Review

Rob Zombie gehört zu jener Kategorie selbstgestrickter amerikanischer Neuregisseure, die mit einem mittelmäßigen Film anfangen und sich mit jedem neuen Werk konsequent unterbieten (Eli Roth ist ein anderer Fall davon). Und weil Remakes ja gerade voll in Mode sind, darf sich unser Schweinerocker hier an einem absoluten Klassiker des Genres vergreifen, einem innovativen Low-Budget-Meilenstein, der die Regeln für das Slasher-Genre aufstellen auf ewig in Stein meißeln sollte: John Carpenters "Halloween".

Ich hatte (passenderweise direkt an Halloween) die Gelegenheit, beide Filme in der englischen Originalfassung auf großer Leinwand hintereinander weg anzuschauen, und im direkten Vergleich offenbaren sich die Schwächen des Remakes überdeutlich. Das Hauptproblem dürfte wohl sein, dass Zombie aus irgendeinem Grund den Drang verspürte, das absolut Böse, den Boogeyman, irgendwie zu erklären und zu rechtfertigen. So hat klein Michael eben eine Scheiß-Kindheit mit Scheiß-Eltern und Scheiß-Mitschülern, die den ärmsten ärgern, bis ihm irgendwann die Lichter durchknallen. Und weil er sein Gesicht nicht leiden kann, versteckt er es obsessiv hinter selbstgefrickelten Masken. Aha, so tickt er also, unser aller Lieblingskiller. Das absolut unerklärliche, grundlose Böse des Michael Meyers hat damit schon seine Bedrohlichkeit komplett eingebüßt.

Diese Erklärung ist natürlich ebenso oberflächig wie haarsträubend und erklärt zum einen nicht, wie aus dem Kackbratzen im altbewährten "15 Jahre später"-Sprung ein gut zwei Meter großer, schier unverwundbarer Hüne werden konnte, noch hat es mit dem Rest des Films irgendwas zu tun. Sobald Michael die Klapse hinter sich gelassen hat, metzelt er drauf los wie eh und je, vielleicht eher wie sein grobschlächtiger Kollege Jason als wie der unheimliche Stalker aus Carpenters Original. Womit wir beim nächsten Problem wären.

Carpenter ließ sich damals unendlich viel Zeit für den Spannungsaufbau. Michael hat im Original nicht einfach drauflos gehackt, sondern seine Opfer ewig verfolgt. Die genialen Stalking-Sequenzen, in denen Michael seine auserkorenen Opfern im Auto verfolgt. Kurz hinter Hecken auftaucht, im Garten steht, erscheint und verschwindet, scheinbar ohne sich jemals dabei zu bewegen - all das hat Zombie kurzerhand über Bord geworfen. Sein Michael hackt zu, sobald ihm etwas lebendiges vor die Füße läuft. Spannungsaufbau Fehlanzeige.

Die Morde selbst sind das nächste Problem. Das Original kommen mit satten fünf Leichen aus (von denen man eine nur kurz im Gebüsch liegen sieht). Das Remake hat den Bodycount schon längst hinter sich gelassen, bevor Michael überhaupt erwachsen ist. Setzt Carpenter sein Spiel mit den verzögerten Erwartungen auch in der eigentlichen Halloween-Nachtsequenz fort, wobei er die Spannung atmosphärisch steigert und gekonnt auf die Spitze treibt, setzt Zombie lieber auf plakative Schockeffekte und endlose Metzelorgien mit dutzenden von Leichen.

Die Opfer sind dabei das nächste Ärgernis. Zombie hat ja schon in seinen ersten beiden Filmen bewiesen, dass ihn die Killer viel mehr interessieren als die Opfer. Das absolute Desinteresse, dass er den Mordopfern hier zukommen lässt, ist schon fast erschreckend. Für den Zuschauer ist es eigentlich völlig Wurscht, wer als nächster über die Klinge geht, da kaum einer der Charaktere überhaupt ansatzweise eingeführt wird. Alles nur Frischfleisch für den Schlächter. Dementsrechend abwesend ist auch jegliches Mitfiebern beim Zuschauer, was die Spannung schnell auf den Nullpunkt sinken lässt.

Wie es sich für aktuelles amerikanisches Pseudo-Terrorkino gehört, dürfen die Opfer (besonders die weiblichen) natürlich orgendlich leiden und bluten, bevor sie das Zeitliche segnen.  Die Gewalt erscheint als unnötig selbstzweckhaft, wohingegen das Original so gut wie kein Blut zeigen musste, um das Gewaltpotenzial des Michael Meyers deutlich werden zu lassen.

Das Drehbuch ist das nächste Ärgernis. Selbst amerikanische Kritiker haben sich schon gefragt, ob Zombie (der auch das Skript verbrochen hat) denn noch nie Teenagern beim reden zugehört hat, aber in seiner Fantasie können die sich wohl nicht miteinander verständigen, ohne auch den kleinsten Nebensatz mit mindestens drei F-Wörtern verstreichen zu lassen. Die deutsche Übersetzung wird da aufgrund der Unmöglichkeit der Eindeutschung wohl eher noch erträglicher sein, aber im O-Ton kommt man sich doch schon zeimlich verarscht vor. Irgendeinen intelligenten Satz sucht man natürlich im ganzen Film vergebens, und selbst extensive Umschnitte und Nachdrehs nach dem bei den Weinsteins durchgerasselten Workprint konnten die unzähligen Unstimmigkeiten, Logiklöcher und den kompletten Unsinn, der einem hier aufgetischt wird, nicht tilgen. Da fragt man sich wirklich, wie man einen Film mit einem so simplen Plot so schlecht erzählen kann und kann nur folgern, dass Zombie lieber weiter seine langhaarigen Filzkopf-Fans mit seiner Musik beglücken soll, anstatt sich am Filmemachen zu versuchen.

Es gibt noch so vieles mehr, was das Halloween-Remake im Vergleich zum Original falsch macht: Der fehlende Humor (kommt schon, das kann man doch gar nicht ernst nehmen), die stilistische Einfallslosigkeit (man denke an die ganzen Point-of-view-Shots im Original), die extrem nervige Musik (ein paar Mal das Halloween-Titelthema anschneiden macht halt noch keinen Carpenter-Soundtrack) oder die vollkommen abwesende Atmosphäre. Das Remake ist einfach nur grobschlächtig, plakativ, spannungsarm und dumm.

Das einzige positive an dem Film sind die bekannten Gesichter, die ständig über die Leinwand huschen. Malcolm McDowell darf sich nach einer Ewigkeit mal wieder mit einem Hauptrollen-Credit rühmen. Daneben schauen noch Danny Trejo, Brad Dourif, William Forsythe, Sid Haig und sogar Udo Kier kurz vorbei. Natürlich wird hier niemand auch nur ansatzweise schauspielerisch gefordert und die Cameos hauen einen noch stärker aus dem Film raus, als es die holprige Inszenierung eh schon tut. Naja, immer noch besser als die völlig talentlosen Teenies in ihren Rollen. Aber die müssen ja auch nicht schauspielern. Blutig sterben reicht ja hin.

Details
Ähnliche Filme