Review

Der Originaltitel „Already Dead“ war bereits reichlich markig, der deutsche Verleihtitel „Rache“ noch mehr und so wollte man den Videothekenkunden anlocken.
Tatsächlich sehen die ersten Minuten nach echt starker Genrekost aus: Thomas Archer (Ron Eldard) schleppt eine große (augenscheinlich mit Geld gefüllte) Tasche mit sich herum, während ihn ein unbekannter Anrufer durch die Stadt dirigiert und ihm Anweisungen erteilt. Ganz klar: Die Zeichen stehen auf Entführung, denn derartige Szenen hat man schon hinreichend in Werken wie „Kopfgeld“ gesehen. Die wenigen Infos, die man bekommt, erzeugen Spannung, wie und in welchem Zustand Thomas das potentielle Entführungsopfer finden wird, ob der Deal klappt usw.
Doch dann folgt die Überraschung: Tatsächlich findet Thomas einen gekidnappten, gefesselten Mann (Til Schweiger), aber diesen will er mitnichten auslösen. Flashblacks erklären, dass Thomas’ Familie nicht entführt, sondern ermordet (Sohn) bzw. misshandelt (Ehefrau) wurde und der geheimnisvolle Unbekannte liefert ihm den Täter zum Totfoltern – gegen Bezahlung natürlich. Eine Umkehr des aktuell grassierenden Foltertrends (vor allem im Horrorbereich), denn anstelle der Opfersicht bekommt man nun die Perspektive des Folterers zu sehen, wenngleich dieser ein nachvollziehbares Motiv erhält.

Thomas macht sich mit jeder Menge bereit gestelltem Marterwerkzeug ans Werke – bis ihm auffällt, dass der Gefesselte gar nicht Mörder seiner Familie sein kann. Doch die Hintermänner wollen ihn die Sache nicht so einfach abblasen…
Bei dem deutschen Titel „Rache“ mag man an einen Actionreißer Marke „Death Wish“ denken, doch der Film versucht sich als Mix verschiedener Genres, dessen Highlight leider schon der bereits erwähnte Auftakt ist. Wenig wird aus der Foltersituation gemacht, denn trotz der umgekehrten Voraussetzungen wird das Verhältnis von Täter und Opfer nur grob umrissen und der aufmerksame Zuschauer ahnt schnell, dass der namenlose Mann nicht der wahre Täter ist. Den blinden Glauben Thomas’ an die Richtigkeit des Ganzen kann man dagegen noch halbwegs verstehen, immerhin zeigen die Rückblenden ausführlich, wie nah ihm der Tod von Frau und Tochter ging.
Bald ist das Kammerspiel jedoch wieder vorbei und „Rache“ beschreitet eher den B-Actionpfad, wenn sowohl Folterer als auch Gefolterter nun auf die Abschussliste der Hintermänner geraten. Man spielt Katz und Maus in der abgelegenen Industrieanlage, in die man Thomas bestellt hat, und tatsächlich sind ein paar schön in Szene gesetzte Shoot-Outs und Nahkämpfe dabei, doch die Konfrontationen sind kurz, dazwischen kommt der Film weniger in Fahrt. Nur selten spielt „Rache“ reizvoll damit, dass Thomas und der Mann zusammenarbeiten müssen, als Partner wider Willen – und das vorige Folteropfer ist nicht nur reichlich sauer auf Thomas, sondern auch ein geschulter Killer, wie man bald erfährt.

Natürlich laufen verschiedene Teile der Erzählung zusammen, am Ende steht dann die große Auflösung, die man sich anhand der Fakten zusammengereimt hat. *SPOILER* Natürlich haben die Auftraggeber versucht Thomas’ Verlust zu ihrem Kapital zu machen, natürlich sind es die Leute, die ihn auf ihre Organisation angesetzt haben. Leider wird wenig aus der Prämisse gemacht, dass die Fieslinge ihm einen Verbrecher vorgesetzt haben, den sie aus dem Weg haben wollte, also eine Art perverses Gerechtigkeitsdenken an den Tag legen. Wesentlich erquicklicher ist dann die finale Sequenz, die mit zeitlichem Abstand spielt: Der Killer, den wird den Film über kennengelernt haben, spürt den wahren Mörder auf, und bedient damit die Schadenfreude und den Gerechtigkeitssinn des Zuschauers gleichzeitig. *SPOILER ENDE*
Til Schweiger ist in Actionrollen immer so eine Sache: Mal kann er relativ markig wirken, in anderen Fälle grandios fehlbesetzt wie in „Far Cry“. Hier hat er allerdings einen Part bekommen, den er wirklich charismatisch ausfüllen kann, der ihm wirklich liegt. Ebenfalls recht wacker schlägt sich auch Ron Eldard, Patrick Kilpatrick supportet solide, während Christopher Plummer schon in besserer Form zu sehen war – aber der Film wird eh zum Großteil von seinem Hauptdarstellerduo getragen und das harmoniert.

Die Besetzung schlägt sich also ziemlich gut, doch davon abgesehen ist „Rache“ uninspiriert aus verschiedenen Versatzstücken zusammengeklebte Genreware, die leider weder als Thriller noch als Actionreißer so wirklich zünden mag und deren Auflösung dann auch nicht der Brüller ist, der sie gerne wäre. Kompetent gemacht, vor allem in der tollen Eingangssequenz, aber leider wenig aufregend und kaum spannend.

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