Einblicke in die russische Mafia und ihre Methoden…14.04.2008
In London, im Entbindungssaal…die Mutter stirbt, doch das Kind überlebt. Erlkönig verkehrt, lieber Leser…Was nun, ist doch weit und breit kein Vater oder Verwandter in Sicht. Die entbindende Ärztin findet unter den Habseligkeiten der Toten ein Tagebuch, abgefaßt in russischer Sprache und will die Verwandten ausfindig machen. Die erste Anlaufstelle ist ein russisches Restaurant, dessen Inhaber, ein sehr freundlicher älterer Herr, zunächst hilfsbereit zu sein scheint, dann aber ein sehr großes Interesse an dem Tagebuch hat. Klar, der Gastronom ist ja auch nicht irgendwer, sondern einer der Paten der lokalen Russenmafia. Als die Ärztin dank ihres ganz zufällig ebenfalls russischen Onkels das Tagebuch zu lesen vermag, droht Ungemach…denn die Familie des Paten hat Dreck am Stecken, der sie in Verbindung mit der Toten ins Gefängnis bringen könnte. Zugleich gibt es aber auch im Inneren der Mafia Probleme, denn der schwule Sohn hat durch Eigenmächtigkeit einen Bandenkrieg provoziert. Und bei allem mittendrin: Viggo Mortensen als Fahrer…der indes auch nicht das ist, was er zu sein vorgibt.
David Cronenberg als Regisseur, Viggo Mortensen in einer Hauptrolle, Mafia…da freut man sich drauf. Doch der Film fängt ruhig an, geht ruhig weiter, läuft so vor sich hin, man wartet…und wartet…und wartet. Irgendwie kann man sich des Gefühls nicht erwehren, all das Gezeigte schon einmal gesehen zu haben – nur in besserer Ausführung. Sicher macht Cronenberg keinen großen Fehler, doch die Klasse eines Gangsterfilms aus den Händen von Scorsese erreicht dieser Film hier zu keiner Zeit. Dafür sorgen schon die vielen Klischees und die seltsam blutleere Handlung, die zwar mit einer harten Auseinandersetzung in einer Sauna punkten kann, ansonsten aber kaum in die Gänge kommt. Als erfahrener Zuseher weiß man zu jeder Zeit, wie das Ganze weitergehen wird, auch der vermeintlich tolle Kniff zum Ende des Films haut einen nicht mehr vom Stuhl.
Man fragt sich, was Cronenberg hier eigentlich wollte. Einen Film über eine Familie drehen vielleicht, diese mit einer anderen Familie verbinden, Einblicke gewähren in die seltsame Welt der Russenmafia? Doch das gelingt ihm nicht, denn das Drehbuch ist schlecht, strotzt vor Zufälligkeiten, ist zu keiner Zeit spannend – und damit geht es auch dem Film nicht gut, obwohl darstellerisch eigentlich alles im Lot ist. Doch Mueller-Stahl ist nun mal nicht erstklassig, und auch Vincent Cassel scheitert an den Klischees seiner Figur. Ganz sicher ist der Film kein Gangsterthriller, auch kein reiner Mafiafilm, sondern ein länglicher Versuch, ein Kind in die richtigen Hände zu bringen. Man erwartet etwas anderes und wird leider sehr enttäuscht. Schade, denn Potential ist vorhanden, aber das Ergebnis ist nur ein weiterer zumeist öder Film aus dem Gangstergenre - 5/10.