht sie ihre Sache absolut routiniert und verleiht ihrem Charakter durch intensives Spiel - und insbesondere die alles andere als Rächer-typische Ausstrahlung - eine hohe Glaubwürdigkeit. Zur Wehr setzen kann sie sich, das zeigte schon "Panic Room". Mit "Die Fremde in dir" betrifft Foster jetzt Neuland, mit dem nicht unbedingt jeder voher gerechnet hätte.
Reine Action findet sich in "Die Fremde in dir" letztlich aber eher wenig. Ausgedehnte Shoot-Outs und Hetzjagden gibt es nicht, ganz anders als beispielsweise in den bereits genannten "Death Sentence" und "Punisher". Einige wenige, kurze Hinrichtungen bestimmen das Bild - aber die haben es durchaus in sich und brauchen sich in Kompromisslosigkeit und Brutalität nicht vor der Genrekonkurrenz verstecken.

Fazit: Für meinen Geschmack einen Tick zu lang und behäbig, aber für alle Freunde der (dezenter vermittelten) Selbstjustiz ein gefundenes und schick angerichtetes Fressen. Die ruhige Erzählweise hat defintiv auch ihre Vorteile.
Gute Darsteller, gute Technik, eine zugleich sensible und knallharte Jodie Foster - nicht gerade einfallsreich, aber routiniert reisserisch: Prädikat sehenswert!

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