Und erneut fällt eine Ikone...
So schön der Gedanke auch ist, Filmklassiker an ein junges Publikum heranzutragen, so problematisch ist dieses Unterfangen. Natürlich sind die Teenager anderes gewohnt, als die verhaltene Gewalt des Originals und so ist es logisch, dass der Klassiker des Slasher-Genres schlechthin reanimiert wird und den heutigen Sehgewohnheiten des jungen Publikums angepasst wird. Aber es wäre ja einfallslos, den Film 1 zu 1 umzusetzen und nur blutiger zu gestalten. Und so schafft das sich selbst so gewollte Enfant terrible Hollywoods Rob Zombie seine eigene Neuversion dieses Meilensteins. Und das macht er auch ganz gut.
Gerade der Bildinhalt weiß zu gefallen, wenn der herbstliche Wald in schönen Kameraaufnahmen Zeuge des ersten, schaurigen Mordes des noch jungen Michael Myers wird. Der Zuschauer wird dabei ungewollt zum Voyeur, von dem Geschehen nur durch ein Gebüsch getrennt und wohnt dem brutalen und ungeschönten Geschehen nahezu ungewollt bei. Auch die Morde in der Hollywoodnacht sind dem heutigen Standard treu und sehr roh und sadistisch inszeniert. So könnte man sagen, dass Zombie einen guten Horror-Psycho-Film geschaffen hat. Aber man muss sich nun einmal am Original orientieren, wenn man diesen Film bewerten will. Und da zieht Zombies Version eindeutig den Kürzeren.
Wer sich an das Original erinnert, der hat einen Mord direkt zu Beginn des Films im Gedächtnis, dessen Hintergrund gänzlich ungeklärt bleibt. Es scheint kein Motiv, keinen verständlichen Zugang zum Mord zu geben. Da steht ein kleiner Junge, der gerade seine Schwester abgestochen hat und sieht leer und verstört in die Kamera. Später stellt sich heraus, dass der Junge anscheinend grundlos einfach böse ist. Mehr noch. Er ist das personifizierte Böse, das sich hinter einer weißen leeren Maske versteckt, die eine Projektionsfläche für das bietet, was dem einzelnen Zuschauer Angst macht. Dieses Böse schleicht in allzeitlicher Gegenwärtigkeit um seine Opfer. Der schwarze Mann.
Zombie hingegen versucht, soziale Missstände in der Myersfamilie für die Gewalttätigkeit des Jungen als Motiv heranzuziehen. Durch diesen Lösungsvorschlag löst er das reine Böse auf und identifiziert den Mörder allzu scharf. Als Michael dann erwachsen ist, sieht er aus wie ein Monster. Zwei Meter groß, 150 Kilo schwer, langhaarig und einfach gewaltig. Die Maske ist rott und abgewarzt - ein Übermensch mit begründeter Wut im Bauch. Hier hört der Film auf zu funktionieren und erweist sich als Dutzendware, deren Ausgang ja sowieso bekannt ist und nur noch durch seine rohe Brutalität unterhält. So bleibt ein mittelprächtiger Horrorstreifen ganz im Sinne der Zeit. Schade, denn die erste Hälfte des Films weiß zu gefallen, obwohl das Psychogramm des Jungen den Mythos des Horrorfilms schlechthin entmystifiziert. Entweder hätte man konsequent so weitermachen müssen, oder dem jungen Myers weniger Zeit Widmen müssen.
Dennoch bleibt ein positiver Eindruck von Zombies Inszenierung, die stets düster und zu Beginn depremierend und trostlos daherkommt und noch eine fesselnde Atmosphäre schafft. Dass hätte man aber durchziehen müssen. Schade auch. Die Erwartungen wurden zwar erfüllt, da der Film scheitert. Aber die Hoffnungen wurden auch enttäuscht. TDR bleibt Zombies bisher bestes Werk.
Wäre die Messlatte nicht so hoch, dann würde ich 6/10 geben. Das Original im Hinterkopf bleiben aber nur noch 5/10.