Review

Gleich mit der Flasche auf den Kopf: 'Death proof' ist meiner Meinung nach der mit größerem Abstand schwächste der 5 Tarantinos. Ja eigentlich ist es gar kein richtiger Tarantino-Film sondern ein aufgeblasener Tarantino-Schnellschuß!

  1. Die Dialoge: Dialoge sind die große Stärke QTs, das sagt alle Welt und ihm haben sie es so oft gesagt, dass er es inzwischen glaubt, bei 'Kill Bill' haben sich die Kritiker über zu wenige Dialoge beschwert, das hat Tarantino sich leider zu Herzen genommen. So gibt es in 'Death proof' Dialoge exzessiv, exzessiver als in jedem andern Film von ihm. Aber das ist nur ein Teil des Problems, die Dialoge bringen in keinem Fall die Handlung voran oder tragen zur Charakterisierung der Figuren bei (eigentlich gibt es eh keine Charaktere!), aber selbst das wäre noch zu verschmerzen, auch wenn näher betrachtet eine der beiden Funktionen auf alle Dialoge früherer Filme QTs zutreffen, nein, das Problem ist die mindere Qualität der Dialoge, sie taugen nichts, sind sprachlich bestenfalls Echos früherer Qualitäten ihrer Vorgänger, an einigen üblen Stellen wirken sie wie Karikaturen von Tarantinodialogen!
  2. Schnellschuss: 'Death proof' wurde nach einer Idee Tarantinos von ihm und Robert Rodriguez in kurzer Zeit geschrieben und produziert und da liegt m.E. der Hase im Pfeffer. Alle bisherigen Projekte QTs hatten wesentlich längere Vorbereitungs- und Durchführungsphasen, allein an jedem der früheren Drehbücher hat er länger geschrieben als das ganze 'Grindhouse'-Projekt dauerte und deshalb ging das in die Hosen! QT der alte Kiffer ist ein extrem langsamer Arbeiter und das sieht man allen Filmen vor 'Death proof' auch an. Für 'Grindhouse' hat er sich der Arbeitsweise seines Kumpels angepasst und das ging schief.
  3. Das Aufblasen (Spekulation): Hätte man sich radikal an das ursprüngliche Konzept gehalten, dann wäre 'Grindhouse' sicher ein nettes Trashvergnügen geworden, zweimal 60 Minuten Retrotrash pur, 'Death proof' auf 60 Minuten runtergekürzt wäre ohne Zweifel ein Vergnügen, aber Kürze geht bei QT nicht, so wurde das Ganze in der Erstfassung knapp 90 Minuten und beide Filme zusammen inkl. Trailer über 3 Stunden und damit ist man grandios gescheitert in den Staaten, nun hat QT noch mal 25 bis 30 Minuten reingeschnitten und damit nicht nur dem ursprünglichen Konzept sondern auch dem neuen Film den Garaus gemacht. Anscheinend hat er alles reingeschnitten was Sally Menke noch irgendwo auf dem Boden des Schneideraums vorfand, manche Szenen sehen aus wie Proben, Warmspielszenen o.ä., die Schauspieler sind überhaupt nicht auf ihren Rollen drauf, es ist grauslich! Insgesamt hängt der Film ständig durch, eine richtige Handlung hat er eh nicht und das öde Gequatsche raubt einem den Nerv oder bringt einen zum Einschlafen, je nach Temperament. Auch wirkt er nirgends so sorgfältig gemacht in Kamera und Montage wie man das von Tarantinofilmen gewohnt ist und dass er hier die Kamera selbst führte war auch keine tolle Idee, Bob Richardson zum Bleistift hätte sicher noch einiges an Qualität herausgeholt.
  4. Die Frauen: Den Frauengeschmack QTs habe ich nie geteilt, aber nach 'Death proof' fange ich an mir Sorgen um ihn zu machen. Mich stört nicht der augenzwinkernde Pseudofeminismus des Films, dass das nicht ernst gemeint ist und Tarantino en real ein alter Macho ist ist sowieso klar. Bisher hat Tarantino in Interviews immer fehlende Nacktszenen mit zu exzessiver Gewalt in seinen Filmen und der Notwendigkeit die US-Zensur milde zu stimmen begründet. In 'Death proof' gibt es kaum ernsthafte Gewaltszenen und wieder keinerlei Nacktszenen, aber hier wären sie nun wirklich Pflicht gewesen, was soll denn das für ein Exploitationmovie sein ohne??? Da fragt man sich so langsam ob für diese permanente Abstinenz nicht doch andere Motive verantwortlich sind. Und dann wie die Frauen dargestellt werden in den Dialogen, das sind doch keine wirklichen Frauen, das wirkt wie wenn einer Frauen nur aus Filmen/Büchern oder vom Hörensagen kennt, und wie unerotisch sie abgefilmt werden und das obwohl er ständig mit der Kamera auf dem Arsch ist, da fragt man sich als alter Freudianer doch ob mit dem Sexualleben QTs wirklich alles in Ordnung ist!
  5. Die Manierismen: Der Film ist voller lächerlicher Manierismen, zu allererst diese eingebauten Pseudofilmverschmutzungen/löcher, das hätte nur im ursprünglichen Konzept ('Grindhouse') Sinn gemacht und man hätte es nun da das ja eigentlich ein richtiger Tarantinofilm sein soll eliminieren müssen, dazu hat wahrscheinlich die Zeit gefehlt oder aber die Einsicht. Der Film ist voller dummer ja pubertärer Witze, man sollte nicht glauben dass QT schon über 40 ist, was in früheren Filmen postmoderne Zitate, raffinierte Brechungen o.ä. waren ist in 'Death proof' zu dummen Witzen herabgesunken, z.B. das Kill-Bill-Handy...
 At all: Das ist gar kein richtiger Tarantinofilm sondern nur ne kollabierte schon zu Anfang höchstens mittelprächtige Idee! Ich glaube nicht, dass das Umschneiden dem Film nun noch zu einem Erfolg verhelfen wird, in meiner Vorstellung haben die Leute reihenweise das Kino vorzeitig verlassen! Man kann nur hoffen, dass Harvey Weinstein nach dem Debakel noch das Geld für 'Inglorius Bastards' rausrückt - und der wird deutlich teuerer werden als 'Grindhouse' - denn der, an dessen Drehbuch QT bekanntlich schon Jahre arbeitet, könnte mal wieder ein richtiger Tarantino-Film werden!

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