Es gab schon Virtual Reality vor der Matrix...und zugleich die Review Nr. 300
Der typische Actionfilm der frühen Neunziger Jahre unterschied sich nicht sehr von dem der Achtziger. Gewalt war noch nicht verpönt, nur die Helden hatten etwas umfangreichere Aufgaben zu übernehmen. Ansonsten das typische Beiwerk aus dem Standard des Genres, stets dabei ein weiblicher Pendant, übertrieben spielend und zudem noch schlau daherredend, am besten geschieden, verwitwet und/oder mit Kind, selbiges natürlich süß und sehr klug. Dazu durfte auch nie fehlen der knurrige Polizeichef mit dem großen Herzen und natürlich ein wirklich fieser Bösewicht. Das alles zusammengemischt mit einer guten Spur sauberer Effekte und Stunts, am besten noch ein paar kernige Oneliner und fertig war die Suppe. Einige Filme sind nach diesem Rezept gekocht wurden, und auch Virtuosity unterscheidet sich dem Aufbau nach nicht vom Schema, hat aber trotzdem noch eine ganz eigene Duftnote, denn schon 1995 wurde die Matrix vorweggenommen. Man sieht, wo die Macher der Trilogie geklaut haben...
...nämlich bei Sid 6.7, an sich ein Computerprogramm, um Polizisten harte Einsätze zu simulieren, das Programm selbst ein Konglomerat aus allerlei Bösewichten, aber ein Programm halt. Dumm nur, daß mittels neuartiger Technik und einer guten Spur Absicht und Silikon das Programm einen Körper erhält und fortan mordend durch die Stadt zieht. Einhalt gebieten kann dem irren Treiben nur einer: Parker Barnes, einst Polizist, nun aber im Gefängnis wegen Selbstjustiz und übergroßer Härte. Es folgt der übliche Deal mit den üblichen Finten, daraufhin die übliche Jagd mit dem kleinen Unterschied, daß sich das Programm regenerieren kann, wenn der Silikonleib verletzt wird, und zwar mittels Nanopartikeln, jaja, was Gerhard Schröder eins prognostiziert hat, im Film ist es schon lange getan. Aber selbst modernste Technologie nützt dem Bösen nicht, wenn der Widersacher auf Seiten des Gesetzes Denzel Washington heißt, und so muß Sid 6.7 erkennen, daß auch ein Silikonleben nicht unendlich lange dauert.
Wäre der Film hier zu Ende gewesen, hätte ich gute acht Punkte vergeben. Doch statt eines sauberen Schlusses muß noch die Tochter der helfenden Polizeipsychologen befreit werden, die auf einer hurtig ablaufenden Bombe sitzt. Hier nun wird jedes, aber wirklich jedes Klischee verwendet, dazu noch unglaublich dumme Dialoge zwischen Mutter und Kind, und das zieht die Benotung dann doch stark nach unten. Mein Rat: vorher ausschalten, denn bis dahin sieht man einen harten, schnellen und doch recht spannenden Actionthriller, in dem Russell Crowe als Sid 6.7 sichtlich Spaß an seiner Rolle hat, die Drehbuchautoren scheint es aber auch, denn wie sonst sind die teils recht herben Späßchen des Bösewichts zu erklären...die Trickeffekte wiederum sind auf der Höhe der Zeit, Blut fließt reichlich, auch Schlägereien sind zu sehen, und Denzel ist das Geld eh immer wert, bis dann das große Finale kommt – aber das hatten wir ja schon, also nur noch 7/10.