Es ist schon eine Menge zu Death Proof gesagt worden, doch da der Film mich nicht nur animiert hat, selber wieder ein paar Car Chase Movies einzulegen, sondern mir im Fernsehen verstärkt Highwaystreifen auffallen, fühle ich mich fast genötigt, nun auch zu diesem Werk des bis dahin noch viel zu unumstrittenen Quentin Tarrantino ein paar Zeilen zu hinterlassen.
Das Vorgeplänkel um die Teilung des eigentlichen Grindhouse Double Features habe ich nur so am Rande mitbekommen und hätte ich, eher mit dem Durchforsten meines selten auf ein Minimum schrumpfenden unbesehenen DVD Stapels beschäftigt, auf der Suche nach einem zweiten Kinofilm für den Multiplex Besuch am Abend nicht entdeckt, daß der vermeintliche Rip Off hierzulande in einer längeren Fassung über die Leinwand flimmert, dann hätte es vermutlich noch recht lange gedauert, bis ein weiterer Tarantino in meinen heimischen vier Wänden gelaufen wäre.
Ein Fanboy des guten Quentin, der mit einem erstaunlich vielseitigen Filmgeschmack Huldigungen an seine geliebten Vorbilder inszeniert bin ich nicht gerade, wenn gleich mich seine Werke stets unterhalten und mein bestehendes Faible für die speziellen Leinwand- und Videoprodukte hervorragend ergänzt haben. Das Nervige jedoch ist der ständige Hype, der, besonders in den Neunzigern um die tatsächlich sehr guten Pulp Fiction und From Dusk Till Dawn gefestigt, absolute Mainstream Kunden befiel und die zweifelsohne erstklassigen Soundtracks Teil jeder Party werden ließ.
In ein offenes Messer lief dieses Klientel mit Jackie Brown, welcher selbst mir aufgrund seiner sperrigen Aufmachung erst in zweiter Instanz mundete. Dann schlug Kill Bill: Vol. 1 dank seiner Gewalttätigkeiten und dem nicht ausschließlich subtilem Humor ein wie eine Bombe. Die unlinear erzählte, epische Rape & Revenge Story mußte jedoch für die Kinoauswertung zweigeteilt werden und so stieß Kill Bill: Vol. 2 mit deutlich größerem Focus auf Charakterentwicklung und stimmungsvolle Bilder, auf weitläufiges Unverständnis, wurde von mir jedoch mit vielen Sympathiepunkten ins Herz geschlossen.
Nun sitze ich also im Kinosessel, vor mir Death Proof auf der Leinwand mit einer extrem dünnen Geschichte, die eigentlich kaum Raum läßt, viel zu verraten, mit dem man nicht spoilern würde. Wie man Quentin Tarrantino kennt, gibt es zunächst Massen witziger Dialoge, mit denen de Radiomoderatorin Jungle Julia (Sydney Tamiia Poitier) und ihre Freundinnen vorgestellt werden. Es sind eine Menge Dialoge. Das recht junge Publikum um uns schaut recht mürrisch drein, während ich mir ein Kiechern hier und da nicht verkneifen kann.
Der kultige Stuntman Mike (Kurt Russell) wird eingeführt und sorgt mit seiner schrulligen Art und einem Gruß an die Zeit, in der es noch kein CGI gab für schallendes Gelächter meinerseits und die ersten den Saal verlassenden Zuschauer. Wie ich später herausfinden würde, fehlen in der kürzeren Version vor allem aus diesem Teil einige Szenen, wobei sicherlich einige wenige Längen spürbar sind, ungewiss, was nun kommen würde folgt man jedoch gebannt jedem Detail, das sich einem hier offenbart, sofern man sich darauf einlassen kann und will.
Bereits hier fällt die lüsterne Kamera auf, die gierig und wie für das typisch männliche Grindhouse Publikum gemacht die Frauenkörper in Szene setzt. Als wäre es eine Trotzreaktion auf die Kritik hatte Tarantino in jedem seiner Filme mehr Füße gezeigt, hier treibt er es auf den Höhepunkt, zeigt dankenswerterweise jedoch auch verstärkt andere weibliche Sexualmerkmale bis hin zu einem Lapdance.
Es dauert recht lang, bis es in der künstlich erzeugten Optik einer abgenudelten Filmrolle Gewalt zu sehen gibt. Diese auch nur recht kurz, was Gorehounds mäßig befriedigt. Anstatt die Motive eines billigen Schundfilms durch die Aneinanderreihung ihrer Superlative zu adaptieren, bevorzugt Tarantino es, seine Hommage innerhalb der Grenzen einer kleinen Produktion zu halten, die den kultigen Low Budget Filmen eben nur mäßigen Actioneinsatz erlaubten.
Mit dem Stinkefinger reibt er dem Mainstreampublikum unter die Nase, daß er hier kein Erfolgsfilmproduzent sein will und gern die Position des schwächeren Parts eines Double Features übernimmt, was Planet Terror später bestätigen sollte. Anstatt nur filmisch Vorbilder zu zitieren, legt er seinen Akteuren ganze Listen von Filmen in lockeren Dialogen in den Mund.
Daß Death Proof es mit seiner Interpretation etwas zu genau nimmt, ist dann leider einer der wenigen Schwachpunkte. Kann die Langfassung mit seinen erweiterten Szenen bis zum Höhepunkt der ersten Hälfte noch mit einer kosequenten Steigerung überzeugen, nimmt die zweite Hälfte mit seinem im Kern sehr ähnlichen Beginn viel zu viel Tempo raus. Zwar ist die sich selbst spielende Stuntfrau Zoe Bell ein absoluter Sympathieträger, jedoch verbrauchen die Nebensächlichkeiten hier eine Menge Geduld, bis es zur actiongeladenen finalen Autohatz geht. Bei aller Liebe zum sperrigen Film verspielt sich Death Proof hier also mit unnötiger Länge eine wirkliche Glanzwertung.
Auch wenn der Film nicht ganz so knackig ist, wie er hätte sein können, muß man jedoch die Arbeit honorieren, die Quentin Tarantino und Robert Rodriguez mit ihrem ambitionierten Projekt Grindhouse leisten. Durften Filmfans sich jeher über leicht erhältliche Kultfilme freuen, die es vielleicht nur wegen der Möglichkeit einen "Tarantino findet den gut" Sticker darauf zu platzieren zum Sprung ins digitale Zeitalter und bestenfalls in einer deutschen Edition geschafft haben, ist mit den begleitenden Faketrailern ein entscheidender Schritt für ein neues Genrekino geschaffen.
Wer will nich auch Machete oder Werewolf Women Of The SS sehen? Wer hätte vor allem erwartet, daß überhaupt darüber nachgedacht werden könnte, derartige Projekte heute auf die Leinwand zu bringen? Wenn das der Weg des Kinos im neuen Jahrtausend ist, dann bin ich gerne mit dabei. Denn gegen eine breite Akzeptanz des Schundkinos als solches habe ich bestimmt nichts. Mir geht es nur gegen den Strich, wenn ein Publikum etwas als Kult abfeiert, ohne den Horizont zu haben, den eigentlichen Kult zu erkennen.
Doch vielleicht bereitet ja auch Death Proof den Weg zu einem breiteren Verständnis über den Ruf seines Machers, der dazu anregen könnte, sich mit der Materie genauer auseinander zu setzen. Bis dahin erfreue ich mich an jedem der zahlreichen Verrisse und sage danke Quentin Tarantino, für einen unterhaltsam eigensinnigen Death Proof und ein dank solcher Fürsprachen hoffentlich nicht aus den Gedächnissen verschwindendes Kultkino.