End of the Line
In einer nicht allzu fernen Zukunft haben US-amerikanische evangelikale Sekten auch den Sprung über die Grenze ins benachbarte Kanada geschafft. Fernsehprediger fordern nicht nur im TV Keuschheit und "christliche Werte". Mit Werbeplakaten und Pappaufstellern ist die christliche Erweckungsbewegung „the Voice of Eternal Hope" im öffentlichen Raum präsent. Unter anderem auch in einer psychiatrischen Anstalt, in der die junge Krankenschwester Karen arbeitet. Und so denkt sie sich auch nichts dabei, am Ende eines harten Tages ein paar Groschen in die Spendenbox der „Voice" zu werfen. Karen mußte erfahren, dass eine Patientin sich direkt nach der wegen Überfüllung der Krankenstation erfolgten Entlassung durch einen Sprung vor die U-Bahn das Leben nahm. Ihre Patientin hat ihr einige Zeichnungen hinterlassen, die davon handeln, dass „sie" bald zuschlagen werden. Wie Recht die Selbstmörderin hatte, erfährt Karen bald am eigenen Leib, als sie spät nachts die letzte U-Bahn nimmt. Plötzlich hält die U-Bahn mitten im Tunnel an und die stilsicher im Braunhemd gekleideten mitfahrenden Frömmler von the Voice plötzlich zeigen, was „Barmherzigkeit" für sie wirklich bedeutet...
Regisseur Maurice Devereaux zeigt in dieser apokalyptischen Vision plastisch die Gefahren zu oft unterschätzter frömmelnder Fundamentalisten auf, die mit ihren archaischen Forderungen wie „Kein Sex vor der Ehe" oder menschenverachtender Hass-Propaganda á la „Aids ist die Rache Gottes" leider meist nur belächelt statt ernst genommen werden. Dass unter dem Deckmantel christlicher „Nächstenliebe" die gefährlichen Grundzüge jeder Religion, wie Intoleranz, Hass und Menschenfeindlichkeit lauern, deckt Deveraux in „End of the Line" auf ebenso intelligente wie humorvolle Weise auf. Dabei kommt der Gore-Faktor ebenfalls nie zu kurz. Der Kampf der religiösen Fundamentalisten gegen die übrigen Fahrgäste der U-Bahn, die ihr Leben mit Klauen und Zähnen gegen die Todeskult-Anhänger verteidigen, wird selbstverständlich mehr als blutig geführt. Trotzdem oder gerade weil die blutigen Folgen der Frömmelei auf derart drastische Weise vorgeführt werden, handelt es sich keineswegs um einen „hirnlosen" Splatter, sondern viel mehr um ein ebenso intelligentes wie ambitioniertes Werk. Dabei stört die eher an kanadische Fernsehfilm-Produktionen erinnernde Bildqualität nur anfangs.
Ein Horrorfilm also, wie es ihn leider immer seltener zu sehen gibt: Blut und Sozialkritik Hand in Hand.