Die Kritik beruht auf der ungeschnittenen DVD-Fassung aus der RED EDITION!
Brutalität gehört zum Zeitvertreib der Gang von Klasse 13. Auf dem Programm stehen übelster Psychoterror, Körperverletzung bis hin zur Vergewaltigung. Sie regieren die "Central High", keiner wagt es, sich ihnen in den Weg zu stellen. Nur wer ihre Herrschaft toleriert, wird von ihnen aufgenommen. Mit dem neuen Schüler David stellt sich ihnen jedoch ein Gegner entgegen, der mit aller Macht zurückschlägt. Die "Central High" wird zum mörderischen Kriegsschauplatz...
Jahre nach dem Klassiker "Saat der Gewalt" und Jahre vor dem ähnlich gelagerten "Die Klasse von 1984" entstand dieser Highschool-Gangfilm, der von der Thematik her seiner Zeit weit voraus war.
Während in Mark L. Lesters "Die Klasse von 1984" die Schüler unter einer brutalen Punk-Gang zu leiden haben, die nebenbei einen Drogenhandel betreibt und auch vor Mord nicht halt macht, geht es in Renee Daalders Thriller noch ruhiger zu. Die hier dargestellte Gang ist eine kleine Gruppe gelangweilter, reicher Sprößlinge, deren Zeitvertreib neben sportlichen Aktivitäten darin besteht, ihre Umwelt aufs Übelste zu unterdrücken. Mobbing und eine versuchte Vergewaltigung sind hier noch die schlimmsten Vergehen, derer sie sich schuldig machen. Somit ist zumindest hinsichtlich der Täter/Opfer-Konstellation "Massaker in Klasse 13" mehr Glaubwürdigkeit zu bescheinigen.
Vor allem überrascht der Film mit einem unerwarteten Handlungsverlauf und einem hohen Maß an Sozialkritik, die trotz einiger sehr explizit dargestellter Brutalitäten nicht an Wirkung verliert. Treibt in "1984" das Psychoduell zwischen Gang und dem idealistischen Lehrer auf ein blutiges Finale zu, wird bei "Klasse 13" bereits zur Mitte des Films hin die Gang aus Rache von dem neuen Mitschüler David dezimiert. In typischer "Ein Mann sieht rot"-Manier meuchelt er sich mit perfiden Attentaten durch die Reihe derer, die ihn zum Krüppel gemacht hatten, nur weil er sich an ihren Taten nicht beteiligen wollte. Nachdem auch das letzte Gangmitglied zu Tode gekommen ist, schlägt der Film eine andere Richtung ein: das plumpe Selbstjustiz-Spektakel entwickelt sich zur intelligenten Sozialstudie. Kaum dass die Gang ausgerottet ist, beginnen diejenigen, die einst terrorisiert wurden, einen Kampf um die Vorherrschaft an der "Central High" - und zwar mit Mitteln, die denen derer, die sie einst unterdrückten, in nichts nachstehen. Der anfänglich als Antiheld eingeführte David, dessen Rachefeldzug noch nachvollziehbar ist, entwickelt sich nun endgültig zum grausamen Todesengel und bereitet all jenen ein Ende, die die Vormachtstellung für sich beanspruchen.
Nach anfänglichen Startschwierigkeiten (gleich zu Beginn ein schnulziger 70er-Jahre-Song, gefolgt von teilweise unfreiwillig komischen Dialogen bis hin zum schauspielerischen Unvermögen von Derrel Maury als David sowie einigen Nuditäten, die sich wie Fremdkörper in die Handlung einfügen) entwickelt sich "Massaker in Klasse 13" recht schnell zu einem spannenden, wendungsreichen, clever geschriebenen Genrebeitrag, in dem vor allem die Schüler und ihr Umgang mit Gewalt im Vordergrund stehen.
Obwohl der Film an einer Highschool spielt, gibt es keine einzige Unterrichtsszene, geschweige denn überhaupt einen Lehrer oder einen Schuldirektor zu sehen. Genauso wenig erfährt der Zuschauer etwas über die familiären Hintergründe der Schüler, ebenso wenig werden trotz einer bizarren Unglücksserie keinerlei polizeiliche Ermittlungen gezeigt. In dieser Hinsicht ist "1984" eindeutig besser und realistischer.
Ebenso bleibt unklar, warum sich David zum Todesengel erhebt, der in letzter Konsequenz sogar einen Amoklauf in der Schule plant? Woher hat er das Wissen und die Bestandteile zum Bau von Bomben? Fragen über Fragen, deren Antworten "Massaker in Klasse 13" dem Zuschauer schuldig bleibt.
Insgesamt gesehen ist der Film jedoch gelungen, was vor allem an der glaubwürdigen Charakterentwicklung derer liegt, die nach dem Tod ihrer Unterdrücker endlich aufleben, ihre Freiheit genießen können und an Selbstbewußtsein gewinnen, dabei aber getreu der These "Umgang formt den Menschen" ihre Grenzen nicht erkennen und sich schlimmer entfalten als die, die ihnen einst das Leben schwer machten.
Die dargestellte Selbstjustiz mag zwar fragwürdig erscheinen, man darf aber nicht vergessen, dass bei aller Sozial- und Gesellschaftskritik "Klasse 13" als Unterhaltungsfilm konzipiert war, und in dieser Hinsicht ist er allemal einen Blick wert.