Auf das Tief „For your Eyes Only“ folgte mit „Octopussy” wieder ein Hoch, das sich mit dem inoffiziellen „Thunderball“ – Remake „Never Say Never Again“ an den Kinokassen duellierte und gewann.
Während viele Hardliner Anstoß am hohen Humoranteil nahmen, hatte das breite Publikum seinen Spaß, denn Roger Moores muntere One-Man-Show is bisweilen eine Gagshow voller Insider-Gags und Anspielungen erster Güte, die jeder Komödie zu Ehre gereichen würden.
Ihn, seine Gadgets, die Action und natürlich die exotischen Schauplätze hat Moores vorletzter Auftritt aber auch bitter nötig, denn die Story ist dieses Mal nicht so prickelnd, weil sie sich klar der Figur unterordnet und Kamal Khan (Louis Jourdan, „Swamp Thing“) ein blasser Bösewicht ist. Der klischeehafte General Orlov (Steven Berkoff, „Rambo: First Blood Part II“, „Riders“) geht gar als hirnrissiger Größenwahnsinniger durch.
Darüber hinaus ist „All Time High“, gesungen von Rita Coolidge, einer der schwächsten Titel-Songs der Bond-Geschichte ohne Pepp und Wiedererkennungswert.
Ironisch und elegant spioniert sich James Bond nach einer hektischen Eröffnungssequenz auf (vermutlich) Kuba, die mal wieder Unmögliches möglich macht und einen explosiven Moment beinhaltet, in das schillernde Indien, wo er dem zwielichtigen Kamal Khan auf den Zahn fühlt, weil der ein Fabergé-Ei bei Sotheby's ersteigert, während nur wenige Stunden vorher 009 in Berlin in der britischen Botschaft, tödlich verletzt und mit letzter Kraft, eine exakte Kopie übergab.
Der teuflische Masterplan reicht natürlich bis zu Orlov, der ganz Europa mit der Roten Armee überrennen will, ist aber insgesamt wenig verzwickt.
Deshalb steht eben Bond im Vordergrund, möglichst in actionreichen Sequenzen und sogar Q darf sich an der Außenmission beteiligen und mit dem Geheimagenten herumfrotzeln.
Weil weder Khan noch dessen rechte Hand richtig überzeugend sind, obwohl sie den Briten zwischenzeitlich in die Finger bekommen, darf Roger Moore wieder seinen Charme spielen lassen und Frauen verführen. Die eigentlichen Highlights sind aber die Verweise auf diverse Film-Klassiker. Bond hangelt sich zu Johnny Weissmullers Tarzan-Schrei auf der Flucht durch die Lianen, verbiegt zum Superman-Theme Gitterstäbe, begegnet einem Tiger trocken mit „Du gehörst in den Tank“, taucht in einem Krokodil-Mini-U-Boot, verkleidet sich als Affe (!!), und zum Schluss dann als Clown, kaspert wo nur geht und zeigt sich auch körperlich in Topform.
John Glens zweiter Bond geht vom Start schon viel dynamischer, leichtfüßiger und flotter weg, ist nie als ernste Mission angelegt und erntet auch in den halsbrecherischen Actionszenen zu Zug oder zu Luft seine Sympathien, wobei diese trotz der üblichen Qualität dieses Mal nicht ganz so spektakulär sind – dennoch ein klarer Fortschritt nach „For your Eyes Only“.
Wobei das letzte Kapitel noch ein wenig enttäuscht. Bonds Auftritt in Berlin ist etwas bieder gefilmt und die schlussendliche Attacke trotz aller Stunts und Effekte einfach etwas einfallslos inszeniert. Indien vorweg, als wirklich unverbrauchte Location mit Elefanten, orientalischen Märkten und allgemein viel Lokalkolorit entschädigte jedoch bereits für einiges.
Die natürlich nicht unwichtige Performance der Bond-Girls könnte dieses Mal nicht unterschiedlicher sein. Während Kristina Wayborn als Magda zwar gut ausschaut, ansonsten aber nie so richtig was zu tun bekommt außer die Laken zu zerknüllen, darf von einem ganz anderen Kaliber Maud Adams als titelgebende, geheimnisvolle Octopussy sich in die gar nicht so lange Riege stärkerer Frauen der Franchise einreihen.
Trotz der leicht zerfahrenen und nicht sonderlich spannenden Geschichte, die später auch noch eine zu entschärfende Atombombe mit ins Spiel bringt, reicht es also zu einem guten Bond-Abenteuer, der die Lager spaltet, weil seine Abkehr vom klassischen, härteren Bond eben nicht jedem gefallen wird. In „Octopussy“ geht zugunsten von Humor, Action und eben Bond alles drunter und drüber. Vor allem die Gegenseite hat unter der Omnipräsenz des seine Mission mal wieder auf die leichte Schulter nehmenden, trocken kommentierenden Agenten doch sehr zu leiden.
Fazit:
„Octopussy“ gehört zu den witzigen Bond-Filmen, die sich ganz auf Humor, Action und den Hauptdarsteller stützen, dafür allerdings die Opposition und die Mission selbst etwas stiefmütterlicher behandeln. Wer sich mit dem Schabernack anfreunden kann, erlebt auch hier wieder ein enorm kurzweiliges Abenteuer, das keine Perfektion erreicht, mit seinem Erfolgsrezept aber erfolgreich fährt. Roger Moore ist ohnehin eine Bank und sein Support teilweise ein Geschenk. Wirklich sehenswert, wenn auch nicht Roger Moores bester Auftritt.