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Irgendwann träumt nahezu jeder Mensch von der endlosen Freiheit, die er oftmals mit der Einsamkeit in endlosen Naturlandschaften verwechselt. Wer wollte innerhalb der Pubertät nicht mindestens nach Kanada auswandern, um den Zwängen der Gesellschaft zu entgehen, um in den urigen Wäldern, wie einst der „Mann in den Bergen“, sein Glück zu finden.
Christopher McCandless brach 1990 hingegen nach Alaska auf, spendete sein Geld, ließ die Aussicht auf ein Harvard Studium hinter sich, um mit neuer Identität Alex Supertramp als gesellschaftlicher Aussteiger seinen Weg zu machen.

Regisseur Sean Penn macht keinen Hehl daraus, sich vollends auf die Seite des Aussteigers zu stellen, auch wenn er ihn nie zu intensiv im Pathos baden lässt. Er zeichnet seinen Weg nach, wie er sich eben seinerzeit mehr oder minder tatsächlich zugetragen hat, soweit sich das rekonstruieren ließ.
Dabei heraus gekommen ist eine bildmächtige, stellenweise berauschende Odyssee, die zwar beträchtliche Längen innerhalb der epischen 148 Minuten aufweist, den sturen Außenseiter aber so gut wie möglich portraitiert.

Für Menschen mit halbwegs Bodenhaftung erscheint dieser Weg allerdings völlig vom verbohrten Idealismus durchzogen zu sein. Der Typ philosophiert zwar ständig über das Leben, ist aber nicht imstande, während seiner Stationen bei anderen Außenseitern hinzuzulernen. Dazu fast null Vorkenntnisse über das Leben in der Natur, keine Ahnung von der Jagd und der korrekten Behandlung der Beute, ein süßes Girlie lässt der mönchsgleich abblitzen und widerspricht mit seinem Handeln ständig seinen gesetzten Idealen.
Am Ende, in Alaska angekommen, hilft ihm ausgerechnet ein ausrangierter Kleinbus, für eine Weile über die Runden zu kommen.
Dafür kann Sean Penn nichts, dieser Knilch war halt eine vogelige Erscheinung.

Dessen Reise erscheint, zugeschnitten auf das Wesen der Hauptfigur, zuweilen auch ein wenig unentschlossen. In Kapitel aufgeteilt, verbringt Chris letztlich mehr Zeit bei den Menschen, als einsam und auf sich allein gestellt in der rauen Natur.
Fast ein wenig klischeebeladen wirken die Passanten, etwa das dänische Paar, welchem er nach einer illegalen Flussfahrt begegnet oder die Alt-Hippies, die selbst mit Problemen zu kämpfen haben.
Weitaus mehr Tiefe beinhaltet seine letzte Station bei einem alten Witwer, dem er kurz vor der Ankunft in Alaska begegnet. Für einen Moment scheint es beinahe so, als könne der Alte dem Jungen noch etwas mit auf den Weg geben. Die wahre Lektion lernt Chris hingegen in völliger Einsamkeit, so bitter diese Erkenntnis auch erscheint.

Die zwei Jahre aus dem Leben des jungen Auswanderers werden weitgehend bodenständig skizziert, nur selten erscheinen die Panorama-Aufnahmen der gewaltigen Landschaften ein wenig überladen und man kann bei alledem gut nachvollziehen, mit wie viel Inbrunst Penn an dem Projekt gearbeitet hat, indem er mit viel Geduld auf die Zustimmung und Mitarbeit von Chris Angehörigen wartete und anschließend an sämtlichen Originalschauplätzen drehte.
Untermalt von den gefühlvollen Instrumentals und Songs des „Pearl Jam“ – Musikers Eddie Vedder resultieren daraus Momente, die die Wahrnehmung der Hauptfigur intensiv nachvollziehbar erscheinen lassen. Nicht zuletzt ist dies auch ein Verdienst von Emile Hirsch, der mit vollem Körpereinsatz sehr konzentriert bei der Sache ist und es ansatzweise sogar schafft, dem Sonderling Chris Sympathien einzuräumen. Aber auch großartige Nebendarsteller wie Hal Holbrook, Kristen Stewart, Vince Vaughn und William Hurt sorgen für ansprechend lebendige Charaktere.

Ansonsten ist dies ein sehr ruhiger Film, keiner, bei dem man Jagdszenen oder gar temporeiche Verfolgungen durch die Wildnis erwarten sollte, denn nur eine Zeit lang, bedingt durch einige erzählerische Zeitsprünge, befindet sich Chris wirklich allein in der Natur.
Ins Geschehen eingebettet taucht phasenweise die Erzählstimme seiner kleinen Schwester auf, darin enthalten auch die Vorgeschichte der Eltern, die sich als eigentlichen Beweggrund für Chris Weggang ergeben, was der Entwicklung der Handlung, mit einigen Flashbacks, jedoch nicht unbedingt von nutzen ist.

So entpuppt sich denn „Into the Wild“ weniger als packendes Natur-Abenteuer, denn als mit viel Hingabe aufgezeichneten Weg eines Sonderlings.
Oberflächlich betrachtet ein Road Movie, im Kern aber ein Selbstfindungs-Trip mit bitter ironischen Momenten, stilvoll ausgestattet, superb gespielt, nur manchmal etwas zu detailverliebt.
7 von 10

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